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Interview mit Stefan Lohmann – Talent Buyer & Booking Agent

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Foto: Stefan Lohmann

Wer zur Hölle ist Talent Buyer Stefan Lohmann? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Schon als Jugendlicher habe ich gemerkt, dass ich beruflich mit Musik arbeiten möchte. Da ich aus Xanten (NRW) komme und dort die Möglichkeiten in dem Bereich stark begrenzt sind, habe ich für meinen etwas unkonkreten Berufswunsch auch einiges an „Schmunzeln“ kassiert. Als ich nach dem Abitur nach Hamburg gezogen bin, habe ich alles gemacht, um in die Branche zu kommen. Vom Türsteher, Barkeeper, Aufbauhelfer „Hand“, SAE Assistenz für Tontechnik, Tournee mit der Band Selig, über Plattenfirmen und Verlage etc. – ich habe an allen wichtigen Positionen im Musikmarkt gearbeitet und habe die unterschiedlichen Bedürfnisse und Sichtweisen kennengelernt. Dann die Ausbildung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien gemacht – beim Indigo Musikvertrieb.

Danach erst kam ich zum Künstler Booking. Angefangen habe ich mit dem Booking von Coverbands, später dann internationale Stars und Shows – weltweit. Unter anderem Joe Cocker, Marlon Roudette, Milow, Patricia Kaas, Gloria Gaynor, UB40, Mike & The Mechanics ….Über 10 Jahre konnte ich internationale Erfahrung sammeln und habe von russischen Megaparties, Charity Event in den USA bis zur kleinen Club Show alles gemacht. Da der Druck und Stress in der Branche sehr groß und die Regeln des Marktes sehr speziell sind, wollte ich irgendwann aussteigen. Bis ich dann meine eigene Firma gegründet habe und nach meinen Regeln arbeiten konnte, so wie ich es für richtig halte. Was bedeutet, dass ich nun vollkommen transparent arbeite und mein Fachwissen und meine Kontakte für meine Kunden einsetze. Obwohl jeder mir davon abgeraten hat – arbeite ich vollkommen transparent und auf partnerschaftlicher Basis mit meinen Kunden. Und bisher wurde ich nicht enttäuscht – im Gegenteil, die wirklich partnerschaftliche Zusammenarbeit macht beiden Seiten deutlich mehr Spaß, weil es nur um das eine gemeinsame Ziel geht, das passende Live Entertainment auf die Bühne zu bringen und nicht darum mich herunterzuhandeln. Ich wiederum erspare mir den Stress, das Vertrauen meiner Kunden zu erschleichen, um dann zu versuchen, die Preise hochzutreiben, um meine Marge zu erhöhen. Die Regel, wenn man keine Erfahrung hat, dann wird es teuer, entfällt bei einer Zusammenarbeit mit mir.

www.stefanlohmann.com

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Nach alter Hanseatischer Tradition zählt bei mir noch ein Handschlag. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist mir wichtig. Wenn ich mir die Medien so anschaue, erscheint das eher wie ein Spleen.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Als international erfahrener Booking Agent und ehemaliger Künstlervermittler biete ich meinen Kunden Fach- und Insiderwissen und den professionellen Einkauf von Live-Entertainment.
Internationale Erfahrung, gute Kontakte zu Künstlern, Künstlermanagern, Tournee- und Konzertveranstaltern sowie Fingerspitzengefühl sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Künstlerbuchung. Das gilt auch für die Vertragsverhandlungen und die Fragen rund um die Logistik und Organisation einer Veranstaltung, z.B. Ausländersteuer, Künstlersozialabgaben, Technik, Fahrdienste, Catering, Security, etc., und dies weltweit.

Durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit meinen Kunden entsteht ein wirkliches Team, welches immer enger zusammenwächst. Das schafft effizientere Möglichkeiten der Zusammenarbeit und langfristiges Denken – ganz ohne Misstrauen. Im Gegenteil: die hinzugewonnene Fachkompetenz stärkt das gesamte Team – immer mit dem Ziel, das bestmögliche Live-Erlebnis für den Endkunden zu bieten.

