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Interview mit Markus Ziegler – pakadoo

Wer ist Markus Ziegler? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin Mitglied der Geschäftsleitung der LGI Logistics Group International GmbH und baue seit 2015 als Geschäftsbereichsleiter das unternehmensinterne Start-up pakadoo auf. Das macht unheimlich viel Spaß, denn ich kann hier noch sehr viel Neues dazu lernen und habe auch ein tolles, sehr engagiertes Team. Besonders freut mich, dass wir im Februar 2016 mit dem LEO-Innovationsaward der DVZ ausgezeichnet worden sind (Leo steht für Logistics-Excellence-Optimization).

Ich bezeichne mich gerne als „LGI-Urgestein“, da ich kurz nach Gründung 1996 dort eingestiegen bin. Als CIO habe ich zunächst die Unternehmens-IT der LGI aufgebaut. Danach folgte die Entwicklung weiterer Service-Center. Wie viele Kollegen aus dem „LGI Gründungs-Team“ kam auch ich von der Hewlett-Packard GmbH, die mit der LGI ihren Logistikbereich ausgelagert hatte. Bei HP hatte ich diverse Leitungsfunktionen im IT-Bereich, u.a. habe ich auch an einem internationalen Projekt in Palo Alto, sprich mitten im Silicon Valley, mit gearbeitet. Vielleicht kommt daher meine Affinität zu Innovationen bzw. meine permanente Neugier und Lust auf neue Erfahrungen?!

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Das bei sich selbst zu erkennen, finde ich sehr schwierig. Eigentlich müsste man dazu meine Frau oder meine Kinder befragen.

Elevator Pitch! Was macht pakadoo? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir schenken quasi Zeit! Unser digitaler Service pakadoo, für den es eine App und eine Weblösung gibt, ermöglicht Unternehmen das professionelle und sichere Handling von Privatpaketen ihrer Mitarbeiter. Das ist insbesondere interessant für Firmen mit mehr als 200 Mitarbeitern, denn dort kann der Empfang von privaten Paketen schnell im Chaos enden. Wir lösen damit ein Problem, das jeder kennt und das im Zuge des eCommerce-Wachstums noch zunehmen wird: Pakete werden immer dann zugestellt, wenn man gerade nicht zuhause ist. Mit pakadoo kommen Pakete dann dort an, wo man sich tagsüber sowieso aufhält: beim Arbeitgeber. Die Mitarbeiter müssen nach der Arbeit ihre Pakete nicht mehr bei Nachbarn oder in Paketshops abholen, auch Retouren können sie ganz einfach über den pakadoo point in ihrem Unternehmen zurückschicken. Und das alles ohne zusätzliche Kosten. Ein weiterer positiver Effekt ist die damit verbundene Bündelung von Zustellfahrten der Paketdienste. Das entlastet den Verkehr und reduziert CO2-Emissionen.

Unsere Superpower liegt darin, dass wir auch ohne Design Thinking und ähnliche Methoden extrem offen sind, innovative Ideen zu entwickeln, daraus die vielversprechendsten herauszufiltern und in Konzepte umzusetzen. Dabei treibt uns an, dass wir nie mit dem Erreichten zufrieden sind und uns immer weiterentwickeln wollen.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Für uns war ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung, dass wir mit unserer langjährigen Logistikerfahrung die Entwicklung des digitalen Service „pakadoo work-life-logistics“ umgesetzt haben. Als klassisches Logistikunternehmen gingen wir damit völlig neue Wege und verlängerten gleichzeitig unsere Geschäftstätigkeit in Richtung Endverbraucher. So konnten wir mit einer eigentlich ganz einfachen Idee eine Lösung für die Last-Mile-Problematik, d.h. der Paketzustellung an den Endkunden, umsetzen. Erfolgversprechende Ansätze aus unserem Corporate Start-up pakadoo sollen in Zukunft auf andere Geschäftsbereiche der LGI übertragen werden.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat: Als problematisch sehe ich, dass die Gesetzgebung immer der aktuellen Entwicklung hinterher hinkt. Eine Herausforderung sehe ich auch für die Steuerpolitik, z.B. bei länderübergreifenden Projekten oder bei zunehmender Automatisierung – besteuern wir zukünftig Arbeitsleistung oder Maschinenleistung? Als positiv empfinde ich, dass neue Services uns das Leben erleichtern und wir damit mehr Zeit für das Wesentliche haben können.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa: Als größte Herausforderung sehe ich, dass wir in Deutschland umdenken müssen. Zum einen benötigen wir mehr Start-up-Mentalität als Sicherheitsdenken, d.h. es muss gesellschaftlich viel mehr anerkannt werden, wenn man Dinge ausprobiert und auch mal scheitert. Das klassische deutsche Engineering mit einen perfekten Produkt als Zielsetzung muss sich zu einem Prozess des kontinuierlichen Verbesserns wandeln. Kritisch ist natürlich die Omnipräsenz einiger weniger globaler Player.

