interview

Interview mit Soraya Kuehne – Paperlux

Soraya Kuehne PaperluxWer ist Soraya Kuehne? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Design Studios Paperlux, und hier zuständig für die Themen Personal, Kundenpflege und -akquise, Marketing und PR.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

meinem Blogbeitrag für die Impulse mit dem Titel „Was ein handschriftliches Kärtchen so alles anrichten kann“ – mit meinem Aufruf, wieder mehr per Hand zu schreiben. Das ist nicht nur (oft) hübscher, sondern auch ganz gut für das Hirn, weil sich Gedanken und To Dos anders manifestieren. Von der Wertschätzung, die man einem Empfänger gegenüber ausdrückt, mal ganz abgesehen.

Tweet kann z.B. so aussehen.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

freiheit.com überarbeitet, das Corporate Design und Packaging für eine phytomedizinische Firma aus der Schweiz erarbeitet und denken uns aber auch neue Produktideen aus – z.B. unser Spielfeld „Petit Fou“, unser Label, welches Clutches aus Papier verkauft und bald mehr.

Unsere Superpower liegt darin, unsere Auftraggeber mit auf die Design-Reise zu nehmen, unsere Haltung zu vertreten und zu erklären – und in unserem guten Geschmack, für den wir eingekauft werden.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Ohne Frage unser Cover für das Magazin NOVUM. Ein perfektes Beispiel dafür, dass Design im Print ohne einen Gedanken an die Produktion nicht funktioniert – sondern eine Symbiose darstellen muss. Dieses Cover wäre nicht so abgefahren geworden, wenn wir Design und Produktion bzw. die Berücksichtigung von Materialität und Prozessen trennen würden. Es war die erste Ausgabe der novum seit mehr als 20 Jahren, die weltweit ausverkauft war, unser Making Of-Video ist mittlerweile mehr als 330.000 mal angesehen worden, bei den Lead Awards sind wir ausgezeichnet worden – und das Cover hat weltweit für Aufsehen, zumindest im Design-Sektor, gesorgt.

Wenn ich hier noch etwas ergänzen darf: Besonders stolz bin ich darauf, dass wir seit nunmehr sechs Jahren für Hermès in Paris arbeiten – als einziges deutsches Design Studio. Momentan ist ein sehr interessantes Projekt auf dem Tisch: eine Art Objekt, was im kommenden Jahr in allen Stores der Welt zu finden sein wird.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wir versuchen noch immer, zumindest im Design, vieles händisch zu machen – Logos werden zunächst gescribbelt, jede Idee für etwas Haptisches wird als Weißmuster gebaut, um Mechaniken und Möglichkeiten auszuprobieren. Dennoch kommen wir natürlich um die Adobe Creative Suite nicht herum, nutzen das Internet viel für Inspirationen – die nicht zwingend nur aus dem Design-Bereich kommen. Natürlich sind Instagram, Pinterest oder Tumblr-Blogs nie versiegende Quellen neuer Ideen. Ein papierloses Büro werde ich zumindest nicht hinbekommen – will ich auch gar nicht, denn meine To Do-Listen und Notizen auf einem Block oder in einem Heft mit meinem Lieblingsstift sind mir lieb und teuer.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft:

Die Herausforderung sehe ich hauptsächlich darin, nicht komplett hinter dem Bildschirm zu verschwinden – wir haben Zugriff auf fast alles, können per Tastatur kommunizieren, ohne ein Wort sprechen zu müssen. Das sorgt in meinen Augen dafür, dass wir eine Distanz aufbauen, die gar nicht zwingend notwendig ist, sondern durchaus gut „gemixt“ sein kann