„Transparent & Based on Partnership“ – das ist für mich einer der Grundpfeiler meiner Firmenphilosophie.
Die Verträge entstehen zwischen dem Künstler (bzw. seinem direkten Vertreter) und dem Kunden. Dadurch wird größtmögliche Transparenz bewiesen und eine sichere Rechtsgrundlage geschaffen. Denn der Weiterverkauf von Produktionen ist in vielen Originalverträgen untersagt.

Ich genieße durch den transparenten Einkauf und die jahrelange Zusammenarbeit auch großes Vertrauen bei den Künstlern, Agenten und Managern. Durch die direkte Vertragskonstellation und die klaren Verhältnisse werden Unsicherheiten und die Befürchtung, zu überhöhten Preisen weiterverkauft zu werden, verhindert. Dadurch sind auch international bekannte Stars leichter zu überzeugen, Angebote anzunehmen.

Meine Kunden brauchen nur eine Telefonnummer, wenn es um Live-Entertainment geht.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Im engen Sinne gibt es im Bereich Live Entertainment keine Digitalisierung. Das Live Erlebnis ist und bleibt einzigartig, was es auch so lukrativ für Künstler macht und einzigartig für die Zuschauer.

Im Umfeld des Live Entertainments und der Monetisierung im Live Entertainment Geschäft findet allerdings eine sehr starke Digitalisierung statt. Das fängt an beim Ticketkauf, Live Streams der Show, Live Aufnahme zum Mitnehmen nach der Veranstaltung und geht auch über den ständigen Austausch zwischen Künstlern und Fans über die diversen Kanäle wie Facebook, Twitter etc. hinaus. Im Rahmen der Digitalisierung gibt es für die Live Entertainmentbranche unzählige Möglichkeiten.

Diese Services lassen sich ja gegen Bezahlung einfach nutzen. Da ist die größte Schwierigkeit, den Überblick zu behalten und sich eine Struktur aufzubauen und eine maßgeschneiderte Auswahl zu treffen, um die vielen Möglichkeiten sinnvoll und wirtschaftlich zu nutzen.

Für meine Firma bedeutet Digitalisierung, dass ich eigentlich von überall aus arbeiten kann. Beim Kunden, vor Ort bei Veranstaltungen, im Ausland und zum Leidwesen meiner Familie auch Im Urlaub. Solange ich eine Internetverbindung und mein Mobiltelefon habe, kann ich für meine Kunden loslegen. Mittlerweile drucke ich auch relativ wenig aus. Der Papierverbrauch, Druckerpatronen und -verschleiß ist deutlich geringer geworden. Die Digitalisierung hilft uns auch nachhaltiger und damit umweltfreundlicher zu agieren.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Hier liegen die Themen im der Musikbranche auf der Hand: Urheberrechte, Streaming, sinkende CD Verkäufe, gerechte Beteiligung der Urheber und gleichzeitig die Vereinfachung zur Nutzung/Lizensierung von Musik, Raubkopien, Ticketing Gebühren, Rechte von Veranstaltern, Fotorechte der Journalisten, Weiterverkauf von Eintrittskarten etc. Hier müssen schnell Regelungen gefunden werden, was aber tatsächlich eine große Herausforderung ist.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Die aktuelle von der Telekom ausgelöste Diskussion bzgl. Internet der zwei Geschwindigkeiten, die Konnektivität und Netzgeschwindigkeiten im ländlichen Bereich, Wirtschaftsspionage, Geheimdienste, neue Viren – jetzt vermehrt auch gegen Apple User programmiert – das sind alles große Herausforderungen. Als Firma muss man sich vor Datenklau schützen und man muss sich entscheiden, ob man als Unternehmen der Auslagerung von Daten in die „Wolke“ vertrauen kann oder will; gerade wenn man liest, dass Regierungen versuchen, die Firmen zur Herausgabe von Dateien zu zwingen. Auf richterlichen Beschluss ist die Herausgabe von Daten ja eventuell in Ordnung, aber eine durchgehende Überwachung geht einfach zu weit.

Herausforderung für unsere Firma

Für mich konkret bestehen die aktuellen Herausforderungen in der Ausweitung der medialen Möglichkeiten im Internet, um auf meinen Service und einzigartige Arbeitsweise als Talent Buyer aufmerksam zu machen. Die Hauptschwierigkeit liegt darin, den Unterschied zur Konkurrenz zu verdeutlichen. In der Kommunikation ist meine kundenfreundliche Arbeitsweise so etwas wie das Kleingedruckte bei Medikamenten oder Verträgen, kaum einer liest es.

