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Interview mit Michael Stühr – MarkStein Software

Michael Stühr MarkStein SoftwareWer ist Michael Stühr? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Seit knapp 30 Jahren in der Publishing-Branche (Software für Verlage) tätig und seit 1994 einer der beiden Geschäftsführer von MarkStein Software. Daneben seit fünf Jahren Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt im Bereich Informationswissenschaft.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich mag große, weitgehend leere Räume und das Licht von Glühbirnen. Damit kriege ich bei Frauen immer Probleme …

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

MarkStein Software mit dem systemischen Publizieren in Verlagen und Unternehmen, also Redaktions- und Publishing-Systemen. Wir haben in einer Zeit begonnen, als Print noch King war und wesentliche Abläufe wie Themen- und Blattplanung erstmals mittels Software umgesetzt. Dabei haben wir immer eigene, hochintegrierte Werkzeuge genutzt, um möglichst medienbruchfrei produzieren zu können. Das war zwar nicht Mainstream, aber wir haben mit unserem Konzept einige große Verlage überzeugen können. Diese produzieren und publizieren nun seit langem mit unseren Werkzeugen sehr effizient. Und dabei nicht nur Gedrucktes, sondern auch Web-Inhalte, E-Books und Apps.

Wir können Print am besten und sind damit vielleicht zurzeit ein bisschen unmodern. Aber zusammen mit den aktuellen Webtechnologien HTML5/CSS3 wird wieder ein Schuh draus. Wir arbeiten derzeit am intelligenten Zeitschriften-Layout im Webbrowser und das meint nicht nur ein bisschen Texteingabe sondern alles in echt. Wir wollen damit einen neuen Standard für Web2Print setzen und interessierten Webfirmen die Möglichkeit geben, sehr einfach und preisgünstig anspruchsvolles Print (PDF) in ihre Web-Lösungen zu integrieren.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Das ist zweifellos die Stiftung Warentest in Berlin. Hier hat man sehr rasch auf die Veränderungen in der Mediennutzung reagiert und die neuen Anforderungen konsequent systemisch umgesetzt. Seit 2003 werden dort Print- und Internet-Inhalte aus einer einzigen Quelle publiziert. Dazu haben wir eine spezielle Datenbank entwickelt, in der die Testergebnisse mit allen zugehörigen Parametern gespeichert werden. Sie ist die Basis für alle Tests in den Heften test und finanztest sowie der individuellen Test-Zusammenstellungen, die der Nutzer im Internet vornehmen kann („Produktfinder“). Die Produktdatenbank ist ein integraler Bestandteil des Publishing-Systems und das dürfte damit wohl einzigartig sein.

tango media produziert, sondern auch die Bücher, E-Books und Apps.

Das (Riesen-)Projekt zeichnet sich vor allem durch die reibungslose, immer konstruktive und zielorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten aus. Das war sicherlich der entscheidende Erfolgsfaktor.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wir sind quasi komplett digital, bis auf die Rechnungen, die kommen noch per Post.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Wo bleibt der Mensch und wollen wir das alles wirklich so? Gelingt es Netzwirtschaft und Industrie 4.0 wirklich, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder bleiben doch am Schluss zu viele Menschen auf der Strecke? Ich tendiere zu letzterem und mein altes linkes Gewissen hat starke Bedenken. Außerdem müssen wir uns angesichts offen liegender privater Daten und NSA dringend Gedanken machen, wie wir in Zukunft „Freiheit“ und „Privatsphäre“ definieren. Kurz gesagt, ein umfassender gesellschaftlicher Diskurs über die Ethik des Digital-Zeitalters ist dringend nötig.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Mein Eindruck ist, die Netzwirtschaft in Deutschland und Europa ist ganz gut aufgestellt, wiewohl ich befürchte, dass das Geld damit doch eher in Amerika verdient wird.

Herausforderung für unseren Markt:

Innovation, Innovation und nochmals Innovation. Der Investitionsstau in der Verlagsbranche und bei den Unternehmen ist immer noch gravierend.

Herausforderung für unsere Firma:

Schritt halten, Schritt halten, Schritt halten und unsere Kunden in der Nische gut bedienen. In der Softwarebranche legen die amerikanischen Konzerne gut vor und für eine (bewusst) kleinere Firma wird es in Zukunft deutlich schwerer, am Ball zu bleiben. Wir sind ja schließlich aus der Gründerphase raus, in der man mit verrückten Ideen Geld einsammeln kann, oder?

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Wir wären schon sehr viel weiter, wenn das Internet wirklich flächendeckend Breitband wäre. Ich habe Anfang des Jahrtausends in Vorträgen gesagt, wir schaffen bis 2008 die 30 Mbit flächendeckend, aber da habe ich mich doch wohl grundlegend geirrt. Inzwischen haben wir 2015 und es gibt immer noch zu viel Internet-Diaspora in Deutschland. Immerhin haben wir in unserem Büro seit ein paar Wochen eine 150 Mbit-Leitung per Kabel – die zumindest mal in echt um die 50 Mbit ausspuckt –, nachdem die Telekom seit fünf Jahren nicht in der Lage ist, mehr als 2 Mbit zu liefern. Das Büro befindet sich übrigens in einer Großstadt in einem Gewerbegebiet.

Am meisten freut mich am Internet, dass das Marketing mit den sozialen Medien so viel einfacher und effektiver geworden ist.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Wenn das Brot generell keine Kanten mehr hätte, die austrocknen, wäre das schon ein großer Schritt nach vorne.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Sieben Tage, sieben Nachrichten (das war jetzt der Werbeblock)

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat 

Can the Swiss Watchmaker Survive the Digital Age?

http://mobile.nytimes.com/2015/06/07/magazine/can-the-swiss-watchmaker-survive-the-digital-age.html

Sehr langer, äußerst spannender Artikel zur zweiten Revolution der Uhrenbranche in der Schweiz.

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Hagemann/Obermayr/Günther „Agiles Publishing“

Hier werden die Methoden der Scrum-Technik aus der Software-Programmierung auf den Bereich des Publizierens adaptiert. Sehr spannend und lehrreich. Das habe ich so noch nicht gelesen und viele neue Ideen, insbesondere für meine Seminare an der Hochschule, daraus gewonnen.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

Ich gehe eher weniger auf Veranstaltungen, da ich nicht der geborene Networker bin. Außerdem stelle ich immer wieder fest, dass auf Tagungen und Kongressen zu viel Marketing und zu wenig Inhalt geboten wird. Denn im Regelfall sind die Firmen der Personen, die die Vorträge halten, auch die Sponsoren und das hat für meinen Geschmack ein bisschen Geschmäckle.

Aber dann doch etwas: Vor einiger Zeit war ich auf einem Vortrag von Prof. Dr. Guenter Dueck, ehemaliger IBM Manager und jetzt Philosoph über die Zukunft des Arbeitslebens, der war sehr inspirierend. Näheres hier:
http://www.omnisophie.com

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Vielleicht ein bisschen arg langweilig: Immer noch Microsoft Word, denn damit schreiben wir nach wie vor die Rechnungen…

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Einen speziellen Namen habe ich nicht, aber einem richtigen Marketing-Profi würde ich schon gerne mal einen Tag lang über die Schulter schauen. Wir sind bei uns in der Firma alle mehr die Techniker und der ganze Marketing-Kram ist uns eher suspekt. Insofern können wir nur dazulernen.