Wer ist Nuray Güler? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.
Ich bin die Nuray :). Eigentlich eine Berlinerin oder Türkin, ach einfach beides. Und seit 15 Jahren auch Hessin. Multikulti – das ist meine Welt. Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich in Berlin aufgewachsen bin. Mein Faible für Reisen und Kulturen wurde mir in die Wiege gelegt. Schon als Baby erlebte ich viele Luftlöcher zwischen der Türkei und Deutschland bis ich mein drittes Lebensjahr erreichte. Die Berliner Luft hatte es mir angetan, hier wollte ich bleiben. Ich wuchs im schönen Neukölln zwischen Sonnenallee und Hermannplatz auf, erweiterte dann mein Revier rund um Lankwitz (Studium der Publizistik) und Tiergarten (Studium der Anglistik). Reisen war stets ein Bestandteil meines Lebens, denn ich arbeitete bis zum Abschluss meines Studiums viele Jahre am Flughafen Berlin-Tegel. Mit dem Himmel über Berlin allein sollte es aber nicht sein – Irland war mein nächstes Ziel. Nachdem ich ein Jahr in Dublin für American Airlines tätig war, zog es mich in die Mainmetropole. Ich lernte in internationalen Agenturen die spannenden Facetten der Tourismus-PR kennen. Ich war überzeugt, diese Welt würde ich nicht verlassen. Und jetzt bin ich mit primo PR meine eigene Chefin.
Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.
Mein kleiner Spleen ist meine achtjährige Tochter, die mir manchmal schon selbst die digitale Welt erklären möchte. Aber dann hole ich sie auf den Boden der Tatsachen zurück und genieße gemütlich unsere Eis-Sessions, auch im Winter :)….
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?
primo-pr.com) sind Profis in der Tourismus-PR. Kleine bis große Hotels, Gastronomen und Reiseveranstalter vertrauen auf unsere über 30-jährige Erfahrung. Unsere Superpower liegt in unserem Herzen und natürlich in unserem Frauenhirn. Wir bleiben nie stehen und können alles auf einmal, und das korrekt. Scherz beiseite: Connections schaffen, Kunden mit der digitalen Welt vertrauter machen, indem wir beispielsweise immer mehr auf Online setzen und auch Bloggertrips organisieren. Aber auch die klassische PR nicht vergessen, denn wir wollen nicht, dass Print stirbt. Denn es gibt nach wie vor ganz viele kompetente Journalisten-Kollegen, die die Schnelligkeit der Welt auf Papier ganz gut verlangsamen können.
Apropos Superpower: Welches Best Practice Beispiel in Deiner Branche hat Dich besonders fasziniert und warum?
Das Projekt „Best Job in the World“ von Tourism Australia hat mich total fasziniert. Damals (2009) steckte virales Marketing im Tourismus in den Kinderschuhen. Der Bewerber musste gewillt sein, seinen Wohnsitz für sechs Monate auf die Hamilton Islands im Great Barrier Reef zu verlegen. In Aussicht wurde eine Dienstwohnung in bester Lage gestellt, dazu ein üppiger Lohn in Höhe von mehr als 80.000 Euro angeboten. Hauptaufgabe: Erkunden der Inselwelt und anschließende Berichterstattung im Internet. Einziges Bewerbungskriterium: ein einminütiges Video. Der Hintergedanke: viel und lang anhaltende Aufmerksamkeit für die Ferienregion. Millionenfach wurde die Bewerbungsseite angeklickt, 35.000 Videos aus 200 Ländern trudelten in kürzester Zeit ein. In vielen Ländern sprangen die Medien auf die neuartige Werbekampagne an, berichteten über die Kandidaten.
Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?
Ohne Digitalisierung geht heute gar nichts, auch im Tourismus-Bereich. Wir sind ständig online, über Laptop, Iphone, Smartphone, Tablet und und und. Wir bloggen, posten, liken, sharen. All das, was man eben heutzutage tun muss, um nicht den Zug zu verpassen. Wir verfolgen gezielt die Trends in der digitalen Welt, damit auch unseren Kunden immer uptodate sind. Denn der Tourismus hat zwar die digitale Welt für sich entdeckt, ist aber nach wie vor etwas langsamer als andere Unternehmensfelder. Heute setzen wir verstärkt auf Webvideo, aber nicht starr, sondern persönlicher und werden demnächst gezielt Ideen umsetzen.
Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sei
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
Die Bürger in Deutschland werden immer älter. Der Trend zur Digitalisierung hat zwar auch die älteren Mitbürger erreicht, aber dennoch kommen sie nicht so ganz klar damit. Es gibt zum Beispiel Diskussionen darüber, dass Bargeld ganz abgeschafft werden soll. Das wird (fast wie die Euro-Einführung damals) zu einem weiteren Unmut führen. Auch die ganzen Späh-Affären und Sicherheitslücken, die durch das Netz entstehen, werden immer kritischer betrachtet. So sehr das Netz Spaß machen kann, kann es auch schädigen. Und die Menschen werden immer vorsichtiger. Ich kann mir auch denken, dass bestimmte neue Bevölkerungsgruppen sich immer mehr von der digitalen Welt abgrenzen und ihre Nachkommen auch damit nicht belasten wollen.
Der Spagat zwischen dieser Bevölkerungsgruppe und den „virtuellen Bürgern“ wird riesig sein.
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Bildung ist der Schlüssel. Schule, Hochschule, Ausbildungsstätten dürfen dem digitalen Wandel nicht hinterherhinken, sondern auch eine Vorreiterrolle einnehmen – natürlich immer mit dem Fokus auf Sicherheit. Jedoch müssen auch Lehrer, Fachkräfte und Personal entsprechend geschult werden. Da liegt die Crux, denn oft sind sie überarbeitet und werden nicht entsprechend entlohnt. Hier liegt es an der Netzwirtschaft, durch clevere Maßnahmen auch diese Zielgruppen richtig einzufangen.
Herausforderung für unseren Markt:
Wir haben das Glück, dass Tourismus immer real bleiben kann. Denn Reisen verbindet Menschen und ist vor allem erlebnisorientiert. Oder könnt Ihr Euch vorstellen, dass Ihr die beste Minze-Limonade in der Türkei auch über das Netz schmecken könnt? Der Tourismus ist mit der digitalen Welt ideal vernetzbar, durch Bilder und Videos. Aber man sollte den Fokus auf das Reale nicht ganz verlieren. Die Herausforderung für unseren Markt jedoch ist, dass negative Meinungen zu bestimmten Erlebnissen sich schnell verbreiten können und den Ruf eines Unternehmens schädigen können. Deshalb muss das Reale auch wirklich das erfüllen, was es digital verspricht!
Herausforderung für unsere Firma:
Eine große Herausforderung ist, dass der Trend bei den Medien in Richtung paid content geht. Das wird sich auf Kunden im Tourismusbereich auswirken, insbesondere auf kleinere Kunden, die kein Millionenbudget haben und im Netz entsprechend weniger gesehen werden. Darüber hinaus schrumpft der Anteil an Reiseredakteuren maßgeblich, dafür poppen immer mehr Blogger auf, die den digitalen Wandel im Tourismus auch maßgeblich verändert haben. Viele redaktionelle Angestellte gehen in den freien Markt, werden als PR-Berater oder auch als Blogger aktiv. Es gibt aber auch viele schwarze Schafe. Entsprechend müssen wir den Markt verfolgen. Hier sehen wir aber auch eine große Chance für uns, gemeinsam mit kompetenten Journalisten-Kollegen erfolgversprechende Kommunikationsstrategien für unsere Kunden zu entwickeln.
Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?
Ohne Internet geht bei mir gar nichts. Insbesondere was das Recherchieren von Informationen oder Trends betrifft. Was mich aber geärgert hat, dass ich von bestimmten Banden über Facebook reingelegt wurde (das Ausmaß war nicht so schwerwiegend, aber ich habe gesehen, dass man eben im Netz nie sicher sein kann).
Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?
Das Sicherheitsproblem 😉
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
über Flipboard
Spiegel Online
FVW Magazin (Tourismusfachmedium)
ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat
Das Führungsbuch für freche Frauen
eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast
Ein Seminar von ddp direct zum Thema „Trend Social Media“
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Zimpel Online
Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?
Ich würde gern einmal über die Schulter von einem der Tourismus-Koryphäen der Türkei, Vural Öger, schauen – und fragen, wie er den Wandel zur digitalen Welt insbesondere für unsere Kulturkreise sieht.