Deshalb habe ich mein Team um eine Pressesprecherin erweitert.

Zudem ist mir Nachhaltigkeit sehr wichtig und stellt mich immer wieder vor die Frage, was kann ich noch verbessern, es ist ein stetiger Prozess. Deshalb habe ich mir einen Partner gesucht, der uns hilft den CO2 Ausstoß zu verringern und den unvermeidbaren C02-Fußabdruck – z.B. durch die Reisen des Berlin Show Orchestras und anderer Künstler die weltweit vermarktet werden – zu neutralisieren, indem entsprechende Projekte z.B. in Indien unterstützt werden. Durch den Partner First Climate AG erhalten auch meine Kunden direkten Zugriff auf den Marktführer in diesem Bereich. In meinen Augen ist Live Entertainment und Nachhaltigkeit kein Widerspruch.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Geschwindigkeit bzw. die Langsamkeit – je nach Anschluss des Netzes – macht mich wahnsinnig. In Hamburg bin ich natürlich gut versorgt, aber wenn ich unterwegs bin, wird es manchmal schwierig. Daher liebe ich Hotels mit guten Internetverbindungen. Auch an den Veranstaltungsorten wird die Vernetzung immer besser.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Digitale Medien: Musikwoche, Event Partner, Memo Media / Showcases,  und Eveosblog sind für mich sehr wichtige Informationsquellen. Musikwoche deckt den Konzert und Plattenfirmenmarkt ab, Event Partner den Corporate Event Bereich, Showcases weist auf interessante Produktionen hin und der Eveosblog wird immer wieder fündig interessante Stories, Tipps, und Hintergrundinformationen im Event Business zu finden.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat

Tedx – Keynote von Amanda Palmer

Ich finde ihre ehemalige Band Dresden Dolls genial. Sie provoziert und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Interessante Persönlichkeit. Sie ist gerade Mutter geworden – mal sehen welche Veränderungen das hervorruft.

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

Ich lese viele Berichte, Fach Magazine, Businessinfos etc. und zur Entspannung lese ich den Spiegel. Da finde ich immer etwas Spannendes. Aber für Buchtipps bin ich der Falsche. Das sind dann wieder Bücher, die mit meinem Business zu tun haben – also im Endeffekt Fachliteratur. Buchtipps erhalten Sie von meiner Frau. Sie ist begeisterte Lehrerin.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

über die Vermittlung von Kreativität

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Apple, Apple, Apple – sorry für die Werbung,  aber die gesamte Produktpalette hilft mir bei meinem Business. Nicht die einzelne Software ist für mich wichtig, sondern das Zusammenspiel der unterschiedlichen Software ist für mich entscheidend. Ich liebe meine Apple Produkte genau deswegen. Die einzelnen Komponenten müssen einfach gut miteinander harmonieren und funktionieren. Das ist wie bei der Durchführung von Veranstaltungen: da gibt es viele Gewerke, viele ausgeprägte Egos, viele unterschiedliche Interessen aber man erhält nur eine herausragende Veranstaltung, wenn alle gut zusammen und miteinander arbeiten.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Es gibt viele interessante Menschen in meiner Branche und viele die gar nicht interessant sind, sich aber für ganz wichtig halten. Als erfahrener Experte im Live Entertainment gibt es für mich keine Gurus oder Vorbilder, denen ich nacheifere.

Aber ich höre gut zu. Ich höre anderen Experten gut zu, aber auch meinen Kunden. Ich lese die Fachzeitschriften und unterhalte mich gerne mit anderen Experten und Journalisten. Ich höre wie gesagt gut zu und ich ziehe meine eigenen Schlüsse daraus.

Ich suche meinen eigenen Weg – egal was die anderen sagen.

Expertenstatus heißt, nicht alles zu wissen. Als Experte will ich nicht jedem mein Wissen aufdrängen oder mich in TV Shows im Scheinwerferlicht der Stars sonnen, mit denen ich arbeite. Als Experte weiß ich deutlich mehr als der Durchschnitt der Anderen. Damit das so bleibt, höre ich gut zu.