interview

Interview mit Philipp van der Zande -GoPano

Philipp van der Zande GoPanoWer ist Phillipp van der Zande? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Meinen beruflichen Weg habe ich ganz solide mit einer Ausbildung im Handwerk am Niederrhein begonnen. Mich reizten damals die Arbeit in der Natur und die unterschiedlichen praktischen Herausforderungen. Das hat mir viel Spaß gemacht, war gleichzeitig aber auch etwas zu einseitig. Also habe ich nach der Ausbildung relativ schnell ein Studium der Betriebswirtschaft hinterhergeschoben.

GoPano GmbH gegründet.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

GoPano – meine ersten Unternehmensgründung – entwickelt habe, waren mir eine solide und nachhaltige Entwicklung wichtiger als Geschwindigkeit. Dadurch können wir 1,5 Jahre nach dem Start noch kein riesiges Wachstum zeigen, sind aber profitabel. Gleichzeitig entwickeln wir das Unternehmen konsequent weiter. Vielleicht ist das für die Onlinewelt etwas zu konservativ, aber ich glaube, dass sich diese Geduld nach hinten auszahlen wird.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir virtualisieren die Räumlichkeiten von Einzelhändler und Gastronomen mittels 360° Online-Panoramen. Die Verkaufsflächen unserer Kunden werden mit einer speziellen Kamera aufgenommen und man kann sich dann im Internet diese Aufnahmen in hoher Auflösung virtuell frei beweglich anschauen. Für den Nutzer ist das so, als würde er mitten im echten Laden stehen. Dazu arbeiten wir als zertifizierter Fotograf mit Google zusammen, die diese Aufnahmen in ihre Suche aufnehmen – quasi Google Street View für Innenansichten. Unsere Kunden sind klassische Einzelhändler, Kliniken aber auch bekannte Gastronomen und Hotels als auch die Filialen von NESPRESSO oder die deutschen Jugendherbergen.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart?

Wir haben bereits hunderte 360° Panoramen aufgenommen und haben mittlerweile aus praktisch jedem Geschäftsfeld ein Beispiel. Toll finde ich die Aufnahme von hochwertigen Immobilien, die zum Verkauf stehen. Ein Interessent kann sich schon vor dem ersten Besuch das Haus einmal komplett von innen (und natürlich außen) ansehen und durch die Räume streifen. Gerade bei großen Villen ist das wirklich beeindruckend.

Mein Lieblingsprojekt ist aber nach wie vor Kuffler´s Weinzelt auf dem Oktoberfest. Ich durfte den virtuellen Rundgang am Vorabend der Wiesn-Eröffnung aufnehmen, als das Zelt schon fertig aber noch komplett leer war. Nun kann jeder am PC oder auf dem Smartphone sich in Ruhe das Zelt anschauen und auch mal den Blick genießen, den sonst nur die Band auf der Bühne hat.

http://www.gopano.de/portfolio/kufflers-weinzelt

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Die Abhängigkeit von den großen Online-Anbietern wie Facebook und Google ist aus meiner Sicht Fluch und Segen zugleich. Eigentlich ist ein Monopol für einen Markt ja eher schlecht, in der Onlinewelt scheint mir das aber teilweise anders. Nur durch die Ballung von Nutzern und Daten entstehen hier ganz neue Produkte, die vorher gar nicht möglich gewesen wären. Da braucht es ganz andere Marktverständnisse als in der klassischen Marktwirtschaft. Ich bin mir nicht sicher, ob das allen Beteiligten so klar ist.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Es bringt überhaupt nichts, Online-Produkte aus einer rein nationalen Sicht zu beurteilen. Vielleicht sind die meisten Märkte zwar national, regional oder lokal. Aber die Nachfrage von Nutzern nach innovativen Online-Diensten ist weltweit ähnlich, höchstens kulturell abweichend. Die ganz großen Anbieter werden daher ihr Denken auch auf einer globalen Ebene halten und nicht wirklich verstehen, warum für sie plötzlich nationale Grenzen bei der Gesetzgebung gelten sollen. Neue Anbieter werden aber durch nationale gesetzliche Einschränkungen (sowohl im Internet als auch durch bürokratische Hürden für Gründer) in ihrem Wachstum gehindert, während Wettbewerber in anderen Ländern sich einfacher entwickeln können. Da gibt es in Deutschland leider viel Nachholbedarf.

