Wer ist Jochen Kalka? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.
Werben & Verkaufen. Seit 1992 bin ich dort. Mit 3-jähriger Unterbrecherwerbung bei Burda und Schitag, Ernst & Young. W&V ist so eine Fachzeitschrift, die über Medien schreibt, worüber sich Medien dann aufregen. Seit 15 Jahren darf ich mich Chefredakteur nennen. Aufgewachsen bin ich in Stuttgart, daher weiß ich, wie gut Besen kehren können. W&V ist als Tochter des Süddeutschen Verlags in München.
Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.
Ich muss immer alles aufschreiben. Das ist wirklich krankhaft. Wahrscheinlich war für mich vorgesehen worden, dass ich Politesse werde. Als Journalist hat man aber einen angenehmeren Arbeitsplatz.
Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?
Ach so, jetzt kommt die Frage erst. Wir haben drei Zeitschriften: W&V, die über die geheimen Wünsche der Werbungtreibenden schreibt. Kontakter, der die knackigsten Infos wie Pitchlisten, Etatstarts und Kampagnen-Budget-Übersichten hat. Lead digital, das Trends aufgreift und zeigt, wie sie für das Marketing genutzt werden können. Unsere Superpower liegt im besten Aufzugsystem der Region! Manchmal.
Apropos Superpower: Welches Best Practice Beispiel in Deiner Branche hat Dich besonders fasziniert und warum?
Da Andere besser sind als wir, mein Lieblingsbeispiel: Hasen. Nein, es sind Kaninchen beim Osterhasenrasen. Ein echt geiles Best Practice Beispiel. Erinnert Ihr Euch noch daran, wie Mediamarkt 19 Prozent Mehrwertsteuer als Rabatt gegeben hat? Hat 19 Prozent gekostet. Beim Osterhasenrasen hat Mediamarkt das Internet als Echtzeitmedium verwendet, parallel zu allen großen privaten TV-Kanälen. Das gab es vorher noch nie. Der Kassenbon als Wettschein. In dieser Form gab es das vorher auch noch nie. Jedenfalls hat nur jeder Zehnte gewonnen – und nur die Hälfte seines Einkaufspreises zurückgekriegt. Das sind 5 Prozent über alle Einkäufe hinweg. Da sicher maximal nur jeder Zweite kam, um seinen Bon einzulösen, hat diese Aktion nur 2-3 Prozent gekostet. Versus 19 Prozent von damals. Eine großartige Sache, die gerade über Online und die Sozialen Medien genial kommuniziert wurde. Sieger bei unserem Deutschen Mediapreis, neulich erst.
Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?
Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:
Mangelhafter Datenschutz und automatisierte Prozesse, die Kundendaten durch das Netz katapultieren sind eine Gefahr.
Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:
Wir sind oft zu old school und damit zu langsam. Wir regeln Dinge nicht nach neuesten Erkenntnissen, sondern nach Steinzeitgesetzen. Wir öffnen uns zu langsam, reagieren statt zu agieren. Das beginnt tatsächlich an zu geringen Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, von Schule an, und geht bis hin zu den meisten großen Unternehmen, die Entwicklungen lieber verpennen, als sich darauf mit Lust, Laune und frischer Energie einzustellen.
Herausforderung für unseren Markt:
Mut zulassen: Mut zur Sackgasse, Mut zum Scheitern!
Herausforderung für unsere Firma:
Das Kreativpotenzial des Kreativmarktes mehr für uns alle nutzen!
Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?
Das ist nicht ernst, oder? Na gut: Mails sind ein Fluch, sie sind längst ein unsicheres Medium und nerven. Gefreut hat mich, dass ich über Facebook erfahren habe, dass ich einen Cousin habe, von dem ich noch nichts wusste.
Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…
einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst
Mr. Media. Mehr Polarisieren geht kaum.
einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat
Auf jetzt.de: „Die Fähigkeiten von uns Digital Natives werden total überschätzt. Wir können viel weniger, als alle denken.“
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/594826/Digital-Dummies
Sehr ehrliche Worte. Zerstört unser Schubladendenken. Gut so!
ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat
Natürlich Dave Eggers „The Circle“, das liegt näher am echten Leben als viele denken. Aber auch Umberto Ecos „Nullnummer“ sagt ganz klar, wie die gedruckte!!! Zeitung heute arbeiten müsste, nämlich mit Schlagzeilen von Morgen. „Girl on the train“ von Paula Hawkins fand ich auch spannend, der geniale Krimi für Pendler, der mit der wechselnden Betrachtung arbeitet, und die lineare Zeit beim Lesen durchbricht, sehr schön umgesetzt.
eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast
VDZ Digital Publishers Tour nach Tokio. Hammer. Rund 10 Termine bei start-ups und unterschiedlichsten Medienhäusern, von Spielen bis zum Kochen wie cookpad.
das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit
Cisco, das mich von überall ins Redaktionssystem bringt. Haken: Urlaubsversaupotenzial!
Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum? Oder von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt? Und was war das?
Wir hatten mal den Schriftsteller Bodo Kirchhoff als Keynote-Speaker bei einer Veranstaltung. Neben diesem Mann voller Eloquenz, Werte und Inhalte kommst du dir als Fachjournalist ziemlich oberflächlich und klein vor. Das macht demütig.