Wer ist Marcel Kaffenberger? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.
In erster Linie bin ich ein leidenschaftlicher Gründer, Unternehmer und Familienmensch. Mein erster Berufswunsch war es, Unternehmer zu werden und das Fieber hat mich bis heute fest im Griff. Nach Ausbildung und Studium arbeitete ich einige Jahre als Director Marketing & Public Relations eines börsennotierten Medienunternehmens. 2007 machte ich mich dann mit der ersten Internetplattform selbständig, Nach deren Verkauf in 2011 folgten weitere Gründungen und Beratungstätigkeiten speziell für Gründer, Start-ups und Investoren.
Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.
Spleen? Einem selber fällt das ja meist erst als Letztes auf. Aber, das genaue Betrachten und sprachliche und mimische Karikieren von Menschen habe ich schon als Kind gemacht und führte nicht zuletzt auch zu dem beruflichen Tun, was ich heute mit GRÜNDERPILOT mache.
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?
GRÜNDERPILOT liegt in der Treffsicherheit der Persönlichkeitsanalysen von Gründern, Gründer-Teams und Start-up-Mitarbeitern. So wissen Investoren, in wen Sie investieren, Gründer-Teams werden bestmöglich zusammengestellt und in der Wachstumsphase werden auf Basis der Gründer-Profile die richtigen Mitarbeiter gefunden.
Ich habe bei international, national und regional erfolgreichen Start-ups aus diversen Branchen über mehr als ein Jahr lang eingehend verschiedene Faktoren analysiert: Mensch, Idee, Geschäftsmodell, Timing, Umfeld… und so einiges mehr. Das Ergebnis: Persönlichkeiten, nicht Fähigkeiten, entscheiden in erster Linie über unternehmerischen Erfolg.
GRÜNDERPILOT hat ein eigenes System entwickelt, die GründerDNA. Alle Erfahrungswerte sowie Analysen von „Best practice-Gründern“ sind in einer Datenbank gespeichert und stehen zum Abgleich zur Verfügung. Und da die weit verbreiteten Selbstauskunftstests viel zu kurz greifen, hat GRÜNDERPILOT in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsakademie Hannover eine auf die Bedürfnisse von Start-ups abgestimmte Online-Potenzialdiagnostik entwickelt, die zu ca. 60% Leistungswerte analysiert.
Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?
Namen können wir leider nicht nennen, weil wir von dem Vertrauen unserer Kunden leben. Aber soviel sei verraten: Als ein Start-up in große Schieflage geriet und sich die Frage stellte, ob man alles einstampfen solle, wurden wir von den Investoren gerufen. Vorab: die Geschäftsidee war gut ,und die Investoren zeigten Bereitschaft, noch weiter ins Risiko zu gehen. Was ergab die Team-Analyse? Die Gründer sprachen kaum mehr miteinander, sondern primär übereinander. Eine der Folgen: Unsicherheit, Lethargie und Distanz hatten Motivation, Innovation und Mut verdrängt. Wir schafften es, die Gründer wieder ins Gespräch miteinander zu bringen und dadurch sozusagen über Nacht brachliegende Ressourcen freizusetzen. Als wir das gesamte Team unter die Lupe nahmen, stellte sich heraus: Ca. ein Drittel war schlicht falsch besetzt, ein Drittel hatte innerlich gekündigt, und das verbliebene Drittel litt unter den Arbeitsbedingungen und performte weit unter seinen Möglichkeiten. Durch Um- und Neupositionierung konnte in kurzer Zeit ein motiviertes Team geschaffen werden. Das Start-up gibt es auch heute noch. Nicht ganz ohne Schwierigkeiten, aber mit wachsenden Zahlen und einer reellen Chance auf Erfolg.
Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
Kritisch sehe ich, dass die Menschen der enormen Innovationskraft der digitalen Revolution kaum noch folgen und Schritt halten können. Eine große Chance für den Konsumentennutzen sehe ich dort, wo traditionelle Branchen durch neue Anbieter innoviert werden (Stichwort: „Sharing Economy“), damit verbunden ist ein Wegfall von Arbeitsplätzen, den der neue Wirtschaftszweig über kurz oder lang auffangen muss. Unter dem Deckmantel von Teilen, Tauschen, Leihen, Weitergeben, Wiedernutzen, gemeinschaftlich Produzieren und Konsumieren verbirgt sich eine wirtschaftliche Härte, deren Folgen die Gesellschaft zu verkraften hat. Wünschen würde ich mir, dass mehr Länder aus Europa eine lebendige Start-up-Kultur aufbauen.
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Nach meiner Meinung sollte Europa große Eigenständigkeit im Denken und Innovieren beweisen. Und zu dieser Eigenständigkeit gehört auch der Mut, die eigenen Ideen mutig voranzubringen. Diesen Mut müssen dann nicht nur die Gründer, sondern auch die Investoren und der Staat durch flexible Regularien aufbringen. Wie sehr eine starre Regulierung das Aufkommen innovativer und geldbringender Start-ups verhindert, wird im Falle Griechenland deutlich. Ich glaube, dass eine wachsende Zahl von (Klein-) Unternehmen Deutschland und Europa gut täte.
Herausforderung für unseren Markt:
Big Data Analysen sind auf dem Vormarsch. Anhand von Sprachprofilen, Verhaltensanalysen etc. werden Persönlichkeitsprofile erstellt und Vorhersagen getroffen. Einige sind zwar eindrucksvoll in den Möglichkeiten, aber einen wirklichen Nutzen, beispielsweise in der Personalauswahl sehe ich darin aktuell noch nicht. Hier besteht eine Herausforderung, die technischen Möglichkeiten zu nutzen, ohne beim Auswahlprozess die Kriterien Sympathie, Bauchgefühl und Intuition gänzlich zu vernachlässigen.
Herausforderung für unsere Firma:
Für GRÜNDERPILOT erwarte ich eine zunehmende Diskussion über die Notwendigkeit von Gründer-Analysen in Anbetracht der immer wiederkehrenden Frage, ob der richtige Teamfit auch bei einem geplanten Exit nach bereits 2 bis 3 Jahren so wichtig ist.
Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?
Geärgert: die manchmal seelenlose Copy-Kultur Deutscher Web-Unternehmen und zu viel Datenmüll der Sozialen Medien („Hunger“, „diese Hitze“, „KREISCH“…).
Gefreut: geringe Markteintrittsbarrieren für gute Ideen; theoretisch unbegrenzte Möglichkeiten; der Zugriff auf unbegrenztes Wissen, wann immer ich dazu Lust habe; das Zusammenwachsen der Welt.
Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?
Eine App, die mich vor aktuellen Gefahren (Unfälle, Schlägerei, Unwetter, statistischen Gefahrenzonen etc.) warnt. Dazu habe ich vor drei Jahren mit zwei anderen Gründern ein umfangreiches Konzept entwickelt, aber leider nie umgesetzt. Seither hoffe und warte ich, dass endlich ein Start-up diese Idee realisiert.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
Interessante Artikel, Interviews und Tipps rund um Start-ups:
http://www.fastcompany.com
einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)
Zum Thema Griechenland:
http://www.theguardian.com/commentisfree/2015/jun/23/griechenland-eurozone-deutschen-einheitswahrung
Zum Thema Start-ups & Venture Capital: The Mind of Marc Andreessen
http://www.newyorker.com/magazine/2015/05/18/tomorrows-advance-man
ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat
Zum Thema „Unternehmergeist“ ist und bleibt meine Bibel: „Business ist wie Rock’n’Roll“ von Richard Branson.
eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)
Ich hoffe, der Vortrag von Reinhard K. Sprenger Anfang Oktober in Hamburg.
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Klingt langweilig, aber seit ich „Things“ verwende, vergesse ich nahezu kein einziges To Do mehr und kann abends mehr entspannen, weil ich weiß, dass ich alles fest geplant und im Griff habe.
Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?
Hätte nicht gedacht, dass es mir so schwer fällt, mich zu entscheiden. Vielleicht ein gemeinsames Projekt mit Morten Lund und Guy Kawasaki? Oder einen Tag mit Unternehmercoach Stefan Merath?