Herausforderung für unseren Markt: Für die Logistikbranche sehe ich eine große Herausforderung und gleichzeitig Chance, zu verstehen, was Digitalisierung für die Logistik bedeutet und welche spannenden Konzepte man daraus entwickeln kann. Aufgrund der Digitalisierung müssen die großen etablierten Unternehmen sich grundlegend neu erfinden. Sonst kann es passieren, dass sie von kleinen mit guten Ideen vom Markt verdrängt werden.

Herausforderung für unsere Firma: Nachdem wir mit pakadoo schon einen Schritt in Richtung Digitalisierung gegangen sind, liegt unsere Chance darin, dass wir alles, was wir gerade in diesem Bereich lernen, auf andere Geschäftsbereiche übertragen und verstehen, was wir dadurch besser machen können.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Am meisten nervt mich, dass man bei Suchanfragen über Suchmaschinen so viel „Schrott-Ergebnisse“ geliefert bekommt. Durch SEO werden meiner Ansicht nach Meinungen manipuliert. Positiv finde ich generell die Verbreitung von Wissen und dass so immer mehr Menschen Zugang dazu haben. Unter beruflichen Aspekten gibt uns das Internet die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die vor wenigen Jahren, technisch noch nicht umsetzbar gewesen wären. Viele spannende Geschäftsmodelle entstehen überhaupt erst durch das Internet.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

…einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Da ich recht wenig Zeit habe, sind die XING-Newsletter für mich eine erste Quelle. Dort finde ich in komprimierter Form alle wichtigen News aus den für mich relevanten Branchen.

…einen Artikel / ein Video / …, den / das Du Deinen Kunden empfiehlst

www.newworkbook.de S. 27). Die darin aufgeworfene Fragestellung, ob Digitalisierung zu mehr Demokratie in Unternehmen führt oder ob dadurch neue Kontrollmöglichkeiten quasi zum Aufbau eines digitalen Fließbands entstehen, finde ich hochspannend.

…ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Die Steve Jobs-Biografie von Walter Isaacson. Steve Jobs war eine total außergewöhnliche und faszinierende Persönlichkeit. Sein Ausspruch „It’s really hard to design products by focus groups. A lot of times, people don’t know what they want until you show it to them” hat bei mir einen gewissen A-ha-Effekt ausgelöst und bestätigt mich auch in meiner Arbeit.

…das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

trello.com. Das haben wir neu eingeführt, da wir bisher kein sinnvolles Collaboration-Tool hatten, obwohl wir viel unterwegs sind bzw. im Homeoffice arbeiten. Wir sind begeistert, wie es uns die Zusammenarbeit erleichtert.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal einen Tag zusammenarbeiten und warum?

Mit Jeff Bezos, Gründer und Präsident von Amazon. Mich fasziniert seine extreme Kundenorientierung. Ich würde gerne wissen, was ihn antreibt und verstehen, wie er vorgeht.