Einhorn

In den letzten Wochen hatten wir zum Thema Crowdfunding einige Projektgründer erfolgreicher Kampagnen um Ihre Meinung gebeten. Was sind die besten Tipps für eine erfolgreiche Kampagne, was sollte man unbedingt beherzigen? Aufgrund des sensationell positiven und offenen Feedbacks der Gründer hatten wir uns dann entschlossen, alle Interviews auf eine Seite zu stellen. Sehr transparent und mit Sicherheit die zukünftige Standard-Tipp-Enzyklopädie der Crowdfunding Szene, aber auch etwas auf Kosten der Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit. Deshalb für Euch nochmal unser Recap der Crowdfunding-Tipps in konzentrierter Form.

I. Das Produkt (Will das einer oder kann das weg?)

Wichtigstes Element für ein erfolgreiches Funding: Das Produkt muss stimmen und muss den Nerv der Zeit treffen. Die besten Erfolgschancen für auch international erfolgreiche Kampagnen haben nur innovative Projekte. (Marijo Sarac, CMO von Bragi)

Die Idee muss grundsätzlich überhaupt zünden können. Daher: vorher außerhalb(!) eures Freundes- und Familienkreises über die Idee sprechen. Wenn neutrale Personen (die aber grundsätzlich auch als Unterstützer infrage kommen) die Idee interessant finden, kann eine Kampagne fliegen. Wenn diese Leute abwinken, wird auch keine noch so schön gestaltete Kampagne das ändern. (Felix Plötz, Benjamin Fokken – Das Buch gegen Mobbing!)

Beim nächsten Mal würden wir uns noch stärker auf ein bestimmtes und leichter verständliches Thema fokussieren. Eine „Photovoltaik-Erweiterung zu einer Energiespar-App die eng mit unserem Energiesparkonto verbunden ist“, war zu stark erklärungsbedürftig. (Marco Schnorbus, „EnergieCheck“)

tarte nichts, ohne den „Einhorn“-Faktor. (Ja, sowohl wortwörtlich als auch im Bezug zum Einhorn-Kondom-Projekt) (Stephanie Mayfield, Computerbox Mainz)

II. Potentielle Einnahmen (Werden gerne überschätzt)

Die korrekte Einschätzung des Netzwerks: Wie viele Leute kennst du, wie viele kannst du erreichen? Wie viele Follower hast du auf Twitter, wie viele Freunde auf Facebook? Zähle sie alle zusammen und beantworte dir ehrlich die Frage nach der Summe, die du finden willst. Bleib realistisch! Ohne Social Media Marketing wird es übrigens sehr schwer und ich persönlich würde kein Crowdfunding wagen, wenn ich nicht auf Facebook oder Twitter entsprechend viele Follower hätte. (Benjamin Spang. Blut gegen Blut – ein düsterer Fantasyroman.)

Seid realistisch, wie groß eure Fanbase ist bzw. wieviele Leute ihr für euer Projekt begeistern könnt. Manche Crowdfunding-Plattformen fahren ja das Alles oder Nichts-Prinzip, d.h. ihr müsst euer Crowdfunding-Ziel erreichen, sonst war alles für die Katz. Also den Betrag, den man generieren kann versuchen realistisch einzuschätzen. Lieber nur einen Teil der Gesamtkosten des Projektes darüber finanzieren. Das war bei uns z.B. nur die Pressung der CD. Die Aufnahmen hatten wir zuvor schon eigenfinanziert. (Volker Charné, DOWNSHIFTER)<

Sichert Euch schon vorher Funding. Am besten solltet Ihr schon Zusagen für 60 Prozent der Kampagne vor Kampagnenstart haben. (Jan-Henrik Gruszecki, Projektleiter von „Franz Jacobi“)

III. Todsichere Kosten (Werden gerne unterschätzt, vergessen oder ausgeblendet)

Macht eine vollständige Kostenrechnung, mit unterschiedlichen Szenarien. Holt Euch genügend Informationen von Lieferanten bzgl. Kosten und Lieferzeiträumen ein. Bedenkt, dass unterschiedliche Fundinghöhe unterschiedliche Kosten verursachen: die Logistik muss bezahlt werden (die ihr bei kleineren Projekten vielleicht noch selbst stemmen könnt), der Steuerberater kostet, die Firmengründung, etc. Zudem seid ihr Vollzeit für einen bestimmten Zeitraum ausgelastet, dafür braucht ihr aber auch die nötigen finanziellen Reserven. Oder ihr kalkuliert die ins Projekt ein. Wir haben uns z.B. kein Gehalt ausgezahlt. Berechnet bei Eurer Kalkulation vorab auch die Zahlungs- und Transfergebühren ein. Wir haben bei knapp 180.000 Dollar fast 10.000 Dollar gezahlt. Dazu ist dann nochmal die Provision für Kickstarter gekommen. (Teja Philipp, Gründer von Mr Beam)

