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Interview mit Dr. Helfried Schmidt – pt-magazin.de / OPS Netzwerk

Dr. Helfried Schmidt pt-magazin.de / OPS Netzwerk

Wer ist Dr. Helfried Schmidt? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Bis 1991 war ich an der Universität Leipzig, hatte dort Lehrer für Mathematik und Physik studiert und in Mathematischer Psychologie promoviert. Dann ging ich „in die Wirtschaft“, lernte wieder von Null an und gründete später ein Magazin und einen Wirtschaftswettbewerb. Beides führe ich seit fast 20 Jahren gemeinsam mit meiner Geschäftspartnerin Petra Tröger. Der Wettbewerb wird bereits zum 22. Mal ausgeschrieben und wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Das mach‘ ich nicht, meine Spleens verrate ich nicht. Vielleicht nur so viel: Beim Sport bin ich etwas aus der Art geschlagen, ich verstehe nichts von Fußball, ich bin daher auch kein Sportfan. Ich bin eher der musische Typ, ich kann stundenlang Platten hören von Bach bis Rammstein, Bücher lesen – sogar Gedichte – oder mich an Bildern begeistern.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Großer Preis des Mittelstandes“, den wichtigsten Mittelstandswettbewerb Deutschlands. Das PT-Magazin ist das offizielle Informationsmagazin des Wettbewerbs. Offenbar können wir uns gut in mittelständische Unternehmen einfühlen. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, für mehr Respekt und Anerkennung zu werben. Das können wir offenbar tatsächlich  gut. Dafür erhielten wir auch das Bundesverdienstkreuz. Mit Begriffen wie Super-Power bin ich immer vorsichtig. Sagen wir, das ist unsere Stärke.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Vor einigen Jahren hatten wir einen Gast, der ähnliche Wettbewerbe in einem bekannten Verlag organisiert. Wir waren damals im 13. Wettbewerbsjahr mit rund 3.000 nominierten Firmen. Er wurde im Laufe des Galaabends der Preisverleihung immer blasser. Dann brach es aus ihm heraus: „Ich weiß gar nicht, wie Sie das machen. Wenn wir einen Wettbewerb ausrufen, dann beginnt nach zwei oder drei Jahren Hype eine Flaute und wir müssen uns einen neuen Wettbewerb ausdenken. Und Sie machen das schon seit 13 Jahren, der Saal ist voll, auch diejenigen die nicht ausgezeichnet wurden, haben glückliche Gesichter und es herrscht eine großartige Atmosphäre!“

Wie also machen wir „das“? Teilnehmer sagen, dass sie bei uns  „Herz und Seele“ spüren. Wir stehen mit den mittelständischen Teilnehmern auf einer Stufe, wir erheben uns nicht über sie. Und wir kennen ihre Probleme, und das strahlen wir aus, das macht uns authentisch. Natürlich haben wir auch vor  ein paar Jahren ein Onlineportal entwickelt, ohne das die Organisation des Wettbewerbs mit tausenden Teilnehmern in unterschiedlichen Berechtigungen (nominiert, nominierend, Servicestelle, Juror, 12 Wettbewerbsregionen …) nicht mehr möglich wäre. Nun, inzwischen haben wir das 21. Jahr abgeschlossen, mit inzwischen über 5.000 nominierten Firmen, 200 ehrenamtlichen Mitstreitern in der Stiftung, 50 regionalen Servicestellen bundesweit vor Ort.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Der Investitionsstau – Beispiel Breitbandausbau – ist ein nicht zu unterschätzendes Problem. Die Breitbandverfügbarkeit wird in Zukunft so wichtig werden wie ein Autobahnanschluss vor 30 Jahren. Hier darf der Staat nicht aus seiner Pflicht gelassen werden. Steuern bekommt er schließlich soviel wie nie zuvor. Zu den Herausforderungen gehört auch das Lösen völlig überzogener Regulierungen. Es ist ein Irrweg, alles für verboten zu halten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Ein Teil der Gelder, die für die Begründung, Verabschiedung und Kontrolle überflüssiger Gesetze verbraten werden, würde reichen, um viele wirkliche Probleme zu lösen.

Ich glaube nicht, dass es die vieldiskutierte Abhängigkeit von großen digitalen Monopolisten dauerhaft ist. Das ist immer nur ein temporäres Problem. Das kann man in anderen Branchen gut verfolgen. Selbst ein Konzern wie VW ist nicht davor gefeit, sich praktisch selbst zu zerlegen. Innerhalb weniger Jahrzehnte sind in Fußball und Formel 1 wirtschaftliche Weltkonzerne entstanden. Zu große Macht steht sich immer irgendwann selbst im Weg. Das kann man bei Blatter und Ecclestone schön beobachten. Ich bin da optimistisch: Google ist noch keine 20 Jahre alt, Facebook noch nicht mal 15! Keiner weiß schon heute, was in den nächsten 20 Jahren entstehen wird. Aber sicher ist: Es wird wieder vieles Neue kommen!

Herausforderung für unsere Firma:

Deren größtes Problem ist es, mit der Innovationsgeschwindigkeit Schritt zu halten, den Anschluss nicht zu verlieren, die Chancen nicht zu übersehen, ein Gefühl für die neuen Risiken zu entwickeln. Das gelingt natürlich mit  jungen Leuten besser, die mit dem Internet und neuen Technologie aufgewachsen sind.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Ich finde „das Internet“ einfach grandios. Noch nie zuvor war es so einfach, sich zu informieren. Noch zuvor war der Spruch richtiger, dass ein Weiser von seinem Schreibtisch aus mehr sieht als ein Narr auf einer Weltreise. Dass das Internet nicht nur der Verbreitung von Weisheiten dient, sondern auch von Dummheiten, ist halt der Preis. Ich finde den Wert viel größer als den Preis.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

http://www.rolandtichy.de des ehemaligen Chefredakteurs der Wirtschaftswoche und Vorstandsvorsitzenden der Ludwig-Erhard-Stiftung Roland Tichy.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (wenn Web, bitte mit URL)

http://www.pt-magazin.de/newsartikel/archive/2015/september/08/article/die-claytec-szekessy-story.html

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

Erich Jantsch, Die Selbstorganisation des Universums – Vom Urknall zum menschlichen Geist, Hanser Verlag 1992

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

Auf den Frühjahrskonferenzen und Wirtschaftsforen der Oskar-Patzelt-Stiftung konnte ich tolle Referenten erleben wie Günter Ederer, Carlos Gebauer, Roger Rankel, Martin Limbeck, Christian Kalkbrenner. Was ich dazu gelernt habe? Wie ein Brunnen Wasser für Durstende hat, so geben mir die Biographien und Erzählungen solcher Menschen Anregungen zur Reflexion.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Ich finde kleine Bildbearbeitungshilfen wie das Snipping Tool oder Paint.net ungeheuer hilfreich.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding-Zentrum für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin, dessen Buch „Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition“ erklärt, was Managementdenker Reinhard K.- Sprenger im Mittelstand sieht: „… dass dort renitente Reste des gesunden Menschenverstandes tapfer verteidigt werden.“