Given the staggering scale of Amazon, every organization needs a strategy to address one of the greatest forces reshaping global retail.
Scott Galloway, NYU Stern
Amazon, you foul, horrible, profiteering enemies of civilization.
Maria Bustillos, The Awl
Facebook, Google, Apple und nun: Amazon. Der vierte und letzte Teil Reihe „Netzwerke & Plattformen“. Ein Digitales Workout in 3 Sätzen:
- Der Kunde im Visier
- Die Viele: Die Handelsplattform, das Medienunternehmen und der Web-Service Provider
- Maßnahmen zum Mitverdienen
Viel Spaß mit der 35. Ausgabe der Netzwirtschaft!
Beste Grüße,
Daniel & Thomas
– Gefiltert in Berlin –
BUSINESS
1. Der Kunde im Visier
We seek to be Earth’s most customer-centric company.
Jeff Bezos, Amazon (in: Amazon Geschäftsbericht 2014)
Wirklich beeindruckendes Umsatzwachstum. Exponentiell. Gewinne? Fast keine. Zumindest nicht im Verhältnis zum Umsatz. Denn so ziemlich jeder Dollar wurde in weiteres Wachstum reinvestiert. So sieht Skalierung aus!
Aber was wird hier eigentlich skaliert? Und wie beschreibt man ein Unternehmen, das nicht nur ein Geschäftsmodell hat, sondern gleich mehrere? Durch Aufzählung? Oder sucht man besser den gemeinsamen Nenner? Wir versuchen beides: Wie skizzieren Amazons Laufwege weiter unten, schauen uns aber vorher noch kurz den gemeinsamen Nenner an – der aus Laufwegen eher Trampelpfade macht.
„We seek to be Earth’s most customer-centric company.“ In etwa: Wir wollen den Kunden wichtiger nehmen, als jedes andere Unternehmen auf dieser Welt! Eine solche Ansage braucht nicht nur eine Übersetzung ins Deutsche, sondern erstmal eine in die Operative. Strategie-Lego mit 4 Bausteinen:
- Customer Obsession (anstelle von: Konkurrenzdenken)
- Passion for Invention
- Operational Excellence
- Long-Term Thinking
Solche Prinzipien bringen ja einige Unternehmen zu Papier. Aber die Entwicklung der Geschäftsmodelle unten wird zeigen, dass Amazon es ernst meint – und vor allem ernst macht.
2. Amazon, die Viele
2.1 Amazon, die Handelsplattform
„Customer Experience“ übersetzt sich im Massenmarkt vor allem in eine große Auswahl und tiefe Preise. In Verbindung mit einem der einfachsten Bestellprozesse der Netzwirtschaft steigen die Kundenzahlen. Das wiederum zieht neue Anbieter auf den Marketplace; so die Logik der wahrscheinlich erfolgreichsten Bierdeckelskizze aller Zeiten. Über 2 Mio. solcher Drittanbieter sind schon dabei und produzieren in etwa die Hälfte des Versandaufkommens. Die größte Shopping-Mall der Welt. Und sie alle nutzen die Infrastruktur des Handelsriesen, lagern ihre Waren zu einem guten Teil in dessen Lagern und verkaufen diese vor allem über den Amazon-Shop.
Das Produktangebot wächst, nichts, was es nicht gibt, die Konkurrenz auf dem Martkplatz steigt und Amazon reinvestiert die operativen Gewinne – die Cashflow-Marge liegt seit Jahren bei 6% bis 8% – in langfristig sinkende Kosten, z.B. durch vollautomatisierte Warenlager. Die Preisvorteile werden schon jetzt an den Kunden weiter gegeben, die kommen noch häufiger, und so weiter, … es ist ja ein geschlossener Kreislauf. Und ein „Race-To-The-Bottom“, ein Margen-Sturzflug und eine „Last-Man- Standing-Strategie“, die nur einer überlebt, sagt Scott Galloway hier.
Incredible fulfillment infrastructure hoping that other retailers had to follow and run out of oxygen, ‚cause no other retailer has access to the same cheap capital as amazon.
Scott Galloway
Bleibt wirklich nur ein „Player“ übrig? Gut möglich. Aber der wird nach heutigem Kenntnisstand wohl kein reiner Händler sein. Weil das andere auch nicht geschafft haben: Die Fabs, die Net a Porters, die Birchboxes, … E-Commerce wird Plattform wie Amazon es schon ist, oder Zalando es gerade werden will oder macht vielleicht Läden auf („Store is the New Black“, siehe bitte Apple) oder aber verschwindet einfach wieder vom Markt. So wie der einst funktionierende Buchhandel.
2.2 Amazon, das Medienunternehmen
Wir drehen uns 90 Grad um die Achse „Customer Centricity“ und blicken nun nicht mehr auf eine Handelsplattform, sondern auf ein Medienunternehmen. Jetzt stehen Verlage und andere vertriebsschwache Intermediäre auf dem Weg zwischen Amazon und dem Objekt der Begierde, dem Kunden. Und Bezos nimmt den Kunden sehr wichtig und holt sich erneut die Marge der ineffizienten Zwischenstufe. Wie?
- Digitalisierung & Abo’isierung. Was so harmlos und auch nützlich mit der Digitalisierung von Inhalten in E-Books, Hörbücher und Serien / Filme begonnen hat, wurde im nächsten Schritt zu Abo’s veredelt. Denn die ökonomischen Dauerlutscher wie Kindle Unlimited, Audible und Prime, machen digitale Produkte erst richtig (direkt-)vertriebsfähig und margenkräftig – und das Geschäftsfeld obendrein auch noch planbar.
