interview

Interview mit Miriam Brilla – boutiquevegan

Miriam Brilla boutiqueveganWer ist Miriam Brilla? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin in Asien und Afrika aufgewachsen, habe also das Leben in 3. Welt Ländern, aufstrebenden Industrienationen und Europa über Jahre hinweg mitbekommen, habe mich in meinem Studium dann mit SRI (Socially Responsible Investing) in Bezug auf Biotechnologie im Lebensmittelsektor beschäftigt, und schlussendlich den Link zur Ernährung und Konsum geschlossen. Aus ethischen Gründen hatte ich meine Ernährung auf vegetarisch, dann auf vegan umgestellt. Nach dem Studium hatte ich die Chance, einige interessante Aufgaben zu meistern, jedoch habe ich bei keiner Tätigkeit das Gefühl gehabt, dass mich das vollends erfüllt, denn mir fehlte das Gefühl, etwas in der Welt nachhaltig zu verbessern. Zu diesem Zeitpunkt bin ich gerade aus Qatar nach Frankreich gezogen und habe mich privat stundenlang mit Produktrecherche beschäftigt, da es jede Menge im Bereich Food, Kosmetik, Haushalt umzustellen gab! In diesem Atemzug habe ich erkannt, dass es keine Anlaufstelle in Europa gab, bei der ich eine vernünftig große Auswahl an ausgesuchten (d.h., funktionierenden, schmeckenden und kontrollierten) Produkten fand. Aus wirtschaftlicher Perspektive war mir durchaus bewusst, wie mächtig die Pharma-, Agrar-, und Biotech-Lobby ist, dennoch musste ich etwas unternehmen. Ich habe mich nie mit einem Protestschild in der Hand gesehen, um damit eine Weltverbesserung zu bewirken. Demnach habe ich mich entschieden meine Skills und Know-How in die Stärkung eines nachhaltigen Wirtschaftszweigs zu investieren und mit all den engagierten Unternehmen zusammen eine wirtschaftlich-politisch relevante Position zu erarbeiten, sodass zukünftig Entscheidungen für eine positivere Zukunft unserer Kinder und zugunsten Tierwelt und Umwelt fallen.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich habe eine Schwäche für das beste Tiramisu der Welt von meiner Mama. Wenn so eine Schüssel im Kühlschrank steht muss ich jedes Mal einen Löffel voll naschen, bis plötzlich die Schüssel leer ist und mir bewusst wird, dass ich das alles alleine gegessen habe 😀 – immer wieder faszinierend.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Jeder Euro jedes Einzelnen ist an jedem Tag eine Wahl für Produkt A oder B – für nachhaltig, fair, sozial, gesund und zukunftsfähig oder eben das Gegenteil. Mit unserem Online Shop bieten wir ganz Europa die Möglichkeit eine positive Zukunft zu gestalten, gleichzeitig jedoch diesen bewussten Lebensstil und Nachsicht für die Umwelt als normalen, modernen Lifestyle zu positionieren.

boutique-vegan.com) möchten keine Gentechnik in unserem Essen, für unsere gesunden kulinarischen Genüsse soll kein Lebewesen leiden, wir möchten keine Chemikalien in unserem Make-up und unsere Familien im Haushalt nicht vergiften. Aber wir haben auch keine Zeit uns ständig Gedanken um all diese Themen zu machen und in 5 Läden Etiketten zu analysieren… Das Team hinter boutique vegan hat es sich zur Aufgabe gemacht genau das für unsere Kunden zu übernehmen. Mit boutique vegan hat jeder Zugang zu einem ausgesuchten, täglich wachsendem Produktsortiment mit bereits über 3500 Produkten, inklusive klimaneutraler Anlieferung direkt vor die eigene Haustüre – ohne Tüten schleppen!

Hinzu kommt, dass wir aus aller Welt die besten Produkte in einem Shop zusammenbringen, d.h. unsere Kunden können der Kompetenz vertrauen, werden in allen Fragen beraten, erhalten wöchentliche Rezepte, detaillierte Produkt- und Herstellerinformationen und können einen integrierten Allergiefilter nutzen, welches den Einkauf noch angenehmer macht.

Unsere Superpower ist, dass das Team junger, engagierter Frauen und Mütter hinter boutique vegan genau das leben, was unsere Kunden leben, wollen, suchen. Wir sind mehr als nur ein Online Shop – Kompetenz, Servicequalität und modernes Einkaufserlebnis treffen sich bei uns wie nirgendwo anders.

Wir bieten:

