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Interview mit Arthur Landwehr – Südwestrundfunk (SWR)

Arthur Landwehr SWR SüdwestrunkfunkWer ist Arthur Landwehr? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Südwestrundfunk. Zuständig einen großen Teil der journalistischen Information im Hörfunk, darunter Wellenchef SWRinfo, Fachredaktionen, Korrespondenten im Ausland und Berlin, Zentrale Information mit Nachrichten und aktuellen Sendungen, Online-Nachrichten und Social Media Nachrichten überregional.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Skifahren im Winter und ohne Agenda aufs Meer schauen im Sommer. Fan des SC Freiburg. Verschlinge „House of Cards“ und noch lieber „Homeland“.

Aus der bisherigen Vielfalt und Freiheit des Netzes könnten neue Monopole entstehen.
[Arthur Landwehr]

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir produzieren Hörfunk, Fernsehen und Online – und das oberste Prinzip heißt Qualität. In der journalistischen Information bauen wir auf Vertrauen – denn die Menschen wollen in einer kompliziert gewordenen Medienwelt der Überinformation Verlässlichkeit und Sicherheit. Sie wollen, dass Informationen recherchiert sind und stimmen. Sie wollen eine Einordnung nach Relevanz statt eines wilden, ungeordneten Angebots. Aktualität und Regionalität sind unsere „Selling Points“, das heißt Nachrichten und aktuelle Information aus der ganzen Welt mit den Menschen im Südwesten im Kopf. Dazu verlässliche Information aus dem Südwesten.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Die größte Herausforderung war und ist, dass unser Publikum seine Informationen auf unterschiedlichen Wegen und Plattformen holt, die sich immer wieder verändern. Schon früh haben wir damit begonnen, die den Menschen vertrauten Marken in den digitalen Angeboten des SWR zu spiegeln und dabei die gleichen Standards an Qualität und Verlässlichkeit anzulegen. Bezogen auf die journalistische Information heißt das, dass wir Nachrichten heute plattformbezogen aufbereiten, also die wichtigen Themen mehrfach so gestalten, dass sie sowohl für die Zielgruppe als auch das Medium perfektioniert sind. Ein Beispiel dafür sind die „News for Natives“, die Onlinenachrichten auf den Webseiten von SWR3 und DasDing. Diese ergänzen perfekt die Nachrichten On Air; wer etwas hört, kann weiter schauen und lesen und dabei am Gehörten anknüpfen. Wir experimentieren mit neuen Plattformen, verwerfen oder integrieren – je nach Erfolg und Publikumsbedarf.

In Zukunft wird sich der ganze SWR in seiner Organisation den neuen multimedialen Arbeitsweisen auch in der Struktur anpassen. Dann steht immer das Thema im Mittelpunkt, nicht der Ausspielweg. Die Wertschöpfungskette jedes Themas wird noch stärker auf die unterschiedlichen Ausspielwege hin ausgelotet und die Produkte auf die User-Plattformen abgestimmt.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Die größte Herausforderung für die Gesellschaft ist nach meiner Einschätzung die „Facebookisierung“ der Information. Menschen bekommen nur noch Informationen und Meinungen, die sie vorher „geliked“ haben. Konfrontation mit Unbekanntem oder Reibung mit anderen Meinungen findet immer weniger statt. Digitale Medien, von Facebook über Musik-Streaming-Dienste bis personalisierte Nachrichten-Apps liefern nur noch das, was die eigene Haltung und den eigenen Horizont bestätigt. Das führt zu inhaltlicher Verarmung, lähmt Kreativität und Diskurs. Die aber sind für Fortschritt notwendig.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Wir werden uns damit auseinandersetzen müssen, dass neue Gatekeeper entstehen. Die filtern nicht mehr nach Themen oder Informationen, sondern nach Anbietern. Erfolgreich und wahrgenommen wird nur, wessen App von Google oder Apple akzeptiert und platziert wird. Aus der bisherigen Vielfalt und Freiheit des Netzes könnten neue Monopole entstehen.

