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Interview mit Marco Wieck – Weber Shandwick

Marco Wieck Weber ShandwickWer ist Marco Wieck? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Weber Shandwick. Wie der Titel schon sagt, bin ich bei uns für die Entwicklung digitaler Strategien und Kampagnen verantwortlich. Dabei arbeite ich an der Schnittstelle zu Analytics, Kundenberatung und Kreation. Grundsätzlich kann jedes Account-Team mich einbeziehen – ich habe also das Vergnügen mich mit entsprechend vielen Branchen und Marken und mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu beschäftigen. Zudem koordiniere und moderiere ich unser erweitertes Digital-Team in der übergreifenden Zusammenarbeit und dem Wissensaustausch. Und immer wieder freue ich mich auch, wenn ich Kunden das Internet erklären darf.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich war und bin ein Film- und Serienjunkie. Früher offline, heute online – natürlich nur legal. Außerdem habe ich während der Studienzeit in Schottland meine Leidenschaft für das „Wasser des Lebens“ entdeckt. Beides lässt sich übrigens ganz wunderbar kombinieren.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Unsere Maxime ist „Engaging, always.“ – dahinter verbirgt sich unser Anspruch, für unsere Kunden Kommunikationslösungen zu entwickeln, die einen nachhaltigen Mehrwert bieten und so langfristig für Aufmerksamkeit und vor allem für stetige Interaktion mit ihren Stakeholdern sorgen. Wir sind dabei grundsätzlich lösungsorientiert und bewegen uns immer an der Schnittstelle zwischen Business-Zielen und Stakeholder-Interessen. Bei unseren „Superkräften“ würde ich zwei Punkte besonders hervorheben: Die durch unsere PR-Heritage bedingte Themenkompetenz haben wir inzwischen mit unserem „Content Creation Center“ auch um eine robuste Planungs- und Produktionskompetenz ergänzt. Wir können also „Content“ umfassend anbieten. Zudem sind wir Netzwerker und Netzwerkdenker. In dieser Rolle treten wir auch als Navigatoren auf, in dem wir für die optimale Lösung eines Problems die richtigen Agenturen oder Personen zusammenbringen, sollten wir etwas nicht direkt umsetzen können. Unsere Kunden bekommen von uns keine Einbahnstraße, sondern ein weltweites Straßennetz aus Experten, Denkern und Machern.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Für uns ist Digitalisierung kein Tool, sondern ein Prozess. Ich durfte die digitale Transformation der Agentur in den letzten sechs Jahren hautnah mitgestalten und bin vor allem zu einer Erkenntnis gelangt: Sie wird niemals enden. Ein wichtiger Meilenstein war für uns aber der Aufbau des erwähnten „Content Creation Centers“, in dem wir vornehmlich digitale Planungskompetenz mit multimedialen Produktionseinheiten vereint und der gesamten Agentur zentral zur Verfügung gestellt haben. Zu wissen, dass wir Ideen auch erlebbar und nahezu vollständig Inhouse umsetzen können, hat zu sehr wichtigen Dynamiken in den Denkprozessen und Mustern unserer Kundenberater geführt. Es macht einfach noch mehr Spaß, wenn man Teil eines Entstehungsprozesses ist.

