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Interview mit Christoph Grimme – Grimme Gruppe

Christoph Grimme (links) und Alexander Langer (CEO der Schmiede.One, rechts)

Wer ist Christoph Grimme? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Geboren und aufgewachsen bin ich in Damme, mitten im schönen Oldenburger Münsterland und kann mich halbwegs als Nordlicht bezeichnen. 2007 gab es das Abi – Bachelor und Master wurden in den Städten Harsewinkel, Stuttgart, Hamburg und Bangkok absolviert. In Hamburg ist kurzzeitig mein Herz verloren gegangen – eine Wahnsinns-Stadt.
2016 zog es mich zurück in die alte Heimat, um in das über 150-jährige Familienunternehmen einzusteigen, die Grimme Landmaschinenfabrik.

Die Landtechnik Branche mag für manche eine unspektakuläre Facette haben – schaut man aber hinter den Vorhang, bieten sich tausende Möglichkeiten, die Welt zu verändern.

Getrieben durch das hohe Interesse an digitalen Themen probierten wir im Jahr 2016 einen Weg zu finden, wie die Digitalisierung im Bereich Landtechnik weiter vorangetrieben werden kann und welche Themen in Zukunft gravierende Auswirkungen auf unser heutiges Geschäftsmodell haben könnten. In einem relativ schnellen Durchlauf wurde die Firma „Schmiede.ONE“ mit Sitz in Düsseldorf gegründet. Auftrag: Companybuilder, Digital Agency und Horchposten … klingt viel, klappt aber …

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Das Malen und Sprayen von Graffitis hat es mir schon in den jungen Jahren angetan. Heute kann ich das Hobby leider nicht mehr regelmäßig ausüben, dennoch ist die Leidenschaft stets vorhanden…natürlich war ich stets legal unterwegs 😉

Ob die Kartoffel eines Tages ersetzt wird, bezweifle ich stark. Dass es hingegen verschiedene Möglichkeiten geben wird, die die heutige Anbauweise disruptieren könnten – davon bin ich überzeugt.
[Christoph Grimme]

Elevator Pitch! Was macht die Grimme Gruppe? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Mit über 150 Maschinentypen aus den Bereichen Kartoffel-, Rüben- und Gemüsetechnik bietet die Grimme Gruppe das mit Abstand breiteste und umfangreichste Produktprogramm in diesen Segmenten an. Im Bereich der Kartoffeltechnik sind wir Weltmarktführer.

Unsere Superpower liegt in unseren Mitarbeitern. Viele tragen das Grimme Blut in sich, verkörpern die Grundphilosophien des Unternehmens, sind auf Augenhöhe und haben einen engen Kontakt zum Kunden. Der Kunde ist unser Mittelpunkt – wenige Wünsche bleiben unerfüllt. Diese Stärke ist gleichzeitig unsere größte Schwäche. Varianz nach Außen erzeugt Varianz nach Innen – wenn wir nicht aufpassen und über Themen wie Standardisierung und Modularisierung nachdenken, haben diese vielfältigen Varianten gravierende Auswirkungen. Unser Produktionssystem wurde über die letzten Jahre iterativ und gezielt optimiert und verfeinert, sodass wir das allumfassende Variantenspektrum und den schnellen Modellwechsel produktionstechnisch hervorragend abwickeln können. Auch hier kann von einer Superpower gesprochen werden.

Verrätst Du uns ein digitales “Best Practice“ Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Unsere „Sales-App“. Jeder Vertriebler nutzt Sie auf seinem iPad. Selbst ältere Generationen, deren Leidenschaft meist weniger in der digitalen Welt liegt, sind begeistert. Die App ist deswegen unschlagbar, weil sie in einem Zug leidige Prozesse teils vereinfachte, teils überflüssig machte.

Papierbroschüren, Auftragsformulare, Kataloge – Vergangenheit. Der integrierte Konfigurator setzte dem Ganzen schlussendlich die Krone auf. Zusammen mit dem Kunden wird seine individuelle Maschine am iPad erstellt. Sind gewisse Optionen nicht bekannt, können diese direkt angezeigt und durch ein Bild oder Video visualisiert werden. Nach erfolgreicher Konfiguration wird der Auftrag direkt an unser ERP System geschickt, um im direkten Anschluss einen Produktionsauftrag zu generieren. Auf diese Weise sparen wir nicht nur Zeit und Geld, sondern schaffen zeitgleich Komfort und Begeisterung.

Für die Automobilindustrie ein alter Hut – für uns der Hammer.

Und welches „Best Practice“ aus der Netzwirtschaft insgesamt hat Dich besonders fasziniert – und warum?

