Wer ist Marie von den Benken? Bitte stell dich doch mal kurz vor.
Ich fände es eigentlich interessanter, wenn Ihr beschreiben würdet, wer Marie von den Benken ist. Zum einen habt ja schließlich Ihr mich auch gefragt, ob ich dieses Interview machen würde. Und zum anderen könnte ich dann eventuell noch etwas über mich erfahren, das ich noch nicht weiß.
Aber weil ich ja hier nicht die Spielregeln mache: Mein Name ist Marie. Mit 14 Jahren wurde ich auf der Spitalerstraße in Hamburg von einem Modelagenten einer der größten Deutschen Agenturen angesprochen. Seither ist die Fashion-Branche ein Teil meines Lebens. 2011 bin ich dann nach einer wilden Partynacht auf die Idee gekommen, mir einen Twitter-Account zu machen. Ab da ist es dann aus dem Ruder gelaufen.
Mittlerweile arbeite ich zusätzlich auch viel als Autorin und – wenn man so will – als Influencerin.
Damit wir dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von dir.
Ich kann mir nicht angewöhnen an der richtigen Stelle, „nie“ zu sagen. Ich sage stets „immer nicht“. Dabei hört sich der Satz „Ich habe mich immer nicht für ein Chanel-Kleid entschieden“ deutlich bekloppter an als der Satz „Ich habe mich nie für ein Chanel-Kleid entschieden“. Mal abgesehen davon, dass der Satz inhaltlich keinen Sinn macht, wie ich gerade merke, da man sich selbstverständlich immer für ein Chanel-Kleid entscheiden würde.
[MARIE VON DEN BENKEN]
Elevator Pitch! Was machst du? Und vor allem: was machst du am besten, wofür stehst du mit deinem Namen und deinem Brand?
Ich war noch nie gut darin, Aufzüge zu verkaufen. Aber ich sage mal so: Wenn Sie hoch hinaus möchten, kann ein Aufzug nicht schaden. Soviel dazu, warum viele Leute mich lustig finden. Sehr viele andere dagegen eher nervig. Um aber zurück zur Frage zu kommen: Ich stehe für atemberaubende Schönheit seit 1989. Nee, mal wirklich im Ernst: Es fällt mir schwer, mich als Brand zu sehen, denn man kann mich ja auch nicht im Supermarkt kaufen, aber letztendlich sehe ich mich als eine Mischung aus den Dingen, die ich tue und die mir wichtig sind: Ich bin Model, Autorin, aktiv auf Instagram und, wenn man dem „Spiegel“ glauben schenken darf, ein „Twitter-Promi“.
Ich denke daher, dass ich über den Content definiert werde – und dabei vermutlich noch mehr über den geschriebenen als über den visuellen. Sicher hat meine Reichweite dann irgendwann dazu geführt, dass ich auch als „Influencer“ wahrgenommen werde. Das sagen jedenfalls die Anfragen, die mich täglich erreichen. Vor allem aber stehe ich nicht nur für meine Arbeit, sondern auch für meine Überzeugungen. Mir ist Tierschutz wichtig. Mir ist Menschlichkeit wichtig. Mir ist Verständnis wichtig. Mir ist Nächstenliebe wichtig. Das bringt mir regelmäßig Feedback in den sozialen Medien, das ich meiner Oma nicht vorlesen könnte, aber das gehört wohl dazu, wenn man sich mit einer Message raus in die Öffentlichkeit wagt. Das ist okay. Es zwingt mich ja auch keiner, meinen „Brand“ dahingehend auszubauen oder zu nutzen. Also halte ich das gerne aus.
Gleichzeitig ist das natürlich auch das Benchmark für mich als Brand: Ich bin wahrscheinlich streitbarer und polarisierender als der durchschnittliche Influencer. Darum werde ich möglicherweise auch nie zu den ganz großen gehören. Es gibt ja einige deutsche Influencer, die locker fünfmal so viel Reichweite haben.
