interview

Interview mit Volker Schumann – WERKSDESIGN

Volker Schumann WERKSDESIGNWer ist Volker Schumann? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Werksdesign in Berlin. Wir entwickeln Produktsysteme und -design von der Skizze bis zur Serienreife. Ich komme ursprünglich aus der Grafik und habe die ersten 3,5 Jahre meiner Karriere in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet, bevor ich in die dritte Dimension gekommen bin. Nach diversen Stationen als Freelancer und Angestellter in Deutschland, Italien und Finnland bin ich seit 2004 mit meiner Design-Agentur WERKSDESIGN selbstständig.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich kaufe vieles gleich drei mal, um in Notzeiten einen gewissen Vorrat zu haben. Ähnlich Loriot mit seinen drei Paletten Senf in „Papa ante Portas“… Zudem stehe ich sowohl auf eher gemütliche Reisen (Wandern und Radfahren im Berliner Umland), als auch auf Exotisches (die letzten Fernreisen führten meine Freundin und mich nach Afghanistan, Namibia, Kuba und Ruanda).

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

WERKSDESIGN betreut internationale Kunden mit strategischem Produktdesign. Wie eine integrierte Abteilung entwickelt unser Team in engem Dialog mit den Auftraggebern innovative Lösungen, vom Einzelartikel bis hin zu komplexen Systemen. Der Fokus liegt auf einer langfristigen Markenentwicklung im Kontext des technologischen, kulturellen und sozialen Wandels. Das ist 3D-Brandbuilding, was in den verschiedensten Produkten und Services münden kann. Für den Armaturenhersteller IN2AQUA haben wir z.B. nicht nur strategisch und konzeptionell gearbeitet, sondern waren auch an der Entwicklung von drei kompletten Produktlinien (ca. 80 Produkte) und der Erstellung der gesamten Produktkomminikation  maßgeblich beteiligt. Werksdesign betreut seit 2004 von Berlin aus internationale Lifestyle-Marken wie ADIDAS, JOOP!, AUDI, SONY und VOLKSWAGEN, aber auch erfolgreiche Mittelständler wie BEWATEC und IN2AQUA. Das Design wurde vielfach international ausgezeichnet, unter anderem wiederholt mit dem iF Product Design Award und Red Dot Design Award. Unsere Superpower ist unsere breite Basis, wir arbeiten mit Kunden aus verschiedenen Branchen (z.B. auch im Verpackungs- und Messedesign), dies ermöglicht einen Transfer von Ideen und Technologien, der bei sehr branchenfokussierten Design-Agenturen nicht möglich ist. Zudem arbeiten wir bewährt recht eng mit unseren Kunden zusammen, das schafft auch eine vertraute Basis für gemeinsamen Erfolg. Daher werden wir mit unserem bevorstehenden Web-Relaunch auch unseren neuen Claim „Feels like In-House“ stark in Szene setzen.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart?

Für den Mittelständler BEWATEC aus Telgte bei Münster hat WERKSDESIGN zusammen mit der Verpackungsagentur Suxdorf alle aktuellen Produkte entwickelt. BEWATEC vertreibt Kommunikationslösungen für Krankenhäuser, sprich Monitore für TV, Radio, Internet, DVD mit Touchscreen in diversen Größen und Spezifikationen und Telefone nebst umfangreichem Zubehör. Alles ausgelegt für die speziellen Bedingungen im Krankenhaus, „robuste“ Behandlung, intuitive Benutzung durch die Patienten, tägliche Reinigung etc. Mittlerweile ist BEWATEC mit Produkten von WERKSDESIGN mit einem Marktanteil von 80% in Deutschland und weltweit 53% Technologieführer im Patienten-Entertainment.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wie in allen Designbüros hat es im Verlauf der letzten 20 Jahre umfangreichste Veränderungen gegeben. Während meines Studiums kam man zum Teil noch ohne Computer aus (ich bin älter als das Internet!), damit wäre man heute leider nicht mehr konkurrenzfähig. Zum Teil trauern wir Designer den guten alten Zeiten noch etwas nach, im Konzeptions- und Entwurfsprozess ist das handwerkliche und zeichnerische Entwickeln auch zum Glück noch unverzichtbar, das kann einem kein Rechner abnehmen. Ansonsten werden viele  Entwicklungsschritte mit Software realisiert. Nicht nur durch „das Internet der Dinge“ verschmelzen Produkte und Virtualität natürlich auch bei WERKSDESIGN zunehmend miteinander. Die Zukunft wird zeigen, wo dem Grenzen gesetzt sind oder ob irgendwann Entwurfs- und Entwicklungsmaschinen unsere Arbeit übernehmen 😉

