Just get 5% better every year. That’s plenty to leave your old self in the dust.
Charlie Munger, Berkshire Hathaway
Guten Tag,
die Stachelmakrele ist ein Raubfisch. Bei der Jagd kann sie hohe Geschwindigkeiten erreichen. Manchmal jedoch, da jagt sie nicht selbst, sondern begleitet einen Hai. Pilotfisch heißt sie dann. Weil einige Meeresbiologen meinen, dass sie den Hai zu seiner Beute führt. Sicher ist, dass sie ihn von Hautschmarotzern befreit und sich von dessen Speiseresten ernährt. Raubfisch, Pilotfisch und Hai. Es existiert noch eine weitere Lebensform. Und die macht Jagd auf den Hai. Über Unternehmen, Agenturen und Investoren – und wie die mit den digitalen Haien schwimmen.
Viel Spaß mit der 64. Ausgabe der Netzwirtschaft.
Beste Grüße,
Thomas Jahn
– frisch gefiltert in Berlin –
CHART DER WOCHE
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Folgt man dem durchschnittlichen, digitalen Nutzer bei seinem Online-Einkauf, dann führt kaum ein Weg an den großen 4 oder 5 der Netzwirtschaft vorbei: die Hardware läuft auf Windows, Mac OS / iOS oder Android und ist er erst einmal über Browser oder Apps online, dann inspiriert Facebook oder Youtube, die Produktsuche findet bei Google oder Amazon statt und gekauft wird dann ebenfalls bei Amazon. Die großen Ökosysteme der Netzwirtschaft und deren „Shark Alphas“. Quelle: Chris Dixon, Andreessen Horowitz
DIE NEWS DER WOCHE
Jour Fixe KW 17 /18
An die Börse. Facebooks Umsatz springt im 1. Quartal 2016 um 50% auf 5,3 Mrd. US-Dollar. Der Gewinn verdreifacht sich gegenüber dem Vorjahresquartal auf 1,5 Mrd. US-Dollar. Die Erlösquelle: mobile Werbung. Mittlerweile 1 Mrd. Nutzer sind täglich mit ihrem Smartphone auf Facebook aktiv. Amazon weist zum zweiten Mal in Folge einen Quartalsgewinn in Höhe von ca. 500 Mio. US-Dollar aus. Gewinntreiber sind vor allem die AWS. Jochen Krisch von Exciting Commerce vermutet dahinter taktische Maßnahmen, die die Aktionäre auf größere Investitionen – im Bereich Logistik? – vorbereiten sollen. Denn über Jahre reinvestierte Amazon die operativen Cashflows; die Gewinne lagen folglich bei Null. Rausgezoomt: Netzwerkeffekte, hohe Wechselkosten, … die großen weißen der Netzwirtschaft teilen den Markt unter sich auf. Aber wie schwimmt man denn nun mit denen? Und wie nicht?
SCHWERPUNKT: DIGITALSTRATEGIE
Oder wie man mit den Haien schwimmt
Think of the internet economic loop as a model train track. Positions in front of you can redirect traffic around you. Positions after you can build new tracks that bypass you.
Chris Dixon, Andreessen Horowitz via Project A Venture
Die einzelnen Ökosysteme der Netzwirtschaft – Inspiration, Suche, Kauf – sie existieren nicht isoliert voneinander, sondern sind durch das Nutzerverhalten miteinander verbunden. Amazon zum Beispiel ist eine Bedrohung für Google, denn wenn Online-Shopper erleben, dass der Einkauf bei Amazon einfacher und günstiger ist als bei anderen E-Shops, dann beginnt die nächste Produktsuche vielleicht nicht mehr bei Google, sondern direkt bei Amazon. Und je besser Facebook in der Lage ist, über Werbung Kaufanreize zu setzen, desto weniger Sinn machen Produktsuchen auf Google. Zwei Beispiele, eine Aussage: Die tektonischen Platten der Netzwirtschaft können sich verschieben. Gut, wenn man da sicher baut. Und dafür berücksichtigt man, so Chris Dixon, nicht nur das eigene Geschäftsmodell, sondern auch die eigene Funktion im Ökosystem. Great food for (macro) thought, meint Project A Ventures.
FOUNDEM, MSTAND & BUZZFEED
Raubfische der Netzwirtschaft
Diversification is protection against ignorance. It makes little sense if you know what you are doing.
