mission

BUSINESS, BUT GOOD.
[THOMAS JAHN]

 

nn: was ist neue netzwirtschaft – und warum eigentlich „neue“, es gibt euch doch schon eine weile?

thomas jahn: seit fast 10 jahren. aber wie viele andere menschen auch, spüren wir, dass es gerade wichtigeres gibt, als für immer noch mehr gewinn zu sorgen. wir könnten zum beispiel die welt retten. oder zwei nummern kleiner: wenigstens lösungen entwickeln, die den menschen nutzen und der natur nicht schaden. wir könnten umfelder entstehen lassen, in denen nicht nur die bedürfnisse von kunden, sondern auch die der mitarbeiter wertgeschätzt werden werden. dazu würden wir gerne beitragen. dass geschäft etwas gutes wird.

und woher das umdenken, von geschäft entwickeln zu gutes tun?

naja, wir wollen schon beides tun. aber (denkt nach) vielleicht so: vor einiger zeit gab es diesen moment, als sich ein kunde in einem workshop darüber ärgerte, dass wir immer nur über profitables wachstum sprachen. er sagte: das ziel einer organisation kann es doch nicht sein, für immer noch mehr gewinn zu sorgen; es müsse doch darum gehen, die wertangebote eines unternehmens zu verbessern. mich hat dieser gedanke anfangs irritiert: wenn gewinn kein ziel ist, was ist es dann? und was ist eigentlich gutes geschäft? und wie es eben so ist mit starken ideen: die wirken weiter und haben die kraft, zu erneuern. deshalb also „neue“ netzwirtschaft. und die ausrichtung auf gutes geschäft.

ok – aber muss geschäft nicht grundsätzlich einer gewinnerzielungsabsicht folgen, damit es funktioniert?

nur wenn geschäft und gutes gegensätze sind. aber das sind sie nicht. im gegenteil ist doch der wunsch, probleme lösen zu wollen, ein wesentlicher ursprung unternehmerischen handelns. und da wir auf der welt gerade genügend probleme haben, haben wir auch genügend räume für unternehmerische entwicklung. und es gibt sie ja auch, die unternehmen, die produkte entwickeln, die wirklich wertvoll sind und der natur nicht schaden. die wertschätzende arbeitsumfelder entstehen lassen, die nicht trotzdem, sondern gerade deswegen erfolgreich sind. also kann gutes geschäft ein wettbewerbsvorteil sein.

was machen diese unternehmen, von denen du sprichst, denn anders als andere?

sie machen gewinnerzielung zur nebenbedingung und wertkreation zur hauptbedingung ihres handelns. wertvolle produkte können entstehen. kunden spüren das, die zufriedenheit steigt. nicht nur dort, sondern auch bei lieferanten und potenziellen mitarbeitern. die folge sind stärkere bündnisse, die sowohl leistungsfähigkeit, als auch resilienz der organisation erhöhen. eine aufwärtsspirale entsteht. die in gang zu setzen zwar mühsam ist – organisationen sind wie elefanten: stark, aber nicht leicht zu lenken – aber wenn es dann erstmal in eine neue richtung geht, dann winkt eine belohnung: man kann fast täglich spüren, wie man die welt um sich herum ein klein wenig verbessert. und gewinne gibt’s dann auch noch.

und wie wollt ihr konkret für „gutes geschäft“ sorgen? das versuchen ja einige – oder behaupten es zumindest.

zweifach: wir helfen den unternehmen, die bereits auf eine bessere art und weise wirtschaften, dabei stärker zu wachsen, damit sie ihren impact erhöhen. dieses wirkfeld haben wir wachstum genannt. und wir helfen solchen unternehmen, die anders wirtschaften wollen, aber noch nicht ganz soweit sind, dabei sich zu verändern, damit auch sie mehr impact haben können. und dieses wirkfeld haben wir entsprechend wandel genannt. aber egal, ob wachstum oder wandel – wir wollen endlich sachen machen, die wirklich etwas bedeuten.

reality check: können es sich unternehmen wirklich leisten, auf diese art und weise zu wirtschaften? das kostet doch viel geld.

es gibt ja unternehmen, die es bereits tun. aber natürlich ist das nicht leicht – wird aber durch folgenden gedanken etwas einfacher: dort, wo besseres wirtschaften zum wettbewerbsvorteil wird, werden aus kosten investitionen, die nach bekannten verfahren gesteuert werden können. dort geht es nicht mehr um die reduzierung von kosten, sondern um die erhöhung von wirkung. also um die frage, ob ein gewünschter zielzustand entsteht. und durch welche methoden das risiko auf dem weg dorthin begrenzt werden kann, damit die organisation trotzdem stabil bleibt oder sogar weiter wachsen kann. aber natürlich kann es auch so sein, dass gutes geschäft rendite kostet. es bleibt also eine unternehmerische entscheidung.

noch etwas ganz anderes: wenn man sich hier auf der webseite umschaut, dann liest man „wir“, man sieht aber nur dich. und du sagst auch mal wir und mal ich. wie kann ich das verstehen?

hmm, das könnte daran liegen, dass ich das hier vielleicht etwas größer wirken lassen wollte, als es tatsächlich ist. in wirklichkeit sind wir sehr schlank aufgestellt. ohne headquarter zum beispiel. und wir setzen projekte eigentlich immer gemeinsam mit ausgesuchten partnern um. außerdem entwickeln sich die projekte naturgemäß über einen längeren zeitraum, wodurch auch etwas im zusammenspiel mit kunden passiert, das sich wie ein „wir“ anfühlen kann. und dann gibt es natürlich auch außerhalb der projekte noch ein paar freundliche menschen, die hier unterstützen. daher kommt glaube ich dieses wir-ich-gestolpere.

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*dieses selbstgespräch führte thomas jahn. thomas berät seit 2014 organisationen und führungskräfte bei wachstum und wandel. zuvor war er als investmentmanager im bereich startups und neue medien und später dann als vorstand der giga digital ag tätig. von 2014-2017 hat er mit der „netzwirtschaft“ einen newsletter für digitale geschäftsentwicklung herausgegeben. thomas mag design & gestaltung, fährt gerne faltrad und hat ein faible für filme über medien und journalismus. er lebt momentan in berlin, ist aber auch woanders fast immer für einen guten espresso zu haben.