People began to imagine a world where the cost of capital could rise dramatically, and profits could come back in vogue.
Bill Gurley, Benchmark
Guten Tag,
Was war denn hier los? Muddy Waters kloppt auf das Digitalgeschäft von Ströer ein. Ein Lieferando-Gründer will Rocket Internet klein rechnen. Joshua Topolsky von „The Verge“ verwirft sämtliche Innovationen der Medienbranche. Und Bill Gurley von Benchmark knöpft sich die Venture Capital-Landschaft vor. Heiße Woche – Schein oder Sein?
Viel Spaß mit der 64. Ausgabe der Netzwirtschaft.
Beste Grüße,
Thomas Jahn
– frisch gefiltert in Berlin –
CHART DER WOCHE
Quo Vadis, Einhörner?
Der natürliche Trampelpfad des Einhorns führt an die Börse. Aber was macht so ein milliardenschweres Startup eigentlich, wenn der Weg dorthin versperrt ist? Ein ökonomisches System, das über Monate und Jahre Kapital aufgesaugt und Ressourcen aufgebaut hat, ist gefrässig geworden, braucht Nachschub. Die Alternativen zum Börsengang? Dirty Term Sheet, Downround, Massenentlassungen oder die besenreine Schlüsselübergabe diskutiert Bill Gurley von Benchmark (siehe unten).
Jour Fixe KW 16/17
Xing feiert 10 Mio. Mitglieder und bedankt sich mit einer Mail an die „Top 5% der bestvernetzten Mitglieder“ – und die geht viral. E-Mail Experte Rene Kulka von Optivo gefällt das Ego-Baiting.
EBay bekommt „nach 10 Jahren Lethargie und Einfallslosigkeit“ einen neuen Deutschlandchef. Stefan Wenzel (Ex Brands4Friends) übernimmt das Ruder. Überfällig, meint Jochen Krisch von Exciting Commerce.
Project A und Cherry Ventures legen in Berlin einen VC-Fonds über 120 Mio. € auf. Die Hauptstadt ist als Startup-Metropole mittlerweile an London vorbeigezogen. Arm, aber sexy? Bloomberg berichtet exklusiv.
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SCHWERPUNKT: SCHEIN UND SEIN
Muddy Waters vs. Ströer
Ströer Appears to Artificially Inflate EBITDA.
Muddy Waters, Hedgefonds
Harter Tobak, den der US-Investor da abschießt. Muddy Waters zweifelt die Richtigkeit von Ströers Zahlenwerk an und prügelt dabei insbesondere auf deren Digitalstrategie ein. Die tatsächlichen organischen Wachstumsraten würden deutlich unter den kommunizierten Werten liegen: eher 2% oder vielleicht 2,5% und nicht 20%, 30% oder noch mehr Prozent digitales Wachstum. In der Folge sinkt der Aktienkurs der Kölner um fast 20%; über 780 Mio. € Börsenwert wurden in der Spitze auf dem Papier vernichtet. Gut für die Amerikaner, denn die haben auf fallende Kurse gesetzt. Nur eine Short-Attacke? Muddys linker Haken auf Ströers schnelle Deckung.
E-COMMERCE
Lieferando vs. Rocket
Living in Australia at the moment I can only share my experience with being flooded with HelloFresh coupons day over day and ending up ordering for 30 consecutive weeks for free due to poor marketing.
Christoph Gerber, Lieferando
Früher machte man sich Sorgen um sein Geschäft, wenn Rocket Internet einen Markt enterte, in dem man selbst aktiv war. Das ist vorbei, meint Lieferando-Gründer Gerber. Denn mit den Abgängen von Alpar, Woijcik und Heinemann hatte das Rocket-Marketing einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verloren: präzises und schlagkräftiges Marketing. Westwing, Home24 und Hello Fresh – sie alle produzieren nicht nur hohe Verluste, sondern verlieren auch noch zahlende Kunden. Gerber zerlegt die Rockets Raketen in ihre Marketing-Bauteile und zeigt uns Soll-Bruchstellen.
DER DRITTE LINK
Auf einen Espresso mit Daniel Horzetzky von Newcast
Wenn Millionen von Menschen eine Dummheit behaupten, wird sie deswegen nicht zur Wahrheit.
Rolf Dobelli, 52 Denkfehler via Daniel Horzetzky, Newcast
Dieser „social proof“ ist einer der 52 Denkfehler, die uns Rolf Dobelli vorhält, damit wir sie nicht (immer wieder) machen. Geglaubt wird, was alle glauben. Aus einem solchen Denkmuster auszubrechen, erfordert eine gewisse Energieleistung. Langsames Denken. Daniel Horetzky verbindet im Auftrag der Postbank Technologie, Kreation und Media so miteinander, dass Banner eine Klickrate von 8,61% erhalten – das ist mehr, als wir eben noch glaubten.
MEDIA
Getretener Quark wird breit nicht stark
You have to make it great for someone.
Joshua Topolsky, The Verge
Bei endlicher Aufmerksamkeit der Nutzer, führt noch mehr Reichweite als Antwort auf sinkende Einnahmen pro Reichweite nicht schneller ans Ziel, sondern nur schneller an die Wand. Skalierung kann Nutzen nicht ersetzen. Und solange der Nutzer in der ökonomischen Gleichung des Mediengeschäfts fehlt, ist der Business Plan eben: unvollständig. Daran ändern Webseiten, soziale Medien, Apps, Newsletter, Real Time & Programmatic Advertising, Videos und Bots, … erstmal gar nichts. Vielleicht werden wir ja irgendwann erlöst von den Content-Spammern? Aber vorher wird’s blutig, meint der Gründer von The Verge über die Zukunft der Medien.
VENTURE CAPITAL
Einhorn 2016 – ein Brettspiel für Gründer und Investoren
People began to imagine a world where the cost of capital could rise dramatically, and profits could come back in vogue.
Bill Gurley, Benchmark
Wir schreiben das Jahr 2016. Luftige Papierbewertungen, massive Burn-Rates und ausbleibende IPOs bilden eine toxische Blase mitten im Startup-Ökosystem. Anlass für Bill Gurley, die Anleitung für das Einhorn-Spiel zu überarbeiten. Mit unterschiedlichen Akteuren (Gründer, Mitarbeiter, Investoren und Limited Partner), vielen Ereigniskarten (Dirty Term Sheet, Downround, Massenentlassungen sowie der äußerst seltenen IPO-Karte) und mit einer ganz neuen Spielfigur: dem opportunistischen Investoren-Hai. Long-Read für alle, bei denen die nächste Finanzierungsrunde gerade ansteht oder die jetzt noch gefragt werden, ob sie nicht in ein Einhorn investieren wollen.
ONE MORE THING
Das Beste zum Schluss
The development of technologies tends to follow an S-Curve: they improve slowly, then quickly, and then slowly again. And at that last stage, they’re really, really good.
Ben Evans, Andreessen Horowitz
Und genau dann, wenn eine Technologie ausgereift ist und es fast nichts mehr zu optimieren gibt, dann, ja dann: wird sie häufig durch eine neue ersetzt. Paradigmenwechsel. So geschehen zum Beispiel bei Segelschiffen (die Thomas W. Lawson war ein Siebenmastschoner), Flugzeugen (die Convair Peacemaker hatte nicht nur 6 Propeller, sondern auch gleich noch 4 Turbinen) … und bei Smartphones? Ben Evans möchte über Virtual Reality sprechen.
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+++ Danke, dass du die Netzwirtschaft liest & bis zur nächsten Woche! +++