Warren Buffett, Berkshire Hathaway
Erst neulich verwiesen wir auf eine Präsentation von Markus Fost, der uns zeigte, dass eine Kooperation mit Amazon ins Eingemachte gehen kann. Prompt reicht Bloomberg einen neuen Beleg hinterher: Der Hersteller „Rain Design“ verkauft seinen Notebook-Ständer seit mehr als einem Jahrzehnt über Amazon. 5 Sterne-Rating und 2.460 Kundenbewertungen inklusive. Nun gibt es das gleiche Produkt zum halben Preis. Der Hersteller: Amazon Basics.
Im April 2015 entschied die EU-Kommission, dass Google seine marktbeherrschende Stellung nutzt, um eigene Produkte in der Suche gegenüber denen der Wettbewerber zu bevorteilen. Der britische Preisvergleicher „Foundem“ zerlegt Googles Antwort auf diese Entscheidung in der nun folgenden Präsentation. Und die zeigt, wie spannend die Netzwirtschaft und, wie gefährlich das Schwimmen mit Haien sein kann.
Buzzfeed hingegen schwimmt nicht nur in einem Becken mit Facebook, sondern gleich mit einem ganzen Schwarm aus 45 Fischen. Mehr 1 Milliarde Videoviews erzeugt der Publisher (Producer?) im Monat, vor allem über ein weitreichendes Netzwerk aus Partnern, die die Buzzfeed-Videos ausspielen. Diversifizierung, denn sie wissen nicht, was sie tun? Eher: Schwarmverhalten als Strategie, um Reichweite auf die monetarisierten Videos zu bekommen.
CRITEO
Die Pilotfische der Netzwirtschaft
Zwei von drei Kunden haben „uncapped budgets“ bei uns und neun von zehn Kunden arbeiten dauerhaft mit uns zusammen.
Mit einem Umsatz von 1,2 Mrd. EUR (vor Traffickosten) bzw. 0,5 Mrd. EUR (nach Traffickosten) und einem Gewinn über 50 Mio. EUR in 2015 zählt Criteo längst zu den großen Pilotfischen – und die schwimmen mit Haien und nicht mehr mit Quallen. Das Herzstück der Pariser Re-Targeter ist eine Engine, die täglich hunderte Terabyte Daten analysiert und daraufhin individuelle Werbepreise ermittelt und in Echtzeit dynamische Werbemittel erstellt. So auch auf Facebook und Google. Das Netzwirtschaft-Interview mit dem Criteo-Europachef Gösswein.
Y COMBINATOR & BERKSHIRE HATHAWAY
Die Hochseefischer der Netzwirtschaft
Actually startups take off because the founders make them take off.
Paul Graham, Y Combinator
You’re looking for three things, generally, in a person: Intelligence, energy, and integrity.
Warren Buffett, Berkshire Hathaway
Raubfisch oder Pilotfisch – zwei Strategien im Umfeld digitaler Haie. Die dritte: angeln. Aus dem Wasser steigen, die See beobachten und an den entsprechenden Stellen den Haken ins Meer werfen. Am besten dort, wo das Geschäftsmodell bereits funktioniert. Oder aber dort, wo das Management auf Sicht dafür sorgen kann, dass das Geschäftsmodell funktioniert. Geschäftsmodell und Management – unser Sonargerät gab uns hierzu gleich zwei Ping: Paul Graham darüber, wie man ein neues Geschäft zum Fliegen bringt (gewinne neue Kunden „händisch“, lerne, was sie wollen und begeistere sie). Und Warren Buffett darüber, dass es nicht reicht, wenn das Management intelligent und ehrgeizig ist, aber die Integrität fehlt (sondern du einen solchen Manager wahrscheinlich im Gegenteil gerade nicht im Team haben willst).
ONE MORE THING
Wie man ein Unternehmen wie ein Flugzeug steuert
Just get 5% better every year. That’s plenty to leave your old self in the dust.
Charlie Munger, Berkshire Hathaway
Im Gegensatz zu Piloten, bei denen einmal gelerntes Wissen in der Praxis (hoffentlich) sitzt, vergessen wir Unternehmer und Manager regelmäßig, was wir gerade noch gelernt haben. Transmission Loss, so nennt Charlie Munger die Lücke zwischen Verstandenem und Umgesetztem. Wir reißen am Steuerknüppel und erwarten, dass die Maschine abtaucht? Dann wird es Zeit für Lernsystem, dass sich in der Flugpraxis bewährt hat: lernen, vereinfachen, ablegen und anwenden. Die Ausbildungsfächer: Analyse/Quantifizierung, Psychologie, Geschichte, Naturwissenschaften, Business und „second-level thinking“, also die Fähigkeit, das Offensichtliche zu hinterfragen. Wir versuchen das mal, 5% pro Jahr reichen uns als Argument – schon auf erster Ebene.
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