Wer ist Carsten Thies? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.
Jahrgang 1966, Meine Stationen: BWL-Studium, VWL-Promotion, Roland Berger, Bertelsmann-Springer, Haufe Gruppe. Meine Tätigkeiten: Strategie-Projekte, e-Business-Projekte, Führungspositionen in Fachmedien- und Software-Unternehmen. Mein Hauptthema heute: Digitalisierung und Change Management.
Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.
Spleen? – Schwierig. Vielleicht meine Leidenschaft für ausgedehntes Frühstück am Wochenende – die meine Frau glücklicherweise teilt. Auch mit vier Kindern findet das bei uns sowohl am Samstag als auch am Sonntag meist im Zeitfenster zwischen 11 und 13 h statt. Das ist ein Luxus, Genuss und Entspannung. Nur die Aussicht auf eine schöne Unternehmung kann uns früher aus dem Haus treiben. Der Rest bleibt liegen.
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?
Haufe Gruppe ist führend im Wandel vom Fachverlag zum Anbieter digitaler Lösungen und Services mit denen wir unsere Kunden an ihrem Arbeitsplatz erfolgreicher machen
Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart?
Ein sehr anschauliches Best-Practice Beispiel der Haufe Gruppe ist für mich der Haufe Zeugnis Manager. Es ist ein besonders erfolgreiches Beispiel, wie es gelingen kann, auf Basis eines inhaltlich getriebenen Verlagsgeschäfts ein neues technologiebasiertes Online-Geschäft zu entwickeln. Kurz zum Produkt: Haufe hat im Rahmen seines Verlagsprogrammes für Personalmanager umfassende Inhalte zu Arbeitszeugnissen in allen Formaten angeboten: Loseblatt, Wissensdatenbank auf CD und Online sowie Buch. Auf Basis dieses Contents haben wir eine prozessorientierte Online-Software entwickelt, die alle beteiligten Akteure (Mitarbeiter der Personalabteilung, Linienvorgesetzter) Schritt für Schritt durch den Prozess führt. Der Zeugnistext wird dabei auf der Basis von den Bewertungen des Vorgesetzten automatisch aus Textbausteinen zusammengefügt. Anschließend lässt sich der erstellte Text noch frei editieren. Das Produkt kostet knapp 400 EUR pro Jahr. Die Umsatzentwicklung hat die Erwartungen an so eine spezielle Applikation weit übertroffen. Zwei lessons learned aus der Entwicklung des Haufe Zeugnis Manager:
Der Nutzer möchte keine Anleitungen lesen sondern seine Aufgaben möglichst unmittelbar erledigen. Optimal gelingt dies, wenn Fachinformation direkt in eine Applikation umgesetzt wird, die ihn Schritt für Schritt durch die erforderliche Arbeit führt.
Die Entwicklung des Haufe Zeugnis Manager war erst erfolgreich, als das Konzeptions- und Entwicklungsteam separat von den vorhandenen Organisationsstrukturen für das vorhandene Geschäft arbeiten konnte.
Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?
Eigentlich alles in der Haufe Gruppe dreht sich direkt oder indirekt um die Digitalisierung. Angefangen bei der Unternehmensstrategie über das Produktportfolio, die zahlreichen Projekte, die Vermarktung der Produkte bis hin zu Steuerung des Unternehmens und die Entwicklung der Unternehmenskultur. Es gibt weiterhin Printprodukte, aber in keinem Bereich ohne digitale Ergänzung oder digitale Alternative. Die Digitalisierung hat in allen Bereichen der Unternehmensgruppe erfolgreich Fuß gefasst und trägt bereits Früchte: Digitale Wissensdatenbanken, Integration von Content in Software, Wissensmanagement, Workflow-Tools, Talent Management, Online-Seminare, e-Books, e-Magazine und Apps.
Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
Deutschland ist heute eine der führenden Exportnationen der Welt. Es ist Chance und Herausforderung zugleich diese Position im Zuge der Digitalisierung zu verteidigen oder sogar zu auszubauen. Neue Technologien werden die wirtschaftlichen Gesetze, nach denen industrielle Märkte heute funktionieren, grundlegend ändern, Stichwort Industrie 4.0 aber auch 3D Printing, Biotechnologie, Klimawandel und Änderung der Energiequellen sind hier Treiber.
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Die große Herausforderung für die Netzwirtschaft ist aus meiner Sicht mitzuhalten und zu bestehen im Wettbewerb mit der Übermacht und Dynamik der Unternehmen aus dem Silicon Valley und den USA insgesamt. Und das gilt in den reiferen Märkten mit den Monopolisten genauso wie auch für junge Unternehmen in den neu sich entwickelnden Märkten. Das Internet bietet viele Chancen fördert aber auch die Konzentration und stellt schnell eine hohe Einstiegshürde dar. Leider sind die Märkte in Deutschland eher konservativ und zurückhaltend gegenüber neuen Lösungen und Angeboten, teilweise stören gesetzliche Regelungen.
Herausforderung für unseren Markt:
Bei der Software sehe ich als größte Herausforderung und Chance den Weg von den On-Premise-Lösungen in die Cloud zu meistern. Zum richtigen Zeitpunkt, die richtigen technischen Lösungen zu haben und im Markt erfolgreich zu platzieren. Beim Content ist es nach wie vor die Frage nach den funktionierenden Geschäftsmodellen eine große Herausforderung. In beiden Fällen sind erhebliche Investitionen erforderlich, die hohe Risiken beinhalten, ob und wann die Investitionen sich auszahlen.
Herausforderung für unsere Firma:
Die zahlreichen Investitionen in neue Produkte gleichzeitig zu stemmen, finanziell und personell und sie im Markt erfolgreich zu machen.
Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?
Geärgert: Lange Ladezeiten oder gar kein schnelles Internet aufgrund schwach ausgebauter Netze und ständige Log-ins mit über 200 Logins, die ich in Keepass verwalte. Besonders Gefreut: Google Earth – fasziniert mich.
Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest Du gerne von einem Start-up gelöst bekommen?
Wie wär es mal mit einem intelligenten Algorithmus für´s Zeitmanagement beruflich und privat, der mir ausgehend von meinen Terminen im Kalender rechtzeitig die Vorbereitung bzw. Bearbeitung meiner Aufgaben vorschlägt, so dass ich sie gut abarbeiten – oder auch ablehnen kann?
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
Crunchbase, kurz und knapp, wer finanziert welche Start ups mit welchen Geschäftsideen.
einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)
ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat
Curt Coffman
The Innovator’s Solution, Clayton Christensen und Michael E. Raynor
eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast
Zum Thema Strategie und Führungskultur finde ich zuletzt sehr spannend die Thesen von Matthias Kolbusa kombiniert mit dem Erfahrungsaustausch im Kreis von Top Führungskräften.
Für Business Themen finde ich immer inspirierend den Austausch mit Start ups. Dafür nehme ich mir gerne Zeit, sei es auf Kongressen oder Tagungen oder auch bei persönlichen Terminen.
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Meine Arbeit ist Management – dafür gibt es noch keine Software. Der Rest ist MS Office. Neu seit gut einem Jahr nutze ich MS Notes, seither arbeite ich wirklich papierlos. Sehr hilfreich ist auch die Diktierfunktion des iPhone.
Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum? Oder von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt? Und was war das?
Bei der Konzeptentwicklung für Neuprodukte habe ich sehr viel durch die Zusammenarbeit mit Falk Übernickel vom ITMP St Gallen gelernt. Das ITMP unterstützt uns bei der Einführung von Design Thinking.
Viel gelernt für meine Management-Aufgaben habe ich immer wieder von Coaches mit systemischem Beratungsansatz.