Wer ist Ansgar Fulland? Bitte stell Dich doch mal kurz vor. Und damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch ein kleines persönliches Geheimnis von Dir.
Ich habe Jura studiert und das auch abgeschlossen. Nicht wirklich der klassische Einstieg in die Welt von Internet und Social-Media. Doch mich faszinierte Mitte der Neunziger die Möglichkeit, plötzlich Kontakt mit der ganzen Welt aufnehmen zu können. Parallel zu meinem juristischen Referendariat boomte die New Economy und ich setzte erste Webprojekte um, bei denen ich noch selbst HTML geschrieben habe. Mein größtes Projekt war mein eigenes. Eine Website über Vespas. Damals die größte die Welt mit mehr als 2000 Seiten einschließlich Bannerwerbung und vielen redaktionellen Beiträgen. Eigentlich ein früher Blog und pures Content-Marketing, wenn man es aus heutiger Perspektive sieht.
Während das Internet-Thema für mich immer spannender wurde, war ich Trainee in einem Energiekonzern und pendelte zwischen meinem Wohnsitz, Berlin, Brüssel und Bonn. Das war spannend und ich habe eine Menge über Menschen, Konzerne und mich selber gelernt.
Nach Abschluss des Traineeprogrammes landete ich fest im Konzern. Allerdings nicht in einer Rechtsabteilung, sondern als Projektleiter Internet. Eine wichtige Zäsur in meinem Leben.
Nach einigen Jahren im Konzern war mir Ende 1999 klar, dass sich Konzernstrukturen und das immer dynamischere Web nicht immer ideal verbinden lassen. Es folgte die Gründung von Trafo2 als „Internet- und Multimedia-Agentur“ aus dem Konzern heraus. Da begann die New-Economy gerade ordentlich zu kriseln. Doch wir hatten ein Konzept und haben uns durchgebissen. Fünfzehn Jahre später haben wir heute 13 Mitarbeiter und sind spezialisiert auf B2B-Webprojekte, Datenbanken und TYPO3.
Seit 2008 betreue ich als Referent das Seminar „Online-Marketing Kompakt“ für die Haufe-Akademie Freiburg. 2016 wird ein weiteres Seminar zum Thema „Corporate Blogs und Blogger Relations“ dazukommen. Ein Thema, das ich hochspannend finde.
www.teil-der-maschine.de über die deutsche Sportwagen- und Designikone schlechthin: Den klassischen Porsche 911. Da ich halbe Sachen nicht mag, ist der Blog Stand heute wohl die umfangreichste Plattform zu diesem Thema in der deutschen Szene. Seit 2014 arbeite ich außerdem als freier Autor für die Welt und PS.Welt – den Autoblog der Welt.
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma, wo liegt Eure Superpower?
Es ist erschreckend. Wir machen seit 15 Jahren das Gleiche: Erst nachdenken, dann Ideen entwickeln und saubere Konzepte entwickeln, Requirements definieren und erfolgreiche Projekte innerhalb des Zeit- und Budgetrahmens abliefern. Das klingt erst dann spannend, wenn man sieht, wie viel auch heute noch im Markt improvisiert wird. Und das angesichts immer komplexerer Anforderungen – nicht nur bei IT-Projekten.
Wir sind Berater und geben ehrliches Feedback zu den vom Kunden aufgestellten Konzepten. Auch wenn es weht tut. Ein Projekt, das nicht machbar ist, lehnen wir ab. Und wir verlieren manchmal sogar Kunden dadurch. Die klopfen dann oft nach einigen Monaten wieder an und fragen ob wir wieder für sie arbeiten würden, weil das Projekt vor die Wand gefahren ist. Das passiert.
Wer ist Euer typischer Kunde?
Ein typischer Trafo2-Kunde ist ein B2B-Unternehmen. Es gehört dem gehobenen Mittelstand an oder ist ein international agierender Konzern. Bunte Präsentationen und heiße Luft interessieren unsere Kunden nicht. Konzepte, langfristige Planungen, Zeitpläne, Struktur und Knowhow interessieren ihn sehr wohl, weil er weiß, was ihn langfristig nach vorn bringt.