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Viele sprechen davon, dass es die größten Entwicklungen und Ideen nur in den USA gibt – ich denke aber, dass dort das Thema Netzwirtschaft nur schon ein anderes Level erreicht hat und damit auch mehr im Fokus steht. In Deutschland gibt es spannende Entwicklungen und spannende Start-Ups, die man eigentlich mit den „Hidden Champions“ der Wirtschaft vergleichen kann, auf die wir in Deutschland schon lange zu Recht stolz sind. Also durchaus erfolgreiche Firmen, die fast gar nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Auch müsste es viel mehr Fälle geben wie diesen: Das beeindruckende Start-Up Fox & Sheep, gegründet von Verena Pausder und sehr erfolgreich im Bereich Kinder-Apps. Vor kurzem ist Fox & Sheep von einer Firma aus der „Old Economy“ übernommen worden, vom  Spielzeughersteller Haba – und ich glaube, da werden aus der Verschmelzung des Digitalen und Analogen extrem spannende Dinge entstehen.

Herausforderung für unseren Markt:

Grundsätzlich glaube ich, dass wir offener werden müssen und sollten.

Rein „emotional“: Unser Markt sollte auch einen Misserfolg verzeihen und schneller Möglichkeiten bieten, wieder auf die Füße zu kommen.

Herausforderung für unsere Firma:

Die Digitalisierung und der schnelle Zugriff auf Informationen und auch zahlreiche Billiganbieter (designenlassen/99designs und so weiter) sorgen dafür, dass viele Menschen glauben, dass Design nichts mit Können, Gespür, Leidenschaft und viel Schmerz zu tun hat. Heutzutage gibt es die Möglichkeit, für 50 Euro ein Bildmotiv freistellen zu lassen oder sich für 300 Euro ein Logo gestalten zu lassen. Für den privaten Zweck hat das sicherlich seine Berechtigung – aber im professionellen Bereich ist das nix.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Am meisten freue ich mich, dass ich in Kontakt bleiben kann – mit Freunden und Bekannten, die weit weg sind. Facebook macht mir eine Freude. There, I said it!

Ich ärgere mich über die anonymen Idioten, die im Netz ihre Berechtigung gefunden haben, jegliche ordentliche Kommunikation über Bord zu werfen und sich oftmals so daneben verhalten, wie sie das unmöglich im „echten Leben“ tun würden.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest Du gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Als es brandneu war, dass man tolle Handtaschen mieten kann dachte ich: Wow, das ist spannend und das muss ich unbedingt tun. Habe ich jemals gemietet? Nein.

Als es losging mit den Kochboxen, die wöchentlich geliefert werden dachte ich: Super, das löst mein Zeitproblem. Nutze ich es regelmäßig? Nein. Ab und an vielleicht, nur macht es noch immer mehr Spaß, Kochbücher zu wälzen und anhand eines Rezeptes einzukaufen.

Kurzum: Ich bin sehr erfreut über viele der Ideen, habe aber akut nichts, was für mich gelöst werden muss. 🙂

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Ich habe seit einem Jahr ein Abo der impulse und seit mehr als fünf Jahren ist die brand eins stetiger Begleiter auf dem Schreib- bzw. Couchtisch. Des Weiteren haben wir natürlich die FRAME und die NOVUM im Studio und viele weitere Magazine.

Zu meinen regelmäßigen Klicks gehören: TED, SAAL ZWEI.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat 

Ganz ohne Frage, wenn auch weit entfernt vom Thema Internet:

http://www.zeit.de/2015/26/fluechtlinge-hamburger-welcome-dinner

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Schwierig – wollt ihr mal mein Bücherregal sehen? Alles, was mir interessant zu sein scheint, wird gekauft – und immer wieder zur Hand genommen. Wenn ich aber muss, dann: SMALL GIANTS.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast 

Ich war neulich auf einem zweitägigen Workshop der impulse Akademie zum Thema Visioning. Das ist inspiriert von den „Small Giants“, siehe oben – und war extrem spannend.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Mein Telefon, mein Block, mein Stift, mein Laptop und Safari. Sowie ein paar Kopfhörer, um zum Beispiel in Ruhe diese Fragen beantworten zu können.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Spannend wäre ein Tag mit Stefan Sagmeister in New York. Oder ein Tag mit Erik Spiekermann, dem Typo-Papst Deutschlands.