Apropos Brand! Welche Marken könntest du besonders authentisch verkörpern – und welche würdest du gar nicht vertreten wollen?
Ich möchte authentisch sein. Vor allem, weil mir meine Botschaften wichtig sind und ich auch viel für Magazine, Fernsehen oder Film schreibe. Da würde mich mein Publikum sicher anders wahrnehmen, wenn ich auf jedem Instagram-Bild eine andere Fitness-Tee-Marke anpreise. Übrigens zu Recht. Wenn ich etwas zu sagen habe, dann überlege ich mir vorher gut, wie ich das formulieren möchte. Denn ich weiß, dass ich mehr als drei Leute damit erreichen werde und möglicherweise auch beeinflusse. Das gilt für politische oder gesellschaftliche Statements genau so, wie für Marken, die ich repräsentiere.
Ich arbeite, das ergibt sich auch fast schon logisch aus meinem Fashion-Hintergrund, sehr gerne mit Beauty- und Mode-Marken zusammen, die in mein Weltbild passen. Kosmetikhersteller beispielsweise, die komplett auf Tierversuche verzichten, sind bei mir immer an der richtigen Adresse. Da gibt es mittlerweile auch große Konzerne, die beginnen, darauf zu achten. Nicht nur kleine Nischenanbieter. Aveda zum Beispiel trägt das offizielle „Cruelty Free“ Siegel, und die gehören zu Estée Lauder.
Ähnlich sieht es bei Modelabels aus. Ich liebe die Designer, die keinen Echtpelz verwenden, nachhaltig produzieren und das dann bestenfalls nicht unbedingt zu Centbeträgen in Bangladesch. Wenn Ihr gerne konkrete Marken hören wollt: Stella McCartney ist ein wunderbares Beispiel. Sie verzichtet auf Pelz, auch auf Leder und ihre gesamte Philosophie ist explizit tierfreundlich ausgerichtet. Sie hat eine der wenigen Marken in der Fashion-Industrie geschaffen, die zeigen können, dass tierfreundliche Mode auch fantastische Haute-Couture sein kann und nichts mit Öko-Klamotten zu tun haben muss.
Oder Grüngold, um auch mal den für ein Model ebenso wichtigen Bereich der Ernährung zu beleuchten. Grüngold stellt vegane Nahrungsmittel her. Dabei verzichten sie nicht nur auf den Einsatz von tierischen Produkten, sondern produzieren auch regional. Aber eben ähnlich wie Stella im Fashion-Bereich sehr hochwertig, stylisch, modern, cool und urban und raus aus dem verstaubten Reformhaus-Ambiente. Wobei das bitte nicht falsch zu verstehen ist: Ich bin großer Fan von Reformhäusern. Die Auswahl an veganen Produkten aus allen Bereichen ist dort enorm. Einzig das Einkaufserlebnis ist nicht unbedingt glamourös. Da geht man als junger, dynamischer Mensch natürlich lieber in einen Stella McCartney Flagship-Store und wird mit Champagner empfangen. Man kauft sich aber auch nicht jeden Tag ein Couture-Kleid, Essen aber schon. Und wer kann täglich Champagner trinken? Von daher: Auch Reformhäuser sind cool.
Die Vorgehensweise von Grüngold vereint diese beide Welten ein wenig. Für mich bedeutete das, dass sie ihren Beitrag leisten sowohl zum Umwelt- wie auch zum Tierschutz und gleichzeitig Spaß machen. Wenn man so will, der Prototyp der Marke, mit der ich gerne arbeite. Umgekehrt leitet sich davon natürlich recht leicht ab, welche Kooperationen ich auf keinen Fall eingehen würde: Marken, die hauptsächlich auf Echtpelz setzen. Marken, die Wurst- und Fleischprodukte herstellen. Aber auch Tabak. Ich habe als sehr junges Mädchen viel zu viel geraucht. Ich bin sogar nachts aufgestanden und habe am offenen Küchenfenster eine Zigarette angemacht. Vor 7 Jahren habe ich es mir abgewöhnt und nie wieder eine angezündet. Es wäre daher wenig authentisch, plötzlich für Tabak-Konzerne zu stehen. Auch, weil es eben sehr gesundheitsschädlich ist. Da ist dann auch egal, wie das Budget aussieht.