Die Social Media Landschaft hat sich in den letzten Jahren immer wieder verändert. Facebook ist aber nach wie vor einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Social Media Kanal.
Welche Social Media Kampagne oder Social Media Post von anderen Unternehmen sollte man sich als “Best Practice” einmal anschauen?
Auch wenn ich eine sehr eigene Meinung zu großen Konzernen im Lebensmittelbereich habe, fand ich die schwedische Lidl-Kampagne zu „Bosses Mjölk“ absolut großartig. Auch deswegen, weil sie zeigt, in welcher Geschwindigkeit effektives Social Media Marketing heute selbst von großen Unternehmen betrieben werden muss. Da haben viele deutsche Unternehmen noch einiges aufzuholen.
Was sind Eurer Meinung nach die Top 3 „Do´s and Don´ts“ für´s Facebook Marketing?
Do´s:
Nischenthemen finden, die andere nicht haben
Experimentieren anstatt die ewig gleiche Schiene zu fahren, weil es funktioniert.
Don´ts:
Nicht interagieren. Deutsche Unternehmen sind zu häufig noch der Meinung, dass Facebook eine Zweitverwertungsplattform für Pressemeldungen ist.
Keine Ressourcen: Facebook und andere Social Media Kanäle werden in Deutschland allzu häufig vom Marketing-Stammteam „mitgemacht“. Das sind die Leute, die noch vor 10 Jahren einmal im Jahr die Hannovermesse und 12 Seiten Web zu betreuen hatten. Heute muss das selbe Team mal nebenbei noch sämtliche Social Media Kanäle betreuen, weil das Medium zwar wahrgenommen, aber nicht ernst genommen wird.
Den Praktikanten Facebook machen lassen, weil er ein digitaler Eingeborener ist.
Den Praktikanten nicht einzubeziehen, weil er von Marketing keine Ahnung hat.
Stell Dir vor, Du hättest 3 Wünsche frei, die Dir Mark Zuckerberg bzgl. Facebook erfüllen würde. Was wären die?
Endlich mal einen Usability-Experten dranlassen. Ich klicke auch nach Jahren mit Facebook heute noch dauernd auf die falschen Knöpfe.
Den Messenger in die App integrieren. Ich brauche nicht noch eine App
Überzeugender Datenschutz per Knopfdruck für die, die es sich bei Facebook wünschen. Es werden genug überbleiben, denen das Thema egal ist.
Social Media hat Kommunikation in den letzten Jahren stark verändert. Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
Die Geschwindigkeit der Gesetzgebung der Geschwindigkeit der Entwicklung in den sozialen Medien anpassen. Was machen wir mit der aktuell sich entwickelnden Ausländerhetze in den sozialen Netzwerken? Müssen wir uns darauf verlassen, dass Facebook die „bösen“ Seiten sperrt? Wenn das Strafgesetzbuch zwar Sanktionen bereithält, die Ermittler aber gar nicht in der Lage sind, entsprechende Sanktionen zu verhängen, läuft etwas schief.
Und abgesehen von den sozialen Medien sind Staat und Gesellschaft heute nicht mehr in der Lage, die Auswirkungen aktueller Technologien auf unser tägliches Leben abzuschätzen. Das gilt besonders im Hinblick auf Technologien, die viel noch für Zukunftsmusik halten, obwohl sie allgemein verfügbar sind. Ich denke an die Minidrohnen über meinem Haus, die durch regelmäßige Überflüge an eine Zentrale melden, welche Autos ich fahre und wann ich im Urlaub bin. Wird der, der dann bei mir einbricht, dann überhaupt noch ein Mensch sein oder schon ein ferngesteuerter Bot? Und wer landet für die Aktion im Knast? Plus – welche Polizeibehörde hat die Technologien, um solche Szenarios (und andere) überhaupt effektiv zu bekämpfen?
