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Interview mit Stefan Klager – com:moveo

Stefan Klager com:moveoWer ist Stefan Klager? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

com:moveo habe ich mich auf BusinessTV spezialisiert. Wir produzieren Filme oder auch komplette TV-Sendungen für Unternehmen, Konzerne und Verbände – und zwar für deren interne und externe Kommunikation. Das sind Infofilme für den Vertrieb, Schulungs- und Motivationsfilme für Mitarbeiter, PR-Filme, aber auch Award- und Imagefilme. Bevor ich mein Unternehmen com:moveo vor mehr als zehn Jahren gegründet habe, war ich Journalist in unterschiedlichen Funktionen (Redakteur, Reporter, CvD, Redaktionsleiter) bei privaten und öffentlich-rechtlichen TV-Sendern und Produktionsfirmen.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Kein Spleen, aber eine Leidenschaft: Ich singe in Chören, die sich auf klassische Chormusik spezialisiert haben, also Werke von Haydn, Mozart, Bach usw. Die Musik  fasziniert mich, das Singen fordert mich; ich muss mich bei den Proben höllisch konzentrieren, aber auf ganze andere Dinge als die, die mit dem Job zu tun haben. Mit den Konzerten, die der Lohn für die harte Probenarbeit sind, verbinde ich faszinierende Erlebnisse – kürzlich noch bei einer unvergesslichen Konzertreise nach Paris.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Die Bedeutung von unternehmensinterner Kommunikation wird nach wie vor unterschätzt. Meine Stärke ist die Situationsanalyse und die Beratung, wie welche Art von Kommunikation innerhalb eines Unternehmens forciert werden sollte, um entweder Mitarbeiter zu schulen, zu informieren oder zu motivieren. Auch um einen Change-Management-Prozess kommunikativ effizient zu begleiten. Das geht mit vielen verschiedenen Tools. Das passgenaue Konzept zu entwickeln und dann auch umzusetzen – das ist unsere Stärke. Das können Filme sein, in denen die Geschäftsleitung oder der Vorstand Veränderungen begründet. Das können auch komplette TV-Sendungen sein oder sogar Comic-Filme. Zentral ist das Kommunikationsziel – und das haben wir im Fokus und setzen die einzelnen Steps konsequent um. – In welcher Etage sind wir gerade? Sind wir mit dem Elevator schon oben oder hab´ ich noch ein paar Stockwerke? Ganz andere Projekte sind die, die mit „Point of Sale TV“ zu tun haben. Hier bieten wir zum Beispiel Lösungen für Kunden im Retail-Bereich an: Über Displays werden Verbraucher und potentielle Käufer gezielt informiert oder unterhalten – und zwar mit Content, der ein gelungener Mix ist aus Filmen, Grafiken, Typos – also so etwas wie Infoscreen in den U-Bahnhöfen, nur viel gezielter und mit einem Informationsangebot der besonderen Art.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Ein Unternehmen hatte das Problem, seinen Vertrieb nicht mehr zu erreichen. Die meisten Mitarbeiter haben ihren Job als Pflichterfüllung verstanden – nicht mehr, nicht weniger. Dem Unternehmen mit bundesweit ca. 8.000 Mitarbeitern standen massive Entlassungen bevor, weil die Umsätze nicht mehr ausreichten, um im grünen Bereich zu bleiben. Umfragen ergaben: Die Mitarbeiter sind demotiviert, glauben nicht mehr an die Ziele des Unternehmens und wissen nicht, was der Vorstand plant.