Verrätst du uns ein “Best Practice”: Welcher deiner Posts / Videos / Beiträge war besonders erfolgreich? Was waren deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?
Wow, „Best Practice“ hört sich jetzt schon ziemlich danach an, als hätte ein 40-köpfiges Analystenteam meine Postings seziert und dann einen 150-Minuten-Power-Point-Vortrag über das Engagement auf meinen Content erstellt. Ich arrangiere gerne gute Bilder, probiere auch viele Motive aus. Das ist natürlich sehr zeitintensiv. Ich bin ja kein Vollzeit-Influencer. Wenn man zum Beispiel als Autorin für ein TV-Format wie „Promi Big Brother“ arbeitet, kann man froh sein, wenn man überhaupt noch eine freie Minute findet, um ein schönes Bild oder einen guten Tweet raus zu hauen. Bei 15 Terminen an einem Tag Fashion Week ist es ähnlich. Aber wenn man nach den nackten Zahlen geht, hat wohl die halbe Nation meinen Tweet „Nina hat 18 Snickers. Sie isst 4 sofort, 8 tauscht sie gegen 10 Mars. Sie verkauft 6 Mars und kauft 14 Bic Mac. Warum trägt sie Leggings?“ gesehen.
Der war mittlerweile in jeder Radio-Morning-Show, verlesen von diesen krampfhaft lustigen Moderatoren, bei denen der eigene IQ automatisch um 50% zurück geht, wenn man ihnen mehr als 2 Minuten zuhört. Und dann ist er in die Abgründe der Möbelhäuser und Mallorca-Tourishops durchgesickert und fand das Ende seiner Verwertungszyklen auf Postkarten, Deko-Brettern und Fun-Shirts. Obwohl die Vokabel „Verwertung“ hier missverständlich ist. Denn wer auch immer ihn verwertet hat – ich habe davon nicht profitiert.
Wenn man dagegen Instagram betrachtet, ist das Bild mit den meisten Likes und auch der höchsten Reichweite von deutlich über 100.000, was für einen kleinen Account wie meinen schon sehr bedeutsam ist, ein Bild, auf dem ich einen Body trage und auf dem man im Spiegel meinen Hintern sieht. Wenn man so will, ist also das Streben nach außergewöhnlichem Content zwar ein heroisches Ziel, das geschriebene Wort zählt aber bei Instagram deutlich weniger als zum Beispiel bei Twitter oder Facebook. Bei Instagram geht es am Ende dann doch eher um meinen Arsch – so ehrlich muss man wohl sein. Ich habe aber auch ernsthafte Anliegen platziert. Das Hashtag #Marietag zum Beispiel. Ich hatte mal in einem Soundcloud-Appell dazu aufgerufen, einen Tag im neuen Jahr vegetarisch zu sein. Denn je 365 Menschen, die das machen, ist statistisch ein ganzer Vegetarier entstanden. Das hat sehr gut funktioniert. Hier sieht man übrigens auch, wie wichtig Mathe für Influencer ist!
Wenn du dir das Influencer Marketing und die sozialen Medien ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Ich glaube, es schadet der Branche aktuell insgesamt, dass momentan so viele Menschen glauben, sie hätten das Influencer Marketing erfunden. Womöglich ist es eine natürliche Entwicklung, dass in einem so neuen Bereich viele Scharlatane unterwegs sind, die den verunsicherten Marketingleitern die Influencer-Welt erklären, als hätten sie Caro Daur, Stefanie Giesinger, Pamela Reif und Leonie Hanne erfunden. Ich glaube aber, dass die Ergebnisse ausbleiben werden, denn Karrieren wie diese kann man nicht planen. Auch virale Marketing-Hits lassen sich nur sehr schwer auf Knopfdruck erzeugen. Schon gar nicht von einem Influencer, der die meiste Zeit seines Tages damit verbringt, Rabatt-Gutscheine für Modeschmuck unter seinen Followern zu verteilen.
