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Interview mit Michael Hartwig – Yext

Wer ist Michael Hartwig? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin seit Anfang 2017 Managing Partner für Zentraleuropa bei dem US-amerikanischen Unternehmen Yext. Davor war ich bei Doubleclick und habe den Adtech-Geschäftsbereich von Google für mehr als 30 Länder verantwortet. In den letzten 20 Jahren konnte ich Erfahrung in der Old und New Economy sammeln und ich empfinde es als Privileg, BMW, eBay, Opel/Vauxhall, Axel Springer und Google auf der Liste meiner Arbeitgeber nennen zu können.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich habe mir mehrere meiner Jungenträume ermöglicht und kann jetzt meine Autoleidenschaft und absolute Begeisterung für mittelalte und ältere Sportwagen ausleben.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht Ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Unternehmen mit stationären Geschäften bekommen über Online-Dienste von Drittanbietern 2,7-mal mehr Traffic als über die eigene Website. Und genau da kommt Yext ins Spiel. Wir sorgen dafür, dass Marken mit Filialgeschäften jetzt und in Zukunft gefunden werden – und zwar genau dort, wo Konsumenten online nach der Marke oder allgemein nach Dienstleistungen oder Produkten suchen. Das können Suchmaschinen sein, Kartendienste, soziale Netzwerke, Bewertungsplattformen oder Branchenverzeichnisse, schließt aber auch digitale Sprachassistenten wie Siri, Alexa und Co. mit ein.

Unsere Yext Knowledge Engine sorgt dafür, dass die Unternehmensinformationen über Standorte, Produkte und Mitarbeiter einer Marke auf jeder Plattform einheitlich dargestellt werden und stets auf dem neuesten Stand sind. Yext übernimmt die Synchronisierung dieser Daten auf mehr als 100 Diensten. Dazu zählen auch interne Systeme für Business-Intelligence oder CRM. Wir nennen das Digital Knowledge Management. Yext führt Marken zu mehr Traffic online und offline, mehr Brand Awareness und mehr Umsatz.

Wir lösen damit eine der zentralsten Markenherausforderungen in einer Welt, in der intelligente Systeme wie Siri, Alexa, Cortana und Google Home nur eine einzige Antwort geben, statt mehrere blaue Links auf einer Suchseite auszuspucken. Wusstest Du, dass 2020 jede zweite Suche über Sprache erfolgen wird?

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Deiner Firma, wo Ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Ich schildere mal ein amerikanisches Beispiel: Yext bietet auch ein Produkt an, mit dem Unternehmen ihre Bewertungen auf der eigenen Seite und auf externen Bewertungsplattformen managen können. Bewertungen sind ein wichtiger Conversion-Treiber für Marken. Sie können bei einer Online-Suche den entscheidenden Impuls liefern, den Laden oder das Geschäft aufzusuchen. Die Restaurantkette Denny’s nutzt Yext Reviews für sein Bewertungsmanagement. Sie bitten ihre Kunden aktiv um Bewertungen und moderieren negative Einträge. Seitdem Denny’s mit Yext arbeitet haben sich die Restaurant-Bewertungen um fast einen vollen Stern verbessert. Das wirkt sich nachhaltig positiv auf die Besucherzahlen und sehr deutlich auf die organische Auffindbarkeit der Seite aus.

Haben Marken ihr Digital Knowledge Management im Griff, können sie problemlos und ohne Aufwand auch Echtzeit-Informationen zur Verfügung stellen. Da immer mehr Kunden mobil und lokal suchen, wird dies wichtiger. Die Restaurant-Kette Sweetgreen beispielsweise reagierte sofort, als sie wegen eines heftigen Schneesturms an der Ostküste der USA ihre Läden schließen musste. Der Manager änderte die Öffnungszeiten in der Yext Knowledge Engine und diese wurde auf Plattformen wie Google, Facebook, Yelp etc. sofort aktualisiert. So sorgte die Marke dafür, dass sich die Kunden nicht in den Schneesturm wagten, nur um dann vor verschlossenen Türen zu stehen.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Das Informations- und Konsumverhalten wird sich durch Voice Search und intelligente digitale Assistenten völlig verändern. Schon jetzt kommen laut Google 60 Prozent der Suchanfragen weltweit von mobilen Endgeräten und 20 Prozent werden per Sprachbefehl eingegeben. Darauf müssen sich Marken einstellen. Wer seine Daten nicht unter Kontrolle hat, wird unsichtbar und über kurz oder lang vom Markt verschwinden. Dazu gehört auch die Verschmelzung von Offline- und Online-Präsenz. Der Kunde nimmt nur EINE Marke wahr, egal, wo er mit ihr in Kontakt kommt. Wir nennen das die Everywhere-Brand. Eine Everywhere-Brand stellt sicher, dass Konsumenten an ihren
bevorzugten digitalen Touchpoints hilfreiche Informationen bekommen, was zu einem verbesserten Markenerlebnis führt und für mehr Geschäft sorgt.

Das Verständnis darüber, wie Webcrawler und Knowledge Graphen der großen und auch kleinen intelligenten Systeme funktionieren, führt jetzt schon zu einem Umdenken in den Marketing- und Vertriebsabteilungen. Es geht aber noch viel zu langsam und deutsche Unternehmen haben unfassbares Aufholpotenzial. Hier können wir schnell helfen, die Lücke zu schließen.

Hand aufs Herz: Wenn Du Dir eine Sache im Bereich der Digitalwirtschaft wünschen könntest, um sie zu ein wenig verbessern, was wäre das?

Ich wünsche mir mehr Offenheit für neue Technologien und den Mut, diese auszuprobieren. Viele Entscheider in der C-Suite gehören leider noch zu den ‚Bewahrern und Bewohnern‘, die den Auftrag, ihre Marke zu schützen, noch nicht wirklich richtig verstanden haben. Fehlendes Wissen und die Erkenntnis, dass sie Hilfe brauchen, führt dazu, lieber auf dem Status quo zu beharren. Das unterscheidet uns stark zu agileren Märkten wie USA oder UK.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

… einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu (digitalen) Themen gerne informierst

Techcrunch.com
Sehr gute Insights zu den neuesten Entwicklungen und Technologien.

… ein Video, das Du Deinen Kunden empfiehlst

Was ist ein Überwachungsstaat?“ Schon etwas älter, aber immer noch super relevant.
Öffnet die Augen und sensibilisiert.

… ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

„The hard thing about hard things.“ von Ben Horowitz. Viele praktische und auch unterhaltsame Insights zu Problemlösungen, die in keiner Business School auf dem Lehrplan stehen. Sehr inspirierende Lektüre für jeden, der ein Unternehmen aufbauen will.

… das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Google Notizen und Google Drive. Überall dabei, immer hilfreich und immer zugänglich.

Mit welchem Experten (aus Deiner Branche) würdest Du am liebsten einmal einen Tag zusammenarbeiten und warum?

Mit Howard Lerman, dem CEO und Co-Founder von Yext. Ich verbringe natürlich regelmäßig Zeit mit ihm, aber ich wünschte, es wäre noch mehr. Er gehört zu den inspirierendsten Persönlichkeiten, die ich jemals getroffen habe. Seine Art auf die Welt zu blicken und die kompliziertesten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft in Maßnahmen zu übersetzen, ist herausragend. Er ist intelligent, humorvoll, mitreißend und dabei komplett auf dem Boden geblieben. Eine seltene Mischung und für mich ein ‚true leader‘.