- Veränderung der Wertschöpfungskette. Die so gewonnene Vertriebskraft nutzt Amazon und schiebt mit „Self Publishing“ Verlage und andere Inhalteproduzenten in die Seile. Und der Aufwärtshaken folgt prompt: Denn die ineffizienten Intermediäre verlieren nicht nur Umsatz, sondern werden nun auch noch von Amazon (aber auch von anderen Buchhändlern wie Thalia) für wichtige Werbung zusätzlich zur Kasse gebeten. Diese Rückdelegation einer ehemaligen Handelsfunktion an den Produzenten bringt Amazon im letzten Jahr 1 Mrd. $ ein (Video, 0:52). Dabei sind wir gerade erst in der zweiten Runde …
- Mensch und Maschine. Amazon weiß, welcher Verlag mit welchem Titel wie viel Geld verdient und auch, welche Webseite mit welcher Reichweite welchen Umsatz macht. Alexa, AWS & Co., das Amazon-Affiliate Programm … machen’s möglich. Ein Wettbewerbsvorteil, der effektives Business Development einfacher macht. Auf der anderen Seite fallen die Kosten: Warenlager werden automatisiert und von einer „uberisierten“ Washington Post-Redaktion ist es zu einem effizienten System, das sowas hier im Kindle-Ebook-Abo Stück à Millionen Richtung Massenmarkt „auswerfen“ kann, gedanklich auch nicht mehr schrecklich weit.
+++ Gleich geschafft: Nur noch AWS und dann ab zu den Linktipps … und dein Wissen wächst, wenn du es teilst +++
Amazon, der (Web) Services Provider
Die frische Marge durch den „Spin“ oben nehmen wir gedanklich mit, drehen uns aber noch einmal, diesmal um 180 Grad und landen bei den AWS. Aber mindestens 2 Dinge sind jetzt anders: Aus Endkunden wurden Unternehmenskunden und aus (überwiegend) physischen Produkten virtuelle Dienstleistungen, nämlich Cloud-Services. Der Umsatzbeitrag ist mit 5 Mrd. USD in 2014 gemessen am Gesamtumsatz noch gering (Geschäftsbericht, Seite 27, PDF). Aber stark wachsend und überaus margenkräftig. Kein Wunder, dass AWS den StartUps Leistungen im Gegenwert von bis zu 100.000€ schenkt – hier kommen die Kunden von morgen.
Fazit: Amazon frisst sich – den Kunden fest im Blick – schnell und sicher durch den Markt, lockt jeden Positionsgewinn ein und macht sich auf zur nächsten Stufe.
MARKETING
Maßnahmen zum Mitverdienen
Warum „sowas wird Amazon nie machen“ keine gute Begründung für eine Amazon-Strategie ist.
Aus: „Knut und die Amazonen„
AMAZON-SEO (1)
Die Suchmaschine, die nach Umsatz sortiert
When optimizing for Amazon, focus on improving conversion rates. More conversions equals more money for Amazon.
Nathan Grimm, Moz
Knapp 40% der Produktsuchen finden bei Amazon und nicht etwa bei Google statt. Der Algorithmus des Handelsriesens ist dabei ungleich einfacher zu verstehen: Vorne steht, was sich gut verkauft. Das vereinfacht die Optimierungsaufgabe deutlich. Sie heißt dann: Mach Umsatz, um Umsatz zu machen. Und zwar indem du die Konversionsraten optimierst und indem dafür sorgst, dass du auch zu Suchanfragen gefunden wirst, zu denen du bisher nicht gefunden wurdest. Der folgende Moz-Beitrag zeigt dir, wie das geht. Aber bedenke: Du wirst zwangsläufig auch zum Amazon-Praktikanten in Sachen Katalogpflege … weiterlesen.
AMAZON-SEO (2)
Produkte mit 20+ Bewertungen haben eine fast doppelt so hohe Konversionsrate
Brands can increase review volume through Amazon’s Vine program, which provides select consumers (“Vine Voices”) with free products in exchange for writing an Amazon review.
Scott Galloway
Scott Galloway und sein Team haben analysiert, wie sich Marken auf der Handelsplattform präsentieren können. So haben zum Beispiel Produkte mit 20 oder mehr Bewertungen eine 84%ige höhere Konversionsrate, als Produkte mit weniger als 20 Bewertungen. Wie gut, dass Amazon mit „Vine“ gleich die entsprechende Dienstleistung im Angebot hat … weiterlesen
BASTA
Seriously, Fuck You, “Kindle Unlimited”
fluchte Maria Bustillos von The Awl vor einigen Monaten. Warum denn für Bücher im ABO bezahlen, wenn das Netz eine Milliarde kostenloser Alternativen vorrätig hält? Sollte während der Frankfurter Buchmesse der Frust noch einmal hochkochen, dann hilft vielleicht mitfluchen: Amazon, du übelriechender, schrecklicher, profitgeiler Feind der Zivilisation … weiterlesen
Quellenverzeichnis:
Ben Evans: „Why Amazon Has No Profits (And Why It Works) … weiterlesen
Scott Galloway (1): DLD15 – The Four Horsemen: Amazon/Apple/Facebook & Google–Who Wins/Loses …weiterlesen
Scott Galloway (2): The Secret to Social Media Success: Attractive Pirates, Planets …weiterlesen
Scott Galloway (3): Do’s and Don’ts of an Amazon Strategy …weiterlesen
Nathan Grimm: How to Rank Well in Amazon, the US’s Largest Product Search Engine …weiterlesen
Dillon Baker: The Bezos Effect: Why The Washington Post Wants to Be the Uber of Freelancing …weiterlesen
Alexander Graf in den: Exchanges #89…weiterlesen
Berngruber, Fost und Hotz: Knut und die Amazone…weiterlesen
+++ Geschafft! Sharing is caring! 😉 +++