interview

Interview mit Uwe Pagel – Press’n’Relations

Uwe Pagel Press’n’Relations
Wer ist Uwe Pagel? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Press’n’Relations. Die Grundidee für diesen Namen kommt von „Rock’n’Roll“. In diesem Sinne bin ich dafür, dass Arbeit Spaß machen soll. Und das tut es heute mit 20 Kolleginnen und Kollegen an fünf Standorten in Ulm, München, Berlin, Wien und Zürich.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich achte auf die Basslinie, wenn ich Musik höre. Denn das Schlagzeug liefert zwar das rhythmische Fundament, aber erst zusammen mit dem Bass entsteht der Groove. Ohne den Bass ist also alles nichts.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

www.press-n-relations.de) hören zu und wollen verstehen, was unsere Kunden antreibt, worin ihre Superpower besteht. Ich gebe zu, das klingt banal. Aber in vielen Fällen scheitert die Kommunikation bereits daran, dass einfach nicht zugehört wird, weil zu viele Selbstdarsteller unterwegs sind. Wenn man jedoch zuhört und versteht, kann man die wesentlichen Inhalte von den unwesentlichen unterscheiden und so Geschichten schreiben, die tatsächlich auf Interesse stoßen. Nur so kann unser Kunde spannend für seine Zielgruppe werden und bleiben. Das zentrale Mittel dabei ist für uns Sprache und damit auch die Bilder im Kopf. Deswegen achten wir darauf, dass unsere Kolleginnen und Kollegen das journalistische Einmaleins beherrschen – auch wenn die Presse heute nur eines unter vielen Medien ist, über die wir für unsere Kunden kommunizieren.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Der EDNA Bundesverband Energiemarkt & Kommunikation ist so eine Geschichte. Entstanden ist er eigentlich bei einem abendlichen Gespräch an der Hotelbar nach einem Fachkongress. Kurz vor Weihnachten 2000 haben wir ihn zunächst als EDNA-Initiative gemeinsam mit fünf Software- und Beratungsunternehmen aus der Taufe gehoben. Mit Hilfe einer gewöhnlichen aber breit gestreuten Presseinformation kamen bis Mitte Januar 2001 20 weitere dazu, und auch der große Energieverband VDEW (heute BDEW) mokierte sich zu diesem Zeitpunkt bereits über die Frechheit, dass sich schnöde IT-ler in die heiligen Prozesse der Energiewirtschaft einmischen. Dennoch haben wir kurze Zeit später auf der Leitmesse E-world live gezeigt, dass Softwaresysteme unterschiedlicher Hersteller tatsächlich in der Lage sind, Daten automatisiert auszutauschen (damals war das in dieser Branche normalerweise nur mit erheblichen Klimmzügen möglich). Aber der Slogan, den wir kreiert haben, hieß schließlich auch „Wir machen’s einfach!“. Heute sind die meisten wichtigen Softwareanbieter für diese Branche, aber auch Beratungsunternehmen, Energiemarktdienstleister und auch Anwender Mitglied bei EDNA. Und der Verband ist in alle wichtigen Entscheidungsprozesse in Sachen Marktkommunikation eingebunden, angefangen beim Bundeswirtschaftsministerium über die großen Energieverbände bis hin zur Bundesnetzagentur. Und all das hat funktioniert, weil die Inhalte und deren Umsetzung immer im Fokus der Kommunikation standen, durchaus auch kritisch, aber nie selbstdarstellerisch. Die Namensfindung war übrigens wie bei Press’n’Relations auch wieder ein geistiger Kurzschluss: von der Dame Edna (fiktive Figur des australischen Komikers Barry Humphries) zu Energie, Daten, Normen & Automatisierung.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wir sind da hineingewachsen. Das erste, was ich 2000 beschafft habe, war eine PR-Software. Und weil es hierzulande nichts Vernünftiges gab, habe ich die in den USA gekauft und gleich für die dortigen Kollegen auf Deutsch übersetzt. Als PressFile dann webbasiert zur Verfügung stand, waren wir die ersten Pilotanwender. Denn wir brauchten einfach eine Lösung, auf der alle Mitarbeiter an allen Standorten gleichzeitig arbeiten konnten. Parallel dazu haben wir uns angewöhnt, mit Hilfe des Apple-Instrumentariums  standortübergreifend zusammenzuarbeiten. Heute gehört der Chat zum Alltag und wir schalten die Kollegen auch per Video zum zweiwöchentlichen Jour Fixe zusammen. Ab 2009 haben wir dann PressFile über eine gemeinsame Tochter mit dem amerikanischen Hersteller nach Europa geholt und entwickeln die webbasierte Version seit 2011 auch hier weiter. Parallel dazu haben wir das Media Asset Management AMID PR unseres Kunden und Partners mediamid mit PressFile integriert, so dass wir nicht nur Fotos, Grafiken, Audios oder Videos webbasiert zur Verfügung stellen können, sondern dort auch die Clippings ablegen und Pressespiegel auf Knopfdruck zusammenstellen können. Auch die Zeiterfassung wird webbasiert gemacht (und nur bei Kunden, bei denen sie benötigt wird). Ganz wichtig: Die Lösungen müssen einfach bleiben. Alles mit allem zu integrieren und jede noch so selten benötigte Funktionalität in die Lösungen hineinzunehmen, ist sinnlos. Denn das kompliziert die Handhabung und ist fast immer kontraproduktiv. „Keep your PR-Life simple“ ist deswegen auch der Slogan, nicht nur für PressFile. Und nachdem wir die meisten Prozesse webbasiert abwickeln, war die Integration der Kommunikation via Social Media absolut einfach.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Es gibt einen Spagat zwischen den Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit und den Fähigkeiten kleiner und mittlerer Agenturen, diese wirtschaftlich abzubilden. Deswegen muss es zwar Regulierung geben, aber sie darf das Unternehmen nicht strangulieren. Jeder muss entscheiden dürfen, wieviel Sicherheit für ihn tragbar ist. Denn einen absoluten Schutz gibt es ohnehin nicht.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

