Wer ist René Carl? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.
Ich sehe mich als leidenschaftlichen TV-Macher. Als Senderchef von ProSieben MAXX und Co-Senderchef von ProSieben habe ich das Privileg, Inhalte gestalten zu können, die viele Menschen Tag für Tag erreichen. Mein Handwerk als TV-Journalist habe ich in den 90er Jahren als Redakteur und Producer bei Formaten wie „Die Reporter“ oder „Welt der Wunder“ gelernt, bevor ich später als Chefredakteur, Strategy Officer und SVP auch in unterschiedlichen Managementaufgaben bei ProSiebenSat.1 die Facetten des TV-Geschäfts kennenlernen durfte.
Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.
Ich habe eine Leidenschaft für Reisen und Outdoor-Abenteuer. Ich bin einfach gerne draußen und offen für neue Erlebnisse. Zum Glück habe ich eine Frau, die genauso tickt, so dass wir gemeinsam Tauchen, Motorradfahren oder Klettern gehen können. Ich habe eine große Reiseleidenschaft, so dass auch meine beiden Kinder schon von Geburt an in den Genuss von Fernreisen gekommen sind und nicht genug davon bekommen können.
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?
ProSieben MAXX ist der vielfältigste Männersender im deutschen Fernsehen. Wir bieten High-Quality-Programm mit einem für einen kleinen Sender außergewöhnlichen Anteil an Erstausstrahlungen. Dabei zeigt ProSieben MAXX im Gegensatz zu anderen TV-Sendern, die vorrangig auf ein männliches Publikum ausgerichtet sind, Programme aus allen Genres. Zuschauer bekommen bei uns den Hollywood-Blockbuster genauso wie die US-Serie, herausragende Dokumentationen in HD-Qualität, unverwechselbare Eigenproduktionen und das größte Live-Paket an American Football aus der NFL, das es jemals im deutschen Free-TV gab. Gleichzeitig ist ProSieben MAXX der Sender mit dem größten Angebot an Animéserien und stark mit Sports Entertainment der WWE am Freitagabend.
Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?
Die ganze Power unserer Sendergruppe zeigt sich am Beispiel von „Galileo“. Wir haben „Galileo“ vom täglichen Wissensmagazin sukzessive zur 360-Grad-Marke aufgebaut. Dem Kern der Marke, dem täglichen Wissensmagazin auf ProSieben, gelingt es durch eventisierte Spezialausgaben immer wieder eine breite Aufmerksamkeit zu erzielen, z.B. wenn uns Moderator Stefan Gödde in Nordkorea eine von der Außenwelt abgeschottete Gesellschaft näherbringt. Doch es gibt „Galileo“ längst nicht mehr „nur“ als tägliches Wissensmagazin am Vorabend. Unser Spin off „Galileo Big Pictures“ erreicht in der ProSieben-Prime-Time hervorragende Quoten von bis zu 17,7 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern. „Galileo 360°“ ist als monothematische Verlängerung der Marke ein fester Anker in der Donnerstags-Prime-Time auf ProSieben MAXX. Eine besondere Rolle kommt auch der Website galileo.tv zu, die wir nicht als bloße Fortsetzung der Verwertungskette sehen. Die Website wird aus der „Galileo“-Redaktion heraus gestaltet, Themen werden hier auch web only recherchiert und umgesetzt. Daneben gibt es mit dem „Galileo Genial“-Magazin einen eigenen Jugendableger im Printbereich, ein Joint Venture mit Egmont Ehapa und verschiedene Lizensierungen im Spielebereich zusammen mit Clementoni.
Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?
Wir haben die Digitalisierung bei ProSiebenSat.1 in allen Bereichen umgesetzt und sehen dabei vor allem große Chancen. Bewegtbild ist im Netz stark gefragt und damit ist die Kraft der Fernsehinhalte ungebrochen. TV profitiert wie kein anderes Medium von der Digitalisierung. Unsere Inhalte und Angebote sind auf allen Plattformen und Endgeräten verfügbar, ob auf unseren Sender-Onlineseiten, in Deutschlands bekanntester Online-Videothek maxdome oder in unserer 7TV App mobil. ProSiebenSat.1 ist heute ein digitales Entertainment und eCommerce-Powerhouse, das in seinem Digitalbereich in den letzten Jahren rund 600 Mitarbeiter eingestellt und neue Geschäftsmodelle aufgebaut hat. Z.B. unser Multichannel-Geschäft mit Studio71.
Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
In Deutschland gibt es immer noch eigene Vorschriften und Gesetze fürs Fernsehen, die größtenteils aus dem letzten Jahrtausend stammen. Wir haben mehr mit Bürokratie zu kämpfen als reine On-Demand Medien. Besser wäre es, wenn endlich auch die Regulierung so konvergent werden würde, wie es die Medien und Mediennutzung schon sind.
