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Interview mit Tobias Phleps – Brand Union Germany

Tobias Phleps Brand Union GermanyWer ist Tobias Phleps? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin 46 und lebe mit meiner Familie in Berlin. Nach einer Ausbildung zum Werbekaufmann und einem betriebswirtschaftlichen Studium in Hamburg habe ich zunächst einige Jahre bei den damals klassischen Agenturgrößen in Hamburg wie Springer & Jacoby und Scholz & Friends gearbeitet. Seit 2000 bin ich, mit einer kurzen Unterbrechung 2013, im Design und Branding tätig und war zuerst Geschäftsführer bei frog Design und anschließend elf Jahre bei MetaDesign, davon sieben Jahre im Vorstand. Seit Sommer 2014 bin ich bei Brand Union und trage als CEO Northern Europe die Verantwortung für unsere deutschen Büros in Berlin und Hamburg sowie für unsere Niederlassung in Stockholm. Meine berufliche Leidenschaft liegt im strategischen Aufbau und Führen von Marken sowie deren visueller Umsetzung im Design.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ob es ein Spleen ist, weiß ich nicht, aber was mir tatsächlich spontan einfällt, ist mein Hang zur Ordnung und Reinheit. Ich flippe aus, wenn irgendwelche Dinge irgendwie rumliegen, nicht an ihrem Platz sind. Das führt z.B. dazu, dass ich wohl einer der wenigen CEOs bin, die auch mal gerne selbst die Spülmaschine im Büro einräumen oder sehr zur Belustigung meiner Mitarbeiter grundsätzlich im Zug erst einmal mit einem Erfrischungstuch (der Lufthansa) den Tisch gründlich reinige, bevor ich meinen Laptop darauf abstelle.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Die Superpower von Brand Union Germany liegt darin, strategisches Denken in brilliantes Design zu übersetzen und über alle Touchpoints, egal ob analog oder digital, zu spielen und miteinander zu vernetzen. Wichtig ist das ganzheitliche Markenerlebnis – vom großen Launch bis zu den kleinsten Online-Interaktionen.

Wir sind ein People’s Business und haben ein großartiges Team, das über langjährige Erfahrungen in den Bereichen Markenführung und Design verfügt. In Kombination mit unserem Managementboard, das sich neben seiner Expertise durch eine ausgeprägte Hands-on-Mentalität und Flexibilität auszeichnet, sind wir allen Anforderungen unserer Kunden bestens gewappnet.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Brand Union arbeitet seit über 10 Jahren für Vodafone und agiert als Global Brand Guardian. 2013 erhielten wir die Aufgabe, die Marke weltweit zu vereinheitlichen und die Markenwahrnehmung von einem britischen Mobilfunkunternehmen zum globalen Anbieter umfassender Kommunikationslösungen weiterzuentwickeln. Um dieser Mammutaufgabe gerecht zu werden, wurde ein multinationales Team aus verschiedenen Standorten von Brand Union zusammengestellt, das eine neue Identität erarbeitete, die einzigartig, zukunftsweisend und zugleich flexibel genug ist, um international eingesetzt werden zu können.

Die von uns kreierte neue Corporate Identity „Power of Red“ nutzt das strahlende Rot synonym mit Vodafone, um die Energie und Fortschrittlichkeit der Marke zu transportieren. Um den weltweiten konsistenten Einsatz der neuen Corporate Identity sicherzustellen, wurde die Implementierung minutiös geplant und mit interaktiven Guidelines und Workshops in allen Ländern unterstützt.

Diese Aufgabe war mit Abstand eines der anspruchsvollsten und umfassendsten Projekte. Der Erfolg des Projekts beruht u.a. auf der Einbeziehung des ganzen Kompetenzspektrums unseres weltweiten Netzwerks. Es ist uns gelungen, eine dynamische Markenidentität zu schaffen, die überzeugend den innovativen Charakter von Vodafone repräsentiert und dem Kunden ein ganzheitliches inspirierendes Markenerlebnis über alle Kanäle vermittelt. 

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Der Staat bzw. die Gesellschaft steht vor der Herausforderung, die Menschen vor Datenmissbrauch zu schützen und sie schon von klein auf für einen bewussten Umgang mit privaten Daten zu sensibilisieren. Da läuft gerade ganz schön viel schief. Hier hat der Staat an sich, aber auch die Gesellschaft und insbesondere die Digitalwirtschaft und damit auch wir eine große Herausforderung zu bewältigen. Andernfalls haben wir bald eine Gesellschaft, die nur noch in der digitalen Welt lebensfähig ist. Die Konsequenzen daraus sind sicher nicht angenehm.