Herausforderung für unseren Markt:

Nachrichten und Information sind ein gutes Geschäft geworden. Gleichzeitig ist journalistische Information ein sehr kostenintensives Feld, wenn man hohe Qualitätsstandards anlegt und Wert auf Authentizität legt. Letztere konkurriert aber im Netz mit kopierten Billignachrichten, die einem großen Teil des Publikums reicht. Wir haben als öffentlich-rechtlicher Anbieter das Privileg, Qualitätsjournalismus anbieten zu können, ohne ihn durch Werbung refinanzieren zu müssen. Die neue Vielzahl an Ausspielwegen und Plattformen erhöht aber dramatisch die Sekundärkosten zu Lasten der eigentlichen journalistischen Arbeit.

Herausforderung für unsere Firma:

Die Akzeptanz eines öffentlich-rechtlichen Medienangebots muss Tag für Tag neu errungen werden. Obwohl sowohl die reale Mediennutzung als auch Umfragen deutlich zeigen, dass das öffentlich-rechtliche Programm in Hörfunk, Fernsehen und Internet gewollt ist und höchstes Vertrauen genießt, wird öffentlicher Druck erzeugt. Da sind die Interessen von Mitbewerbern, die möglichst schwache Konkurrenz wollen und dafür ihre eigene publizistische Macht einsetzen. Und da ist die Politik, die glaubt mit ein paar Cent Beitragssenkung Stimmen sammeln zu können. Das bringt uns häufig in die Defensive und verdeckt, wie arm die deutsche Medienlandschaft ohne das öffentlich-rechtliche Angebot wäre.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Mich ärgert und beunruhigt der Verlust der Diskussionskultur durch die Anonymität des Internets. Da wird häufig eine Sprache genutzt, die jeden Respekt und jede Kultur der Auseinandersetzung vermissen lässt. Form und Sprachgebrauch zeigen deutlich, dass sich hier zunehmend ein bildungsfernes Milieu tummelt. Die Folge ist, dass es dieses Milieu ist, das stilbildend wirkt und der Zivilgesellschaft nachhaltig schaden kann. Ich wünsche mir Kommentare mit offenem Visier, die das Ziel der Verbesserung, nicht der Zerstörung haben.

Das Internet selbst ist als Werkzeug insgesamt eine Freude. So viel mehr an Ausdrucksmöglichkeit, so viel mehr an Wissen, an schneller Information. Vor allem auch an Vergleichsmöglichkeit und damit Souveränität als Bürger und als Verbraucher.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Ich lese seit Jahren den epd Mediendienst. Wie seit Jahr und Tag auf Papier, im gleichen Format und bestens informiert.

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

Das inspirierendste Buch für mich als markenverantwortlichen Manager ist: Howard Schultz: „Wie Starbucks ums Überleben kämpfte, ohne seine Seele zu verlieren“. In keinem anderen Buch habe ich so eindrücklich und nachvollziehbar gelesen, wie sehr Publikum und Markenidentität zur Einheit werden müssen, um erfolgreich zu sein. Für Schultz geht es dabei nicht nur ums Produkt allein, sondern um jedes Element, das zum Produkterlebnis dazu gehört. Ein zentrales ist da die Haltung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das zu erreichen erfordert viel Arbeit und Liebe. Das verkörpert Schultz.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

http://www.newsxchange.org/news.html

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Und außer Google und Wikipedia? Mein Smartphone (iPhone 5) wollte ich nicht mehr missen. Immer informiert, immer im Daten- und Informationsfluss. In jeder Situation schnell mit einem Telefonat etwas klären. Aber auch: schnell mal einen Gruß für den Tag mit meiner Frau austauschen. Oder einfach Lieblings-Musik hören, wenn die Fahrt nach Hause noch dauert.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Ich würde gern einen Tag Jürgen Klopp bei seiner Arbeit mit der Mannschaft begleiten. Letztlich ist unsere Aufgabe als (Medien-)Manger seiner sehr ähnlich. Wir trainieren unsere Teams für Ihre Aufgaben, müssen jeden an den Platz bringen, wo er sich wohlfühlt und dem Team am meisten nützt. Wir haben auch den Job, ihnen zu helfen, zum richtigen Zeitpunkt Höchstleistungen zu erbringen. Und gelegentlich eine Niederlage wegzustecken. Klopp ist darin Maßstab.