Ich kann mir daher vorstellen, dass viele Unternehmen „mal was mit Influencern“ ausprobieren wollen, so wie viele Schulabgänger mal „was mit Medien“ machen möchten. Aber nicht jeder Abiturient ist der neue Harald Schmidt und nicht jede Marketingagentur kann mehr, als ein Honorar für ein Bild auf Instagram mit einem Influencer auszuhandeln und darauf zu achten, dass die richtigen Hashtags verwendet werden.
Die Herausforderung wird also sein, für die jeweilige Branche die jeweils richtigen Protagonisten und vor allem die richtigen Contents zu finden. Da sind die Branchen nämlich aus meiner Sicht völlig unterschiedlich. Wenn man mit Vertretern aus dem Automobilbereich spricht, hört man oft „ja, die ist gut, aber die hat schon mit Renault was gemacht und das ist dann für uns schwierig“, während man in der Reise- und Hotelbranche genau andersrum denkt. Da heißt es dann plötzlich: „Wir können mit der nur was machen, wenn sie da Expertise hat, also zeig uns doch mal die letzten 10 Kooperationen mit Luxus-Hotels, die sie schon gemacht hat“. Da fängt es schon an. Man muss erst mal die Denkweise der Unternehmen verstehen, was in einem Geschäft, das es letztendlich vor 5 Jahren ja so noch gar nicht gab, erst mal nicht so ganz einfach ist.
Und dann muss man auch die Influencer verstehen. Geht es ihnen um den Aufbau einer langfristigen Marke? Wollen sie eher ein paar Jahre Spaß, Weltreisen und Luxus? Wie realistisch ist es, dass eine heute 21-Jährige, die ihr Geld mit dem Posten von Outfits of the Day und dem Sitzen in der Front Row bei Runway-Shows verdient, auch in 10 Jahren damit noch Relevanz hat? Von persönlichen Ansprüchen, Weiterentwicklungen und Zielen mal ganz abgesehen. Viele Influencer erleben heute eine wilde Partyzeit mit Coachella, Paris, New York, 5-Sterne-Superior-Hotels und „was kostet die Welt“ – wissen aber auch, dass die Zeit mal vorbei sein wird. So, wie der „normale“ junge Erwachsene sich in seiner Studentenzeit ausfeiert, im Morgengrauen mit einer Hand voll Freunden auf Dachterrassen sitzt und mit einem Bier auf Freiheit, Freundschaft und den Sonnenaufgang anstößt, drei Jahre später aber im Zweireiher in Hedgefonds-Meetings sitzt, haben die meisten Influencer die ich kenne so viel Weitblick, dass sie wissen, wohin die Reise geht. Oder zumindest, wohin sie nicht geht.
Dieses Wissen erlangt man aber nicht, wenn man sich ein Instagram-Analysetool kauft, die Reichweite der 50 größten deutschen Influencer misst und sich theoretische Erfolgsaussichten schönredet. Da muss man eigentlich Influencer über eine lange Zeit begleiten, die Anfragen, Gespräche, Entwicklungen und Handlungsweisen mitbekommen und verstehen – und dann die perfekt passenden Kunden mit den perfekt passenden Influencern zusammen bringen, um ein langfristiges Konzept zu erarbeiten. Das geht aber natürlich nicht.