Für die Wirtschaft sind aber auch gerade die persönlichen und individuellen Daten der User eine große Chance, ohne Streuverlust Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu vermarkten. Sie erlauben es, dem Kunden maßgeschneiderte Angebote zu kommen zu lassen, was natürlich auch für die Konsumenten einen Mehrwert haben kann. Wenn ich zum Beispiel aufgrund meiner Suchanfrage Empfehlungen für weitere Songs, Filme oder Produkte erhalte.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Die Digitalisierung ist eine große Herausforderung für Unternehmen aller Branchen. Aktuell erleben wir beispielsweise wie weltweite IT-Konzerne wie Google oder Apple den deutschen Automobilherstellern die Zukunft abnehmen. Will sagen, diese Konzerne sind viel weiter, was zukünftig relevante Technologien in der Automobilindustrie wie z.B. autonomous driving angeht. Sie verfügen über den bis zu dreifachen Börsenwert von z.B. Volkswagen, also haben mehr Investitionskapazitäten und haben im Bereich „Automotive“ eigentlich keine Glaubwürdigkeit zu verlieren – denn sie haben noch gar keine. Sie können also mit viel Kompetenz und Geld viel ausprobieren, ohne dass von irgendeiner Seite ein Schaden für das Unternehmen zu befürchten wäre. Tesla hat ja bereits der deutschen Vorzeigeindustrie gezeigt, wie angreifbar sie eigentlich ist.

Aber auch Technologien im Bereich Social Media und Cloud Computing zwingen Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Start-ups, die auf neuen Technologien basieren, konkurrieren längst mit etablierten Großunternehmen.

Um den geänderten Kundenbedürfnissen langfristig gerecht zu werden und den Anschluss an den Wettbewerb nicht zu verpassen, müssen traditionelle Unternehmen auf die weitreichenden Entwicklungen der Digitalisierung reagieren – besser noch, sie sollten agieren. Hier haben die meisten Unternehmen noch viel nachzuholen sowohl hinsichtlich der Umstellung auf digitalisierte Geschäftsprozesse aber auch im Hinblick auf Mitarbeiter. Die klassischen Geschäftsmodelle müssen überarbeitet werden. Die Arbeitsabläufe sind komplexer geworden und laufen parallel und nicht mehr nur in Prozessen. Die Zyklen von Veränderungen werden schneller. Insofern ist es wichtig, für die europäische und deutsche Netzwirtschaft genug fähige Fachkräfte auszubilden.

Herausforderung für unseren Markt:

Was bedeutet die Digitalisierung und das veränderte Konsumentenverhalten für die Markenführung? Die Konsumenten sehen Marken weiterhin als Orientierungshilfe, aber Marken und Informationen sollen transparent und jederzeit analog und digital verfügbar sein. Insofern bleibt ein klarer Markenkern weiterhin das Herzstück der Markenführung. Marken müssen Vertrauen ausstrahlen und Orientierung bieten in einer sich schneller drehenden Welt.

Die Herausforderung wird sein, das Markenerlebnis über alle Kontaktpunkte konsistent zu gestalten und die Inhalte auf die Kanäle entsprechend anzupassen. Was nicht heißt, dass wir uns in einem starren Designkorsett bewegen. Das Markenerlebnis muss immer im Mittelpunkt stehen. Die Integration und enge Verzahnung von online- und offline sowie die Komplexität, die kontinuierlich steigende Anzahl von Touchpoints intelligent zu managen, ist bereits eine der großen Aufgaben des Marketings und der Markenführung. Um diese Aufgaben zu erfüllen, braucht es eine veränderte Haltung der Unternehmen und ein attraktives Angebot an den Arbeitsmarkt, um möglichst viele dieser hochattraktiven ‚digital natives’ für Unternehmen als Mitarbeiter zu begeistern. Diese ‚digital natives’ zu finden und im Unternehmen zu halten, in einem hart umkämpften Markt, ist meines Erachtens eine weit größere Herausforderung in Zukunft, als Kunden zu gewinnen.