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Geschwindigkeit des Netzes in allen Regionen gewährleisten. Freier und schneller Zugang zum Internet sollte als Grundrecht wahrgenommen werden und als einer der Hauptwirtschaftsfaktoren. Das ist so wichtig wie eine Buslinie in ein kleines Dorf in Bayern. Ich korrigiere mich: Deutlich wichtiger, weil das kleine Dorf in Bayern womöglich demnächst Standort eines wichtigen weltbewegenden Startups sein kann, wenn dort schnelles Internet existiert.
Herausforderung für unseren Markt:
Schritt halten mit der Geschwindigkeit und Entwicklungen objektiv bewerten.
Herausforderung für unsere Firma:
Gute Leute (z.B. Programmierer) finden, die nicht nur programmieren können, sondern auch soziale Kompetenzen sowie ein Mindestmaß an Allgemeinbildung mitbringen. Die Defizite, die wir als Unternehmen schon seit Jahren spüren, sind meiner Ansicht nach gesellschaftlich verursacht. Das Bildungssystem bzw. die Gesellschaft krankt daran, dass der Erziehungsauftrag von den Eltern auf die Schulen verschoben wird, die dann wiederum ihrem Lehrauftrag nicht mehr entsprechen können. Die mangelnde Verantwortung der Eltern für ihren Nachwuchs (warum gibt es keine Führerschein für Eltern?) führt dazu, dass wir schon jetzt als IT-Unternehmen / Agentur eine Generation ausbilden sollen, für die Begriffe wie „Verantwortung“ Fremdwörter sind. Eigentlich selbstverständliche Grundkompetenzen und Kenntnisse müssen von uns erst noch vermittelt werden, bevor eine fachliche Ausbildung überhaupt begonnen werden kann.
Apropos Ausbildung. Die Berufsschulen haben den Anschluss an die Entwicklung im Web nach unserer Erfahrung in großen Teilen verloren. Hier würden wir uns mehr Kooperationen zwischen Schulen und Agenturen / IT-Unternehmen wünschen. Entsprechende Angebote – z.B. für kostenlose Weiterbildungsveranstaltungen – haben wir in der Vergangenheit mehrfach gemacht. Sie sind fast immer daran gescheitert, dass von Seiten der Schulen / der Lehrer die Bereitschaft fehlte, Zeit für solche Veranstaltungen zu investieren. Wie gesagt – es handelte sich um kostenfreie Veranstaltungen, die wir in unseren Räumlichkeiten angeboten haben. Sehr schade.
Meine Persönliche Herausforderung:
Als Digital Immigrant den digitalen Eingeborenen Dinge beizubringen. Die sich ständig beschleunigende Spirale der Entwicklung im Web und der Gesellschaft im Auge zu behalten, ohne dabei schwindelig zu werden.
Irgendwann mein Smartphone abzugeben und nicht dauernd mit dem iPad zu surfen.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog, auf dem Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
Allfacebook.de – gut, dass jemand versucht, bei Facebook den Überblick zu behalten.
gizmodo.com weil soviel Science-Fiction schon Gegenwart ist und man das wissen sollte.
einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat
Ich lese viel T3N. Spannende Themen, eng am Puls der Zeit. Respekt für das Format. (Ich habe keinerlei Verbindungen dorthin)
ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat
Calum´s Road – Roger Hutchinson – Wie ein schottischer Dickkopf sich selbst eine Straße baut. Ein Buch für alle, die ahnen, dass man den Weg zum Ziel manchmal selbst asphaltieren muss.
Mein Mann der Rennfahrer – Elly Beinhorn – Eine beeindruckende Frau schreibt über einen der besten deutschen Rennfahrer. Ein Leben zu Zeiten, in denen Technologie noch nach Sprit roch und die Welt umgekrempelt wurde.
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Mindmapping / MindJet Mindmanager und mein Passwortverwaltungsprogramm
Mit welchem Experten aus Deinem Fachgebiet würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?
Elon Musk. Weil er Regeln bricht und den Autokonzernen zeigt, wo sie längst sein könnten, wenn das Brechen von Regeln noch zu den anerkannten Management-Tugenden zählen würde.