Vielleicht sind am Ende Influencer selber die besten Berater für Firmen, um den passenden Influencer zu finden. Zumindest die Influencer, die sich strategisch mit dem Thema auseinandersetzen und nicht nur für ein paar lustige Jahre alles mitnehmen, was möglich ist. Wenn man sich mit der Theorie beschäftigt, aber gleichzeitig das Wissen hat, wie ein Influencer tatsächlich operiert und wie er damit auf welche Follower wirkt, kann man womöglich am besten beurteilen, in welchen Teilen einer Strategie es um Reichweite geht, aber wo zum Beispiel auch um etwas anderes.
Eine hohe Anzahl Likes oder Kommentare spricht für gutes Engagement. Je nach Produkt und Zielgruppe ist das aber sicher nicht das einzige und oftmals noch nicht mal das richtige Bewertungskriterium.
Ganz einfach gesagt: Wenn Du eine Zielgruppe hast, die im Durchschnitt nicht 16, sondern 32 ist, dann ist das auf Instagram eine äußerst interessante Audience. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass eine 32-Jährige deutlich seltener „Awww! Super hübsch!“ oder „woher hast du die Jacke?“ kommentiert. Im Zweifel kommentiert sie gar nicht, sondern sie konsumiert nur.
Wenn man es schafft, als Influencer eine große Relevanz und damit eine große Authentizität aufzubauen, kann das Thema ein für alle Seiten extrem erfolgreiches Feld werden. Oder man überlässt es eben den Goldgräber-Agenturen mit ihren alles-verkaufenden Standard-Influencern.
Hand auf’s Herz: Wenn du dir eine Sache für deine berufliche Laufbahn wünschen könntest, was wäre das?
Spontan würde ich sagen, ich wäre gerne das Gesicht einer Stella McCartney-Kampagne, bei der ich auch am Konzept und an der Verbreitung über Social Media Kanäle mitwirken könnte. Das würde alle meine Wunschaspekte vereinen, denke ich.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
…einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der du dich zu (digitalen) Themen gerne informierst
Stern-Stimme von Marie von den Benken erwähnen. Auf Stern.de schreibt sie über Fashion, Models und Lifestyle und ich muss ehrlich sagen: Wer die Kolumnen nicht kennt, der kann niemals bei 100% sein.
Bevor jetzt hier allerdings der Eindruck entsteht, ich würde mich noch toller finden, als Kanye West Kanye West, sage ich: 11 Freunde. Print. Als Fußballverrücktes BVB-Groupie mit einem Hang zu behämmerten Wortspielen ist dieses Magazin genau meine Welt. Ein Skandal eigentlich, dass ich noch nie für die schreiben durfte. Wo ist Philipp Köster, wenn man ihn mal braucht?
Ach okay, es war ja eigentlich nach digitalen Themen gefragt. Dann in jedem Fall MobileGeeks. Dort wird aus meiner Sicht etwas geschafft, was den meisten digitalen Publikationen fehlt: Es werden auch Themen angesprochen, die nicht direkt etwas mit digitalem Leben zu tun haben. Dadurch positioniert man sich und trägt zum Diskurs über Themen bei, die für unsere Welt wichtiger sind, als die Frage, wie viel Pixel mehr wohl die Kamera im iPhone 8 haben wird. Und dennoch bleiben sie in ihrer Kernkompetenz, Tech-Themen und Digital-Themen werbefrei beziehungsweise bannerfrei und voll transparent nachzugehen, immer treu. Wenn ich also ein Digitalthema suche, lande ich sehr oft dort. Ich merke nämlich, dass ich nach einer Googlesuche immer automatisch als erstes den Artikel von MobileGeeks anklicke, wenn es einen gibt. Ich denke, das reicht für eine seriöse Empfehlung, zumindest was mein persönliches Netzverhalten bei solchen Themen angeht.
…einen Artikel / ein Video / ein Buch, über ein Thema aus der Netzwirtschaft, den / das du deinen Kollegen empfiehlst
Ich schicke mal vorab, dass meine natürliche Affinität zu sprachlichen Wortspiel-Bruchlandungen dazu führt, dass ich schon die ganze Zeit bei dem Wort „Netzwirtschaft“ an eine virtuelle Kneipe denke, aber das nur am Rande. Netzwirtschaft ist für mich nämlich ohnehin ein schwer greifbarer Begriff.