Herausforderung für unseren Markt:

Viele virtuelle Produkte sind zwar „nice to have“, in der Monetarisierung aber eher schwierig. Bei unseren 360° Panoramen ist Google mit seiner Reichweite der Treiber, der die Nutzung von Street View und der virtuellen Darstellung von Geschäftsräumen massiv pusht, ohne direkt dadurch Geld zu verdienen. Insgesamt bleibt es aber schwer, ohne massive Investitionen mit einem neuen Produkt Geld zu verdienen. Das Problem trifft ja leider viele Startups.

Herausforderung für unsere Firma:

Ich glaube, die Herausforderungen an junge Firmen haben sich über die Zeit kaum verändert, auch trotz der Digitalisierung. Man muss in der Lage sein, Veränderungen schneller zu erkennen und darauf zu reagieren als andere und bereit sein, sich immer wieder neu zu erfinden. Aber das ist doch auch genau das, was Unternehmertum ausmacht.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Aktuell sehe ich den Wegfall der Netzneutralität als riesiges Problem. Das stärkt letztendlich nur die großen Netz- und Onlineanbieter und führt zu einer weiteren Kommerzialisierung der Onlinewelt. Besonders kleine Unternehmen und Nutzer werden damit ausgebremst werden. Ich freue mich dagegen, wenn Unternehmen kostenlose Services anbieten, die sie indirekt wieder refinanzieren. Man kann über Google sagen, was man will – wenn ich nach einem Restaurant suche, bekomme ich alle Informationen, die ich irgendwie benötige, in Zusammenarbeit mit GoPano sogar eine vollständige Innenansicht.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest Du gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

In den letzten Jahren sind wahnsinnig viele tolle Ideen realisiert worden, von denen viele gute nicht genutzt werden, weil ihnen die kritische Masse fehlt. Es setzt sich zumindest vorübergehend ja nicht immer das beste Produkt durch sondern oft erstmal das, was das beste Marketing macht.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Die Netzwelt-Seite von spiegel.de ist nicht schlecht. Da werden digitale Trends und Nachrichten auch aus gesellschaftlicher und politischer Sicht betrachtet, ohne dass der technische Aspekt zu kurz kommt.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat

Google hat erst vor kurzem ein kleines portogiesisches Unternehmen gekauft, das etwas ähnliches macht wie GoPano. Da ist die Motivation zur Weiterentwicklung unserer Services natürlich groß. 😉

http://www.golem.de/news/360-grad-panoramen-und-street-view-google-kauft-portugiesisches-startup-digisfera-1510-116958.html

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Wikipedia ist ein tolle Quelle für Informationen und zeigt gleichzeitig, wie eine Zusammenarbeit im Internet auch ohne kommerzielle Interessen erfolgreich funktionieren kann. Das Tolle daran ist, dass man die Seiten sowohl als Nachschlagewerk als auch als Einblick in die Arbeit von Unternehmen und bekannten Menschen nutzen kann und ist dank Smartphone immer dabei.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast 

Google nutzt für die Vernetzung und Schulung der weltweiten 360° Panorama Fototgrafen ihr Video-Konferenz-Tool Hangout. Natürlich nutze ich auch Skype und andere Kommunikationsmittel, aber die wiederkehrenden Hangout-Sessions mit Google-Managern aus ganz Europa sind für mich extrem lehrreich – und zwar nicht nur wegen der Inhalte sondern der gesamten Meeting- und Kommunikationsphilosophie.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Definitiv meine Kamera, eine Canon EOS 7D mit Spezialobjektiv und –ausstattung. Und dann natürlich mein Laptop, mit dem kann ich quasi überall meine Arbeit machen, Emails schreiben, meine Aufnahmen zu virtuellen Rundgängen verarbeiten und mein Unternehmen weiterentwickeln.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Schwer zu sagen. Ich glaube, dass ich am liebsten von vielen verschiedenen Menschen versuche, jeweils deren besondere Stärke zu erkennen und daraus zu lernen. Als Unternehmer muss man ja in quasi jedem Tätigkeitsfeld gut sein. Besonders geholfen haben mir aber auch meine Mitgesellschafter in der GoPano, die alle bereits Gründungserfahrung haben, das hat mich oft vor Anfängerfehlern und einer zu langer Lernkurve bewahrt.