Stolpersteine vermeiden. Damit Du keinen Stress mit dem Finanzamt oder anderen Behörden bekommst, gilt es im Vorhinein steuerrechtlich alles abzuklopfen. Hierfür empfehle ich Dir eine*n Steuerberater*in zu konsultieren, dem/der Crowdfunding nicht fremd ist. Und auch in der Kalkulation gilt es die Umsatzsteuer, Steuerberatungskosten sowie die evtl. anfallende Gewerbesteuer zu berücksichtigen, abhängig von der Projekt-Natur und der Höhe der Fundingsumme. (Shai Hoffmann, Karma Chakhs)

IV. Der richtige Zeitpunkt (Geduld ist Trumpf)

Terminiert Euren Kampagnenzeitraum richtig. Recherchiert, welche Großevents (weltweit, national) oder Ferienzeiträume Euch vielleicht dazwischenkommen und Euch Aufmerksamkeit kosten könnten. Aber auch, welche Events ihr für Euch nutzen könnt. Wir haben z.B. den Black Friday in den USA genutzt, um zusammen mit Oculus Rift noch ein Bundlepaket, bestehend aus dem Panono und eine Oculus Rift Brille anzubieten. (Björn Bollensdorff   CEO und Mitgründer von Panono)

V. Die Fundingschwelle (Weniger träumen, mehr rechnen)

Schaut Euch, wenn vorhanden, ähnliche Projekte an, die erfolgreich waren. Seid realistisch bei der Planung der Fundingschwelle. Bei unserer zweiten Kampagne in 2013 hatten wir die Fundingschwelle mit 500.000 Dollar viel zu hoch gesetzt. Davon kamen dann bis kurz vor Ablauf nur knapp 70.000 Dollar zusammen. Wir haben für das gleiche Spiel unter anderem Namen dann aber nochmal ein Jahr später eine Kampagne in kleinerem Rahmen gemacht und die 70.000 Dollar minus 30% als ungefähre Schätzgröße für eine realistische Fundingschwelle genommen. Mit der Kampagne konnten wir dann knapp 50.000 Dollar erlösen. (Adrian Goersch, Geschäftsführer Black Forest Games)

Wenn ihr für Euer Projekt eine Fundingschwelle plant, passt Eure Ansprüche an die Summe an, die Ihr schaffen könnt. In unserer ersten Kalkulation für den Film standen 780.000€ drin, den Betrag haben wir uns aber nicht zugetraut.  Wir haben nochmal eine andere Version durchgerechnet und haben 120.000€ als Fundingschwelle festgesetzt. Wir haben dann bei der Kampagne kommuniziert, dass wir für 120.000€ einen guten Film machen können und ab 250.000€ einen geilen Film. Die 120.000€ fanden wir machbar. (Jan-Henrik Gruszecki, Projektleiter von „Franz Jacobi“)

VI. Vertrauen (Ja, wer bist Du eigentlich?)

Wir denken dass auch unsere freiwillige Refund Policy, also die mögliche Rückerstattung des Kaufpreises für viel Vertrauen bei den Unterstützern gesorgt hat. (Marijo Sarac, CMO von Bragi)

Ich würde empfehlen, im Vorfeld der Kampagne auch die eigene Unternehmenswebseite zu optimieren. Jede Investition in ein Produkt, das es noch gar nicht gibt, geschieht auf Vertrauensbasis. Deshalb gilt: Je transparenter und professioneller ihr euch präsentiert, desto wahrscheinlicher wird es, dass Leute in eure Idee investieren. Deshalb gründet ihr am besten auch bereits vor der Kampagne offiziell eure Firma. Die User müssen darauf vertrauen können, dass ihr das Projekt auch professionell umsetzt. (Björn Bollensdorff   CEO und Mitgründer von Panono)

Seid professionell. Gebt Euch richtig Mühe bei der Projektaufbereitung, auch wenn Ihr nicht wisst, ob Ihr das Projekt finanziert bekommen. Davon hängt alles ab. Gerade Dir fremde Personen kannst Du nur überzeugen, wenn Du eine Person für ein Thema begeisterst und Sie dir gleichzeitig abnimmt, dass Deine Recherche zu einem Ergebnis führt. (Jonathan Sachse, crowdfunding.correctiv.org)

Zeig deine Expertise – niemand gibt dir Geld, wenn er nicht glaubt, dass du es schaffen kannst (für ein Buch musst du zeigen, was du schon alles geschrieben hast, egal ob im Blog oder Print) (J.C. Rode, Vorwärts nach weit)

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