Natürlich bin ich was Netzwirtschaft angeht nicht die optimale Gesprächspartnerin. Ich entscheide ja nicht über digitale Multi-Millionen-Projekte. Ich entscheide nur für mich und in meiner kleinen Netzwelt. Und ich komme eher aus der Richtung: Ich möchte gerne überspitzten, lustigen, unterhaltenden, manchmal auch zum Nachdenken anregenden oder auch einfach nur schönen Content machen, in allen möglichen Formen. Lange bevor ich selber durch Twitter plötzlich irgendwie im Schaufenster der digitalen Welt stand, mochte ich Amy & Pink. Aber als Hannah Maria Paffen noch da war. Ich war sehr jung und hoffte auf Castings bei der Fashion Week. Und sie durfte als Bloggerin hinfahren. Damals hatte ich von „Bloggern“ so viel Ahnung wie Boris Becker von seriöser Liquiditätsplanung und dachte, das sind in erster Linie verwöhnte Gören, die zu viel Geld in Markenklamotten stecken, in denen sie sich dann fotografieren. Hannah dagegen zeigte sich ehrlich überwältigt davon, dass ein Unternehmen sie nach Berlin fliegen wollte, damit sie sich eine Fashion-Show ansieht und ich begann, alle ihre Texte zu lesen. Das muss so 2007 gewesen sein. Irgendwann ging sie und Amy & Pink wurde zum Stefan Effenberg der Coming of Age Blogs. Früher mal Weltklasse, aber heute wünscht man sich jemanden, der ihm hin und wieder mal sagt: Bleib doch einfach mal zu Hause und genieße die Gedanken an die schöne Zeit.
Ein Blog, den ich heute regelmäßig lese, kann ich irgendwie gar nicht benennen. Ein Artikel, den ich zumindest extrem wichtig finde, ist aber beispielsweise dieser. Er ist zwar schon ein wenig älter, ich halte ihn aber für ein hervorragendes Lehrstück über die Mechanismen des Netzes und wie schnell man völlig unvermittelt in eine Lobby-gesteuerte Hetzjagd geraten kann. In der digitalen Welt ist nämlich nicht immer alles fortschrittlich und schön. Vieles ist auch interessensorientiert und das führt zu wirklich abscheulichen Auswüchsen. Und dabei rede ich nicht von Beleidigungen oder zu aggressiv vorgetragener Kritik. Wenn ich jedes Mal in den Selbstüberprüfungsmodus wechseln würde, wenn ich im Internet beleidigt werde, hätte ich mich schon vor Jahren zurückziehen müssen. Ich rede von gezielten Manövern bestimmter Gruppierungen, die ihre Position im Netz durch choreographierte Empörung gegen unliebsame Meinungen aufrechterhalten wollen.
…ein spannendes Buch, das dich für dein Business inspiriert hat
„Soloalbum“ von Benjamin von Stuckrad-Barre nennen. Es ist ein Buch, das ich erst las, als es bestimmt schon 5 Jahre alt war und es ist eigentlich ein Männerbuch. Da ich mir aber erfolgreich eingeredet habe, deutlich mehr Ahnung von zumindest einem Thema in dem Buch zu haben, als der Autor, nämlich Fußball, breche ich mit keinen Zacken aus der Krone, wenn ich es hier empfehle. Ich gebe zu, die digitale Welt, Influencer, Netzwirtschaft oder Instagram spielen keine so große Rolle in „Soloalbum“. Das Buch lehrte mich aber, dass Sprache lustig unterhalten kann, ohne entweder plumpe Zotenwitze zu nutzen oder Didi Hallervorden zu kopieren. Meine Sehnsucht danach, Wortfragmente, die sich in meinem Kopf zu immer neuen absurden Auswüchsen zusammenkombinierten, wuchs. Ich begann, selber zu schreiben.