100 Millionen Fliegen können nicht irren, das ist sicher nicht die Lösung. Wenn man sich mit offenen Augen umschaut, kann man viele Lösungen finden, die die eigenen Anforderungen erfüllen und dennoch bezahlbar sind. Vielleicht decken sie nicht alles ab und man braucht für bestimmte Dinge noch eine zweite, aber die beiden liegen dann ohnehin nur einen Browser-Tab weit voneinander entfernt. Gewisse Abhängigkeiten von den Googles, Apples oder Microsofts dieser Welt gibt es immer, aber man muss sich dem nicht kritik- und widerstandslos beugen.

Herausforderung für unseren Markt:

Die PR-Branche muss sich auf ihre Wurzeln besinnen: Gute Geschichten sind das, was unsere Kunden brauchen, keine Nebelkerzen. Heute kann zwar jeder im Web eine Visitenkarte oder eine Broschüre selber entwerfen (und das Ergebnis für toll halten), gute Geschichten kann man jedoch glücklicherweise noch nicht von einer App schreiben lassen. Und es sind die Bilder im Kopf, die nachhaltig wirken.

Herausforderung für unsere Firma:

Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, uns selbst „toll“ zu finden. Denn wer das tut, hört nicht mehr zu. Die Digitalisierung kann uns das Leben erleichtern, der eigentliche Prozess des „Storytelling“ beginnt aber immer beim Menschen. Und es braucht die persönliche Kommunikation zwischen Menschen, um lebendige Geschichten schreiben zu können. Viele Agenturen verfassen Presseinformationen inzwischen nach einem Strickmuster, das immer gleich ist. Gute Geschichten lassen sich jedoch nie in ein Muster pressen.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Dass jeder seinen Senf zu jedem Thema absondern kann, ist ebenso ärgerlich wie erfreulich. Je nach Thema, Tageszeit oder aktueller Stimmungslage.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest Du gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Den zu uns passenden Kunden finden und immer genau dann, wenn wir die Kapazität für ihn frei haben.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

http://blog.meine-energie.de denkt Dirk Heinze gerne gegen den Strich. Wer sich für Themen wie Energiemarkt und Energiewende interessiert, hat da bestimmt seinen Spaß.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)

http://www.sueddeutsche.de/kultur/aerzte-saenger-farin-urlaub-frontmann-gegen-rassismus-1.2585433 – vielleicht müssen wir nicht nur in der dritten Welt endlich für mehr Entwicklung sorgen, sondern auch in manchen Landstrichen bei uns.

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

„Deutsch für Profis“ von Wolf Schneider sollte man einmal im Jahr lesen, damit sich keine Schlampereien in die Schreibe einschleichen.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

Ich komme wenig dazu, Veranstaltungen zu besuchen. Aber auf dem Kommunikationskongress im September in Berlin sind eigentlich immer einige hochspannende Vorträge dabei.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

PressFile ist nun mal das Werkzeug, das mir bei meiner Arbeit am meisten hilft.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Witness, die zur Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen weltweit Aktivisten mit Kameras ausrüstet, so dass Filme und Fotos als Beweismittel vor Gericht verwendet werden können. Womit wir in gewissem Sinne wieder bei der PR wären, allerdings einer PR in einer Form, die ich sehr schätze …