Zugleich haben sich aber dadurch auch unsere Jobprofile massiv verändert. Denn zu den klassischen Beratern oder Konzeptern gesellen sich nun Spezialisten wie Multimedia Producer, Regisseure, Data Scientists, Art Direktoren, Cutter und UX-Designer. In Hinblick auf unsere Herkunft bedeuteten diese neuen Jobprofile einen wichtigen Schritt hin zu der Full-Service-Agentur, die wir heute sind. Wenn ich zurückblicke, ist das schon sehr erfrischend und befruchtend. Zudem testen wir derzeit agile Strukturen und Prozesse, um aus unseren Talenten das Bestmögliche herausholen und dadurch schneller reagieren zu können, wenn es um die Adaption neuer Trends und Technologien geht. Zusammengefasst: Talent, Agilität und Geschwindigkeit sind die zentralen Erfolgsfaktoren für eine digitale Transformation.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Ich glaube, dass wir einen kulturellen Wandel benötigen. Die vielzitierte „German Angst“ bremst hierzulande immer noch wichtige Entwicklungen. Ein gesundes Maß an Skepsis sollte es zwar geben, wir sollten uns aber wieder auf unsere Wurzeln besinnen und mehr ausprobieren, wieder mehr Erfinder sein. Außerdem ist die „Kultur des Scheiterns“ bei uns nicht so stark verankert wie etwa in den USA. In Deutschland wird der Gründer eines gescheiterten Start-ups eher mit belehrendem Blick in seine Schranken zurück gewiesen, während in den USA sein Mut gefeiert und das Scheitern nahezu als notwendiges Element seiner Erfolgsgeschichte angesehen wird. Wir aber wähnen uns lieber in Sicherheit und planen mögliche Szenarien weit im Voraus, um die Erfolgschancen zu maximieren. Manchmal muss eine gute Idee aber einfach nur sehr schnell auf die Straße gebracht werden. Wir sind dann oftmals einfach zu langsam oder hinken hinterher.

Der Staat muss an dieser Stelle noch dazulernen. Er muss uns einen fruchtbaren Boden für diese Gründerkultur ebnen und die Medien- und Problemlösungskompetenz seiner Bürger gezielt fördern. Nur so generieren wir mehr Innovationen „Made in Germany“ und schaffen gleichzeitig eine mündige Gesellschaft, welche diese offen aufnimmt, anstatt sich dagegen zu wehren.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Eine verbesserte Infrastruktur, Zugang zu patenten Investoren und Talenten sind mit Sicherheit drei wichtige Faktoren. Das steht dann aber auch im engen Zusammenhang zu meiner vorigen Antwort.

Herausforderung für unseren Markt:

Die digitale Transformation und digitale Dienstleistungen sind für uns schon jetzt zentral. Sie führen auch zu einer immer stärkeren Konvergenz in den Leistungsangeboten von Agenturen. Wir haben es also mit einem sehr dynamischen Markt zu tun, in dem wir nicht nur mit PR-Agenturen, sondern auch mit Werbe-, Digital- und Corporate Publishing Agenturen, mit Verlagen und Plattformen in Konkurrenz stehen. Ich bin gespannt, welche Allianzen sich in Zukunft noch bilden werden.

Der sogenannte „War for Talents“ ist eine weitere zentrale Herausforderung für alle Agenturen. Wir arbeiten intensiv daran, dass es wieder „cool“ ist, in einer Agentur zu arbeiten.

Herausforderung für unsere Firma:

Alle bisher beschriebenen Herausforderungen, seien sie wirtschaftlicher, politischer oder gesellschaftlicher Natur, haben immer auch Einfluss auf unser Unternehmen. Wir leben ja in keinem abgeschirmten Mikrokosmos. Wir müssen uns erfolgreich als attraktiven Arbeitgeber für die richtigen Talente positionieren. Wir müssen unsere Kompetenzen stetig ausbauen und festigen und dabei in unserer Arbeitsweise noch agiler werden. Wir müssen schneller werden, ohne uns zu weit von der Realität unserer Kunden zu entfernen.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Das Internet lebt durch die Menschen. Ich ärgere mich über sie oder freue mich mit ihnen.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

http://www.fastcompany.com/ wegen der guten Mischung aus Business, Technologie und Kreativität

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat

https://medium.com/backchannel/a-teenagers-view-on-social-media-1df945c09ac6 ist schon ein wenig her, aber ich mag vor allem die persönliche Perspektive, die sich teilweise auch in meinen Gesprächen mit der jüngeren Generation bestätigt hat.

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

http://trustmeimlying.com/

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast 

http://www.ted.com/ genauer anzuschauen und einmal live bei einer TEDx Veranstaltung zu sein. Sie gibt es in Deutschland auch inzwischen „live“ in Berlin, Hamburg und München. Sehr inspirierend.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit (außer dem Kopf 😉

https://www.toggl.com. Wer seine Zeiten in SAP erfassen muss, wird es verstehen.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Ich lerne täglich verschiedenste Dinge von allen meinen lieben Kollegen 😉