In einer seiner Textpassagen beschreibt Stuckrad-Barre den Drang von Menschen, lustig zu sein, und wie das oft darin verendet, dass sie sich T-Shirts mit lustigen Sprüchen drauf anziehen. Er beschloss diesen Absatz mit den Worten „auf meinem T-Shirt stand nichts, Glück gehabt“. Als er für eine Lesung nach Hamburg kam, bedruckte ich mir ein T-Shirt mit dem Satz „Auf meinem T-Shirt stand nichts, Glück gehabt“ und fühlte mich sehr meta. Für eine damals etwa 14-Jährige finde ich das sogar heute noch okay, Stuckrad-Barre selber war nur ein müdes Lächeln zu entlocken. Das verstörte mich so, dass ich spontan die eigentlich manifestierte Idee verwarf, ihn um ein gemeinsames Foto zu bitten. Na ja, sein Pech. Ich könnte es heute, zielsicher ein typisches Influencer-Werkzeug nutzend, am #tbt bei Instagram posten und ihm zu einem gigantischen Social Media Revival verhelfen. Falls meine Mutter übrigens mitliest: #tbt heißt „Throwback Thursday“, Mama.
…das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für deine Arbeit
Ich nutze bei meiner Arbeit eigentlich kein Tool regelmäßig. Die gängigen Influencer-Tools habe ich natürlich alle ausführlich in Augenschein genommen – überzeugt jedoch hat mich keins. Die Plattformen, auf denen sich Influencer unkompliziert Firmen für Kooperationen anbieten können, sind grundsätzlich eine gute Idee. In den Varianten, die ich kenne, findet allerdings noch viel weniger Selektion und Auseinandersetzung mit dem Thema statt, so dass es letztendlich nur ein Datingportal für schnellen Payed-Content ohne Substanz, Perspektive und Konzept ist.
Von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt? Und was war das?
Ich bin nicht sicher, ob Ihr ihn als Experten für Netzwirtschaft durchgehen lasst, aber ich habe definitiv am meisten von Sascha Pallenberg gelernt. Er ist mittlerweile ein echter Freund geworden und ich kenne niemanden, der in dieser schrägen neuen Welt der digitalen Avantgarde besser vernetzt ist und sich besser auskennt. Und der trotzdem immer über den Tellerrand hinaus blickt, um sich für die richtigen Dinge stark zu machen. Klar, ich habe nach seinem Wechsel zu Daimler natürlich gedacht, ich werde jetzt nur noch im Maybach durch die Welt chauffiert, aber man kann nicht alles haben. Über ihn habe ich dennoch für eigentlich jedes Problem und jede Frage, die mir im Zusammenhang mit der digitalen Welt in den letzten Jahren begegnet sind, Antworten bekommen. Oder die charmante Übermittlung von Kontakten, die mir helfen konnten. Zu Heiko Hebig zum Beispiel. Von ihm habe ich so ziemlich alles gelernt, was ich über Instagram und Facebook weiß. In meinem Beruf durchaus Themen, die nicht schaden können. Er gehört für mich ebenfalls zu den absoluten Top-Leuten, Experten, Beratern, wie auch immer man das nennen möchte, die ich jedem, der über dieses Business etwas Signifikantes erfahren möchte, nur empfehlen kann. Tolle Jungs mit enormen Wissen und dem Herz am richtigen Platz. Eine Konstellation, die einem leider gar nicht so oft begegnet, wie man sich das wünschen würde. Mit beiden würde ich jeder Zeit blind eine Zusammenarbeit eingehen, ohne groß drüber nachzudenken. Man kann von Sascha und Heiko nur profitieren. In allen Bereichen. Obwohl, es gibt eine Ausnahme: Kauft keine iPads auf Empfehlung von Sascha.