Und was es an Regulierung zu viel gibt, gibt es an Strategien für den Netzausbau zu wenig. Deutschland ist hier bestenfalls Mittelmaß, was die Breitband-Versorgung angeht.
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Allianzen und Partnerschaften der hiesigen Marktteilnehmer gewinnen an Bedeutung. Wenn wir den internationalen digitalen Monopolisten Google, Facebook oder Amazon Paroli bieten wollen, braucht es in Deutschland mehr Zusammenarbeit der relevanten Player. Neue Allianzen müssen geschmiedet werden. Ein Zusammenschluss von Wirtschaft und Wissenschaft, der Schulterschluss von Mittelstand und industriellen Großunternehmen ist nötig, um Internetgeschäftsideen und junge Unternehmen zu fördern und die Fachkräfte im Land zu halten, statt ins Silicon Valley zu exportieren. Je stärker die Player hierzulande sind, desto schwieriger haben es die amerikanischen Internetkonzerne.
Herausforderung für unseren Markt:
TV ist das letzte Massenmedium ist. Print verliert seit Jahren signifikant an Reichweite. Kein anderes Medium – auch nicht YouTube – hat eine so hohe tägliche Nettoreichweite wie TV. Es ist unsere Aufgabe, diese Stärke und das Potential unseres Mediums immer wieder zu verdeutlichen. Inhaltlich ist es dabei unsere Aufgabe immer wieder neue Programme mit Eventpotential zu definieren und anzubieten.
Herausforderung für unsere Firma:
Uns gelingt es schon ganz gut, unsere TV-Marken in die digitale Welt zu überführen. Die veränderte Mediennutzung beschäftigt uns und natürlich machen wir uns auch täglich Gedanken, wie wir unsere Inhalte passgenau auf allen Plattformen anbieten können.
Auch junge Zuschauet sehen nach wie vor TV-Inhalte, sie nutzen sie nur teilweise über andere Kanäle. Und nicht zuletzt bleibt es für uns eine Challenge, Talente für unser Haus zu gewinnen und zu halten. Sowohl vor der Kamera, als auch bei den Machern dahinter.
Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?
Dank Internet und sozialer Netzwerke können sich Menschen heute einfacher und schneller organisieren als jemals zuvor. So konnte z.B. Flüchtlingen schnell, unbürokratisch und zielgerichtet geholfen werden.
Auf der anderen Seite ärgert mich die Anonymität, hinter der sich Hetzer und Radikale in sozialen Netzwerken verstecken und so mit ihren Hassparolen ungestraft Stimmung machen können.
Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest Du gerne von einem Start-up gelöst bekommen?
Ich heiße jeden mit offenen Armen willkommen, dem es gelingt, den automatischen TV-Sendersuchlauf zu vereinfachen. Solange der Sendersuchlauf z.B. die Gefahr bedeutet, vielleicht die gespeicherten Favoriten zu löschen, stellt er ein Hindernis für neue Sender dar. Die manuelle Sendereinstellung ist sehr komplex und keine wirkliche Alternative.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
DWDL.de. Dort finde ich die wichtigsten Medienthemen gut recherchiert und auf den Punkt gebracht.
einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat
Das Abenteuermagazin Free Men’s World listet 15 Kurzabenteuer auf, die man gleich um die Ecke erleben kann.
ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat
Autor Hank Whitmore erzählt in „CNN – The Inside Story“, wie es Ted Turner Ende der 1970er gelang, gegen den Widerstand der Branche und seiner Kollegen den ersten 24-Stunden-News-Channel der Welt zu gründen und damit das Nachrichtengeschäft grundlegend zu ändern. Es lohnt sich immer, für gute Ideen zu kämpfen.
eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast
Auf einer Strategiereise mit Managern unserer Gruppe wurde mir erst kürzlich vor Augen geführt: Aus der Geschichte lernen, heißt für die Zukunft lernen. Die viel zitierte „Disruption“ ist kein Phänomen unserer Zeit. Wer die Zeichen der Zeit ignoriert, war schon immer schnell aus dem Geschäft. Früher haben zum Beispiel erste Kühltechniken in Nordamerika den Absatz von Gewürzen als Geschmackskonservator einbrechen lassen. Die damaligen Marktführer hielten an ihren Geschäftsmodellen fest – und gingen unter. Ähnliche Anzeichen lassen sich in unserer Zeit vielfach finden. Was geschieht mit dem internationalen Warenverkehr, wie etwa Containerschiffe, wenn 3D-Drucker für jeden Haushalt einmal erschwinglich sein sollten? Wer sich nicht selbst verändert, wird verändert.
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Für mich ist mobiles Arbeiten essentiell und da geht nichts über Tablet oder Smartphone.
Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?
Mit Virgin-Gründer Richard Branson. Er ist unkonventionell und nicht immer unumstritten. Aber dieser Mann ist der Prototyp eines Unternehmers, ein Visionär, ein Abenteurer mit Mut und Geschick.