interview

Interview mit Thomas Knüwer – kpunktnull

Thomas Knüwer kpunktnullWer ist Thomas Knüwer? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

www.gotorio.de). Außerdem gibt es da eine journalistische Vergangenheit mit 14 Jahren in der Redaktion Handelsblatt und als Gründungschefredakteur der deutschen Wired.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich bin Dauerkartenbesitzer beim großartigsten Fußballverein der Welt, dem SC Preußen Münster. Block B, Reihe 11.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir beraten Unternehmen aller Größen und Branchen – von Opel bis zum Juwelier Wirnshofer – in digitalen Fragen. Einerseits erarbeiten wir Produkt-, Marken und Unternehmensstrategien, andererseits betreiben wir Social Media-Präsenzen.

Wir wollen keine Superpower haben. Mit solchen Begriffen werfen die eher Unseriösen unserer Branche um sich.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Für Schwarzkopf konzipierten wir im Rahmen einer Digitalstrategie eine Herangehensweise an das Thema Homepage, die noch heute als stilbildend für den Bereich Content Marketing gilt – obwohl jener Begriff damals noch unbekannt war.

In einer ersten Analyse stellte sich heraus, dass es in Deutschland jeden Monat 16 Millionen Google-Abfragen zu Haarthemen gibt – doch in unter 5% davon werden Marken genannt. Außerdem gab es keine Anlaufstelle für Haar-Interessierte.

So entstand eine Marken-Homepage, die Produkte in den Hintergrund stellt zugunsten journalistischer Texte zu Themen wie Haarpflege, Haarstyling und Stars & Haaren. Außerdem verlinkt die Seite aktiv auf externe Seiten wie Blogs.

Der Erfolg: eine Verzwanzigfachung der Nutzung in weniger als einem Jahr. Und: Die Artikel bieten im Social Web ganz andere Kommunikationsanlässe, nämlich qualitative Diskussionen über markennahe Felder. So positioniert sich Schwarzkopf als kompetenter Ansprechpartner in seinem Bereich. Ganz nebenbei kletterte die Seite aus dem Nirvana der Google-Suchergebnisse teilweise bis auf Platz eins bei wichtigen Keywords.

Warum funktionierte dies so? Weil Schwarzkopf seine unmittelbaren Verkaufsinteressen zurückgestellt hat hinter die Interessen seiner Kunden und den Gegebenheiten im digitalen Ökosystem.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Wir hängen in Sachen Digitalität in Deutschland massiv zurück. Das betrifft die Wertigkeit des Themas in der Politik genauso wie die technische Ausstattung in Schulen und Hochschulen. Was wir dringend brauchen, ist eine kundige, gesamtgesellschaftliche Debatte über das digitale Zeitalter.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Jeder Informatiker weiß: das Schwerste ist die Vernetzung von Systemen. Genauso verhält es sich in der Wirtschaft insgesamt. Die „Netzwirtschaft“, „digitale Wirtschaft“, oder wie immer wir sie nennen möchten, muss sich stärker mit klassischen Branchen verflechten. Klingt einfach, ist aber immens schwer.

Herausforderung für unseren Markt:

Unser Markt ist die Beratung. Hier sind zu viele unseriöse Anbieter unterwegs. Wie man die erkennen kann? Zum Beispiel zeigen sie potentiellen Kunden das Social Media Prisma – das exakt überhaupt nichts aussagt – ohne eine ironische Bemerkung.

Herausforderung für unsere Firma:

Seit unserer Gründung 2009 sind wir in jedem Jahr gewachsen. Mitarbeiter zu finden, die Digitalkompetenz mitbringen, in der Lage sind, strategisch zu denken und zu beraten UND eine hohe Selbständigkeit mitbringen – das ist verdammt schwer.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Am meisten freut mich, dass sich immer wieder Menschen zusammentun, um anderen zu helfen. So wie jüngst, als ein Oldenburger Unternehmensberater Kai-Erik Fitzner schwer erkrankte und im Netz die Idee entstand, seiner Familie zu helfen, indem möglichst viele Menschen seinen 10 Jahre alten Roman „Willkommen im Meer“ kaufen. Ergebnis: Platz 1 der Amazon-Verkäufe.

Was mich ärgert: Dass wir in den Medien immer nur von den dunklen Seiten des Netzes hören und viel zu selten von Geschichten wie der von „Willkommen im Meer“.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Uns fehlt noch immer ein simpler, übersichtlicher und leicht zu bedienender Gruppenkalender über die Unternehmensgrenzen hinweg.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Immens wichtig sind für mich Aggregatoren wie Rivva.de und Techmeme.com.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)

http://www.spreeblick.com/blog/2015/07/02/krisenmanagement/#more-57829

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

„Writings on the Wall“, in dem Tom Standage zeigt, dass Social Media 2.000 Jahre alt ist, es bei diesem Thema also um menschliches Verhalten und nicht um technische Plattformen geht.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

Jedes Jahr wieder auf der SXSW, der größten Digitalkonferenz der Welt, in Austin und auf der re:publica in Berlin. Viel Spaß gemacht hat mir auch die TedX in Münster.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Ich könnte nicht ohne Zite, Pocket, Evernote und Slack.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum? Oder von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt?

Immer wieder mit Clay Shirky, einem der klügsten Menschen, die ich je treffen durfte.