Herausforderung für unsere Firma:

Digitales Branding ist für uns eines der wichtigsten Themen der Zukunft. Momentan arbeiten wir mit den bekannten und erfolgreichen Digitalagenturen der WPP bzw. mit einzelnen Fachkräften und freien Teams zusammen. Mittelfristig wollen wir aber digitales Know-how als Brand Union zukaufen. Neben der geplanten Akquisition eines Unternehmens, welches sich dem digitalen Transformationsprozess verschrieben hat, bilden wir unsere Mitarbeiter kontinuierlich weiter, um den gestiegenen Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Was mich am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass man durchs Internet zum „gläsernen Menschen“ wird. Alle Suchanfragen, Bilder, Verbindungen zu Personen sind gespeichert und nachvollziehbar, was immer auch die Gefahr des Missbrauchs birgt. Auf der anderen Seite, kann ich mir ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Ich finde es großartig, Informationen aktuell und schnell zu erhalten, mein Netzwerk auch online zu pflegen oder mich z.B. mit Hilfe von Google Maps an die verschiedensten Orte „beamen“ zu können.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Ich bin der klassische on- und offline Leser von Spiegel bzw. SPON. Dann lese ich natürlich die verdächtigen Branchendienste wie Horizont und W&V. Gerne beschäftige ich mich mit der Huffington Post und Brand Eins.

Sendungen oder Filme, die Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert haben 

Hier fallen mir spontan zwei TV Produktionen der ARD ein, die ich beide diese Woche gesehen habe und die mich sehr begeistert haben: Einmal die Verfilmung von Fritz Bauer, der hessische Staatsanwalt in den 60 Jahren, der zur Auslieferung Adolf Eichmanns beigetragen hat und damit die Nachkriegspolitik aufgewühlt hat und andererseits die Verfilmung des Falls „Uwe Barschel“, der unter mysteriösen Umständen nach einer verlorenen Landtagswahl in Schleswig Holstein tot in einem Genfer Hotel entdeckt wurde.

Beide Eigenproduktionen haben mich begeistert, da sie erstens endlich mal wieder ein qualitativ hochwertiges Produkt geliefert haben, was man bei den hohen GEZ Beiträgen eigentlich grundsätzlich erwarten dürfte und andererseits Geschichte nicht vergessen machen. Beide Eigenproduktionen zeigen uns aufgrund der aktuellen politischen Situation in Deutschland, wie zerbrechlich unsere Demokratie ist und wie dankbar wir um unser heutiges Deutschland sein sollten und wie vorsichtig wir auch zukünftig damit umgehen sollten.

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

„Warum tötest Du Zaid?“ von Jürgen Todenhöfer. Es zeigt den Irakkrieg von einer anderen Seite, die uns damals aufgrund unserer Mediensteuerung gar nicht bewusst war. Aktueller geht’s auch: „Inside IS – 10 Tage im (sogenannten) islamischen Staat“ ebenfalls von Todenhöfer. Warum mich das inspiriert? Weil ich es inspirierend finde, die Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und ich es liebe, wenn die Dinge konsequent zu Ende gedacht werden, bevor man sie anfängt. Das ist übrigens unser größtes Problem derzeit mit dem Syrienkrieg und der Flüchtlingskrise – beides wird nicht zu Ende gedacht und dabei noch die Geschichte betrachtet.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

Leider keine, die mir spontan einfällt. Ich bin ehrlich. Ich bin meist auf Veranstaltungen, um zu netzwerken. Wirklich was dazugelernt habe ich nicht, aber zumindest habe ich wieder die Dinge aus einem anderen Blickwinkel gesehen: Print wird ja totgeredet, erstaunlich fand ich die Laudatio auf und die Rede von Manfred Braun, dem Geschäftsführer der Funke Mediengruppe auf dem Horizont Award 2016 in Frankfurt. Man sieht doch immer wieder, dass die Welt nicht schwarz/weiß ist. Man muss nur mal einen anderen Blickwinkel einnehmen wollen. Aber das ist ja auch zum Teil das Problem unserer Smartphone-Kommunikation. Es wird nur noch „gebrüllt“ und ein Standpunkt vertreten. Man hört dem anderen gar nicht mehr richtig zu und reflektiert nicht die Argumentation des Gegenübers.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit 

MS Office

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Sir Martin Sorrell – meinen Chef-Chef-Chef. Den ich leider noch nicht persönlich kenne. Ich will lernen, wie er in so wenigen Dekaden dieses Imperium aufgebaut hat!

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