Mich persönlich inspirieren immer wieder die Großen ihrer Zunft. Sei es ein Amazon, dessen Gier nach Innovation im Bereich Logistic and CustomerCare nicht befriedigt werden kann, sondern stets nach einer Optimierung der Optimierung gesucht wird. Ein Elon Musk, der seine Paypal Milliarden 1:1 in Tesla investiert hat, weil er die Welt elektrifizieren will. Oder Apple, die unter Steve Jobs die Revolution im Bereich Kommunikation hervorgerufen haben und den mobilen Markt im Fingerschnips veränderten. Hinter diesen Ideen stecken Unternehmer, die es bis ins Detail verstanden haben, was das Begehren ihrer Kunden ist, obwohl diese es manchmal selber gar nicht wussten. Visionäres Denken, kombiniert mit physischer Machbarkeit ist eine Inspiration sondergleichen.

Wenn Du Dir Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein? Und welche Rolle spielt die Digitalisierung für euer Unternehmen?

Ob die Kartoffel eines Tages ersetzt wird, bezweifle ich stark. Dass es hingegen verschiedene Möglichkeiten geben wird, die die heutige Anbauweise disruptieren könnten – davon bin ich überzeugt. Das gegenwärtige Geschäftsmodell, die Produktion von Landtechnik für den Kartoffel-, Zuckerrüben- und Gemüseanbau, ist derzeit in einer guten Verfassung. Im Bereich der Kartoffel sind 50% der Flächen weltweit bis heute nicht mechanisiert – beim Gemüse liegen wir unter 5%. Großes Potential ist schlussfolgernd noch vorhanden.

Dennoch – was treibt Gegenden wie die innere Mongolei in China (großes Kartoffelgebiet) in den nächsten Jahren an, bei zeitgleich ausgehenden Wasservorräten und geringer Ausweichmöglichkeit? An dieser Stelle könnten Themen á la „Vertical Farming“ auf die Agenda rücken. Hoher Output bei geringem Wasserverbrauch, ganzjährige, mehrmalige Ernte, Witterungsunabhängig usw.. Viele Vorteile, die jenes System bereits beim Lesen der Vorteile schmackhaft machen. Dennoch ist es momentan ein sehr kostspieliges Unterfangen.

Selbst der 3D Druck spielt eine entscheidende Rolle – wie lange kommt das Essen noch auf natürlichem Wege oder wird es dem Kunden zeitnah vor „die Nase gedruckt“? All diese Erfindungen würden das geläufige Systeme der herkömmlichen Ernte gänzlich auslöschen – kein Acker, keine Maschine. Es ist unabdingbar sich in unserer Branche mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Die Landtechnik ist im gleichen Grad affektiert wie ebenso diverse andere bekannte Branchen.

Das Thema hat in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert gewonnen, gegenüber dem wir uns entsprechend aufgestellt haben. „Schmiede.ONE“ heißt eine erste Antwort. Ein InnovationLab, dessen Aufgabe die Beurteilung und Entwicklung künftiger Geschäftsmodelle rund um die Themen künstlicher Intelligenz, Service, Agrar und Food ist.

Als Familienunternehmen denken wir in Genrationen und nicht in Quartalen – Schmiede.ONE ist ein erster Schritt die Herausforderungen der Zukunft zu erkennen, abzuleiten und eigenständig Geschäftsmodelle zu entwickeln, die entweder für unser heutiges Geschäft genutzt werden aber auch ungebunden laufen lernen können.

Wir müssen früh erkennen, was morgen passieren wird, um nicht nur die nächsten Monate, sondern Jahrzehnte entsprechend aufgestellt zu sein.

Wenn sich Deine Firma ein eigenes Startup wünschen dürfte, was würde dieses Startup tun?

Ich bin an dieser Stelle froh, dass wir die Schmiede.ONE gegründet haben, denn eine explizite Antwort ist nicht möglich. Dafür gibt es zu viele Bereiche, in denen ich mir ein eigenes Start Up wünschen würde. Angefangen von Plattformen-Gedanken, über „Vertical Farming“ Strukturen bis hin zur Einbringung künstlicher Intelligenz findet der Ideenprozess kein Ende.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

…einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu (digitalen) Themen gerne informierst

www.angel.co – hier tauchen viele neue Startups und Trends als erstes auf. Zu sehen ist dort außerdem, was ein Startup an Personal sucht – oft hilfreich um Technologien und die Teamdynamik zu verstehen.

…einen Artikel / ein Video / ein Buch, über ein Thema aus der Netzwirtschaft, den / das Du Deinen Kollegen empfiehlst (mit URL)

Bill Gross – The single biggest reason why startups succeed” auf der TED Conference.

…ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Christoph Keese: „Silicon Germany“. Eine Inspiration für jeden, der am Anfang seiner digitalen Reise steht und wissen möchte, warum die USA in diesem Zeitalter die Nase vorne haben und Deutschland nicht.

…das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Slack, Whatsapp.

Mit welchem Experten aus der Netzwirtschaft würdest Du am liebsten einmal einen Tag zusammenarbeiten und warum?

Elon Musk – seine Umtriebigkeit ist beispiellos. Ob Online-Bezahldienst, Auto, Weltall oder Solar-Dachziegel, er tanzt wahrhaftig auf vielen Hochzeiten. Mich würde es in diesem Kontext interessieren, welche Beweggründe ihn in so viele verschieden voneinander unabhängige Themengebiet zogen.