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Eine schnellere Reaktion auf die sich verändernde Netzwirtschaft in Verbindung mit der Globalisierung ist notwendig. Da ist auch der Gesetzgeber gefordert. Und Internet darf nicht mehr als Neuland bezeichnet werden…

Herausforderung für unseren Markt:

Es wird sich zeigen, was vom aktuellen Boom, der Verknüpfung von digitalen Anwendungen und Produktdesign („Internet der Dinge“) in einigen Jahren übrigbleibt. Immerhin gibt es das japanische Tron Haus (vernetzte Gebäude) schon seit Ende der 80er Jahre, trotzdem kommen jedes Jahr Hersteller mit ähnlichen Applikationen auf den Markt, wo z.B. der Kühlschrank sich selbst mit frischer Milch versorgt, wenn er merkt, dass sie zur Neige geht. Durchgesetzt haben sich solche Produkte bislang allerdings nicht, man fragt sich, wieviel Vernetzung der Mensch in seiner Umgebung verarbeiten bzw. tolerieren kann.

Herausforderung für unsere Firma:

Die Designbranche befindet sich im Umbruch, der Wandel vom Formdesigner zum ganzheitlichen Markenarchitekten ist für WERKSDESIGN langsam vollzogen. Trotzdem bleibt die Verlagerung der Designkompetenz nach Asien z.B. noch eine große Herausforderung, der wir uns stellen.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Das hat zwar nichts mit Netzwirtschaft zu tun, aber: Am meisten ärgert mich (aus gegebenem Anlass) die ganze Haterei im Netz. Gerade, weil sich viele Vollidioten dazu berufen fühlen, denen man selbst am Stammtisch keine fünf Sekunden zuhören würde. Im Web bekommen viele Aussagen von extrem dummen Leuten leider oft dasselbe Gewicht wie sehr schlaue Aussagen, es gibt da (zum Glück) keinen Kurator. Sehr freut mich, dass global eine neue Demokratisierung möglich ist, obschon der Weg bestimmt steiniger ist, als sich manche gedacht haben (Stichwort arabischer Frühling, Propaganda und Zensur).

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

ICH bin zur Zeit etwas skeptisch wegen dem Startup-Hype. Zu viele wollen nur daran mitverdienen oder richten alles auf Übernahme und persönlichen Reichtum aus, oft fehlt die entsprechende echte Motivation, die man früher Gründergeist nannte. Viele Startups sind zudem nur Copycats, auch ist aus meiner Erfahrung der Anteil derer, die scheitern, doch viel größer, als man vermutet. Da wird einfach falsch beraten oder die Gründerpersönlichkeiten passen einfach nicht zur Idee.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

https://www.ted.com/

Leider habe ich da viel zu selten Zeit für, aber hier kommen einem Ideen und man realisiert, was „draussen los ist“.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)

http://www.wired.com/2015/09/new-cultural-literacy-2016/

Wie es da steht, „what you need to know in 2016“

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Kerstin Hoffmann: „Prinzip kostenlos“ Die Idee, sein Wissen umsonst weiterzugeben klingt zunächst unsinnig, macht sich aber am Ende bezahlt.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

Ich bin seit drei Jahren Dozent für Produktdesign an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Die Zusammenarbeit mit Studenten und Studierenden und vor allem mit dem Kollegium ist immer wieder inspirierend für jemanden, der doch meistens im Business unterwegs ist.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Zum Glück ist das hilfreichste Tool bei meiner Arbeit immer noch der Kopf. Das wird in unserer Branche, wo mit Software mittlerweile sehr schnell vorzeigbare, aber nicht zwangsläufig gute Ergebnisse erzielt werden können, oft vergessen.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Den Philippe Starck würde ich doch schon mal gerne kennenlernen. Der ist bestimmt unterhaltsam, ausserdem immer noch eine Koriphäe. In vielen Designbereichen eine Größe, an der man einfach nicht vorbeikommt (z.B. im Bad Design). Er gehört auch zu den wenigen „Star-Designern“, die die maßgeblichen Entwürfe noch selbst machen.