com:moveo hat gemeinsam mit der Kommunikationsabteilung des Unternehmens ein umfassendes Konzept erarbeitet – und step by step umgesetzt. Dieses Konzept sah u.a. vor, die Mitarbeiter aktiv einzubinden; sie sollten erfahren und verstehen, was der Vorstand warum in der Vergangenheit getan hat und was er für die Zukunft plant. „Transparenz“ hieß das eine Zauberwort. Das zweite „Interaktion“. Es wurde zum Beispiel ein TV-Format etabliert, im Grunde eine Sendung, die im Intranet on demand abrufbar war und in der Vorstände auf einmal zum Anfassen nah waren. Sie wurden durch dieses Format aus Sicht der Mitarbeiter plötzlich „lebendig“ und zeigten Emotionen. Ehrlichkeit & Offenheit waren weitere Schlüsselbegriffe. Und was konkret an Veränderungen im Unternehmen geplant wurde, erklärten Infofilme. Kontroversen wurden offen angesprochen, verschiedene Sichtweisen hinterfragt und erklärt. Eine typisch journalistische Vorgehensweise: Beide Seiten nachvollziehen können und verstehen lernen, um „ausgewogen“ zu berichten. Ein Kunstgriff, der dafür gesorgt hat, dass die Führungsebene sich selbst neu sortiert hat und das Vertrauen der Mitarbeiter zurückgewonnen hat. Die Motivation der Mitarbeiter hat sich signifikant verändert, die Vertriebsergebnisse sind deutlich gestiegen. Entlassungen konnten verhindert werden. Gute Kommunikation ist (fast) alles – mit schlechter macht man alles falsch.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Ganz klar: Ausbau der Bandbreiten und Aufbau von Hochleistungsnetzen. Hiervon wird in den nächsten Jahres sehr viel abhängen! Das, was die Politik – zum Beispiel in NRW – derzeit plant, wird sicherlich nicht ausreichen, um die Digitalisierung in all ihren Facetten ausreichend nutzen zu können. Ein weiteres (daraus resultierendes) Thema: Netzneutralität. Hier darf es keine Vormachtstellung einzelner geben.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa: 

Die Abhängigkeit von Monopolisten ist immer ein Problem und sollte politisch verhindert werden. Ich befürchte, dass die Technik sich weiterhin schneller entwickelt als die Rahmenbedingungen mitwachsen. Ein Beispiel: Als ich vor 25 Jahren beim WDR war, brauchte man für eine visuelle Liveübertragung einen riesigen Lastwagen (Ü-Wagen) mit Tonnen an Technik inkl. Personal, gebuchte Satellitensegmente etc. Heute kann ich via App von meinem Handy aus live und unmittelbar ins Netz streamen und somit senden. So geschehen zum Beispiel bei den Anschlägen in Paris. Die technischen Möglichkeiten sind viel schneller als wir die Frage im Kopf formuliert haben, ob das gut ist, dass das alles so einfach geht. Gibt es noch so etwas wie ein Recht am Bild? Juristische und medienkritische bis hin zu ethischen Fragen – sie werden gar nicht mehr gestellt. Geschweige denn beantwortet. Ich oute mich nicht als Bedenkenträger – im Gegenteil! Aber ich stelle fest, dass wir heute Dinge tun, weil sie technisch möglich sind, ohne allerdings über die Folgen nachzudenken.

Herausforderung für unseren Markt und unsere Firma:

com:moveo produziert und postproduziert ausschließlich digital, wir übertragen digital, wir „senden“ digital. Es gibt schon lange kein Tape (Aufzeichnungsband) mehr, keine analogen Produktionsprozesse. Es kommt mir vor, als sei das analoge Arbeiten solange her wie die Steinzeit. Die Digitalisierung schafft Möglichkeiten, fördert aber auch die Gier nach Mehr. Kunden erwarten exorbitant mehr als vor zehn, fünfzehn Jahren. Jeder – egal in welcher Branche – ist ein selbsternannter Experte. „Da musst du doch bestimmt einfach nur….“ Alles scheint möglich, also wird auch alles erwartet. Hier transparent zu sein und aufzuzeigen, was geht und was – selbst in der hyper digitalisierten Welt – nicht „mal eben“ geht, ohne dem Kunden auf die Füße zu treten und als Spaßbremse zu gelten – das ist eine Herausforderung der neuen Art. Und ehrlich gesagt: Letztlich machen wir´s dann möglich, auch wenn es nicht „mal so eben“ ging, sondern aufwändiger und somit für com:moveo kostenintensiv war. Aber das ist unsere Vorstellung von Service und Dienstleistung. In gewisser Weise allerdings eine Falle, denn so lernt der Kunde ja schließlich: Na, ging ja offensichtlich doch so „mal eben“.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Die fehlende Bandbreite und Geschwindigkeit im Netz ärgert mich am meisten – und dennoch kann ich mich nach wie vor über die Möglichkeiten des Internet freuen: Wissen in Sekundenschnelle auffrischen, Flüge kurzfristig buchen, intensiv und unaufwändig recherchieren.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Kommunikation ist das A und O – und es ist immer wieder erstaunlich, wie viele handwerkliche Fehler Profis machen: Selbst PR-Profis – Leute, die es wissen müssten, wie erfolgreich und professionell kommuniziert wird. Oder Vorstände, Führungskräfte, Politiker, Promis, die in der Öffentlichkeit stehen und dennoch falsch kommunizieren, obwohl es ihnen jemand besser beigebracht haben sollte. Der Bundesverband der Medientrainer (BMTD) greift immer wieder solche Fälle auf und bringt sie in einem Blog „Dazu der BMTD“ auf den Punkt. Und immer gibt es einen Mehrwert: Wie lässt sich´s anders/besser machen!?

www.bmtd.de/dazu-der-bmtd

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

Derzeit lese ich „Statusspiele“ – kein neues Buch, aber eines, was ich neu entdeckt habe. Die Autoren Schmitt/Esser gehen der Frage nach, warum wer mit welchem Auftreten wie wahrgenommen wird, sich gut oder weniger gut durchsetzt; wer warum eher beim Sprechen unterbrochen wird und bei wem man sich das verbale Reingrätschen nicht traut. Auftreten einer Persönlichkeit und wie sie wahrgenommen wird – ein interessantes Spannungsfeld zwischen Kommunikation und Psychologie. Mit diesen beiden Fachgebieten habe ich mich ja schon als Student beschäftigt – also für mich so etwas wie „Back to the Roots“.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

Ich habe kürzlich an einem Workshop zum Thema „Wie Wahrnehmung und unser Gehirn funktionieren“ teilgenommen und Dr. Hans-Georg Häusel von der Nymphenburg Gruppe kennengelernt. Häusel, der ja als Vordenker des Neuromarketings gilt und international zu den führenden Experten in der Marketing-, Verkaufs- und Management-Hirnforschung zählt, hat mich beeindruckt. Eine seiner Thesen „Botschaften ohne Emotionen haben für unser Gehirn keinen Wert“. Soweit so gut, aber wie er das hergeleitet, wissenschaftlich untermauert und unterhaltsam präsentiert hat, war ein Erlebnis. Spannend zu erfahren, wie er aktuelle Erkenntnisse der Hirnforschung nutzt, um menschliches Verhalten im Allgemeinen und Marketing-Phänomene im Speziellen zu erklären.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit 

Das „snipping tool“, das  als Standard auf jedem MS-Rechner installiert ist – aber offenbar kaum jemand nutzt. Ich schneide mit Hilfe dieses Tools Bilder, Text-Passagen, Grafiken, Fotos, was auch immer aus und füge sie in meine Dateien oder Mails an der gewünschten Stelle ein.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum? Oder von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt? Und was war das?

Ziemlich zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn habe ich mit einem Vollblut-Journalisten zusammenarbeiten dürfen, mit „Mr. Tagesthemen“ Hanns-Joachim Friedrichs. Er hat meine journalistische Arbeits- und Vorgehensweise geschärft. Dafür bin ich sehr dankbar. Einen Bereich, den ich bisher noch nicht aktiv tangiert habe und der mich sehr reizt, ist Fiction. Hier würde ich gerne mal mit einem erfahrenen Team arbeiten – allerdings länger als einen Tag. Eine Geschichte über 90 Minuten spannend in Bildern zu erzählen, ist eine Kunst. Auf diesem Gebiet würde ich mich gerne mal ausprobieren und mit jemandem arbeiten, der meinen Horizont erweitert.