Vegane, vegetarische Lebensmittel

Bioprodukte, „Free From“ Produkte für Allergiker

Naturkosmetik ohne Tierversuche

Umweltbewusste Haushaltsprodukte

Kochbücher und vieles mehr

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Wie erwähnt, unsere Superpower sind die Personen hinter boutique vegan und unsere Herangehensweise an neue Aufgaben/Projekte. Wir sind ein Familienunternehmen, daher stehen wir persönlich voll hinter dem Konzept und möchten Menschen dabei haben, die genauso denken wie wir. Es gibt nicht viele Unternehmen mit einer solchen Firmenphilosophie, daher möchten wir auch den Menschen eine Chance geben, die in ihrer Arbeit und Aufgabe aufblühen können. Dies hat sich seit Beginn bewährt, war jedoch lange nicht so einfach wie es klingt. Bereits während des Studiums wurde betont wie wichtig es ist, Mitarbeiter aufgrund persönlicher Eigenschaften, d.h. soft skills und motivation, zu rekrutieren, weniger aufgrund der ausgeprägten Kenntnisse in ihrem Gebiet. Natürlich ist ein Ausschluss letzteren nicht möglich, besonders weil alle Mitglieder im Team sehr breit gefächerte Aufgabenbereiche haben, da wir nur wenige sind, jedoch alle Aufgaben eines Unternehmens bewältigen müssen. Unsere Kompetenz setzt sich aus dem Team engagierter Menschen zusammen, die selbst einen veganen Lebensstil pflegen, junge Mütter sind, sich für nachhaltige Themen interessieren, gleichzeitig aber einen Umgang mit moderner IT und Kommunikationsmedien beherrschen und optimieren möchten. Da 70% unserer Kunden Frauen zw. 25-35 sind, ist mir bewusst, dass ich Menschen im Team brauche, die genau deren Sprache sprechen und wissen, was unsere Kunden brauchen. Daher haben wir unsere Arbeitsplätze so flexibel wie möglich gestaltet, d.h. home office, flexible Arbeitszeiten, viel Verantwortung aber auch Entwicklungs- und Umsetzungsfreiraum gelassen, versuchen immer auf die Bedürfnisse des Einzelnen einzugehen und treffen uns zu regelmäßigen Team Meetings und Fortbildungen. Bei uns hat auch jeder den Zugang zu Facebook, Twitter, Instagram und co, d.h. wir alle berichten aus unserem täglichen Leben. Das macht uns authentisch und alle im Team können mitwirken, das formt und prägt boutique vegan. Durch einen veralteten, unflexiblen Ansatz hätte ich niemals diese Kompetenz im Unternehmen.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wir bei boutique vegan leben digital. Bei uns läuft alles über den PC und ist so flexible strukturiert, dass man ortsunabhängig ist. Somit haben wir einen modernen Arbeitsplatz geschaffen mit home office, flexiblen Arbeitszeiten und leicht zugänglicher Informationsstruktur auf allen Ebenen. Abgesehen vom Verpacken der Pakete und Ablage der Lieferscheine ist bei uns alles digital.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Die digitale Wirtschaft bringt unglaubliche Chancen mit sich, jedoch gleichzeitig erhebliche Risiken, die nicht zu vernachlässigen sind, vor allem von Kontrollmechanismen wie z.B. dem Staat. In Hinblick auf unseren Wirtschaftszweig hat das digitale Zeitalter überhaupt erst die Machenschaften der Biotech-, Pharma-, und Fleischindustrie aufgedeckt, denn keiner kann sich mehr verstecken und seine Kunden „dumm“ und die Öffentlichkeit stumm halten. Jeder mit Internetzugang kann sich über alle internationale Themen informieren. Natürlich ist dies gleichzeitig ein Risiko, denn wer garantiert die Richtigkeit der Angaben? Falschaussagen, Gerüchte, Imagezerstörung und Hetzattacken durch die Sicherheit der Anonymität im Netz nehmen zu. Es hat alles seine Vor- und Nachteile, wobei es immer schwieriger wird die korrekten und nützlichen Informationen herauszufiltern. Ich habe es in den vergangen Jahren erlebt, wie Kontrollmechanismen seitens des Staates, z.B. Lebensmittelüberwachung, komplett versagen, wie sieht es dann mit digitalen Themen aus, die so „ungreifbar“ und komplex sind?

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Das größte Problem in unserer Region und auch ganz Deutschland ist die mangelnde digitale Infrastruktur. Kleinere Start-Ups wie wir können uns keine teuren Standleitung der Telekom leisten und hätten genauso einen Anspruch auf eine VDSL Leitung, wenn nicht sogar dringenderen Anspruch, als Privathaushalte. Dies bleibt uns jedoch in vielen Gewerbegebieten verwehrt, da sich die Telekom gegenüber den Gemeinden im Zuge der Netzmodernisierung- und –ausbauarbeiten auf die 85% Klausel im Vertrag stützt und ausgerechnet die Gewebegebiete außen vor lässt. Klar, sie wissen, dass Unternehmen darauf angewiesen sind und früher oder später sowieso eine gesonderte Standleitung buchen müssen. Diesem XX muss ein Riegel vorgeschoben werden. Ich habe einen Bekannten in Taipeh, der eine 120‘000 Leitung im Haus hat und sich sein Netzbetreiber persönlich bei ihm entschuldigt hat, weil ihn wohl nur 111‘000 erreichen…mehr muss ich dazu nicht sagen, glaube ich.

Herausforderung für unseren Markt:

Herausforderungen sehe ich in Bezug auf e-commerce, sowie unserem Wirtschaftszweig im veganen Handel.

Es ist zunehmend schwierig, alle aktuellen Entwicklungen im Unternehmen umzusetzen, bzw. Änderungen der digitalen Wirtschaft entsprechend zügig umzusetzen. Hierbei sollen Dienstleister und Softwareentwicklungen helfen, leider ist dieser Markt auch immer schwerer zu durchschauen. Zu entscheiden welches Programm oder welche Unterstützung man sich mit ins Team holt fällt mir nicht leicht, vor allem wenn man bereits sehr schlechte Erfahrungen gemacht hat und immer wieder negatives Feedback von anderen Geschäftsleuten im Netzwerk hört. Ich denke dieser Markt erfährt noch einige Jahre einen großen Zuwachs, es werden sich über die nächsten Jahre jedoch auch so einige Player wieder verabschieden, sobald es sich in der Wirtschaft nicht bewährt.

Im Bereich veganen Handel sehen wir ein großes Wachstum. Viele Einzelhandelsketten und Hersteller möchten von dem Wandel der Gesellschaft profitieren und folgen dem „Trend“. Hierbei werden qualitativ minderwertige Produkte auf den Markt geworfen, Hauptsache es steht vegan darauf. Auch einige Unternehmen, die wir aus ethischen Gründen ablehnen, kaufen sich durch M&A in diese Sparte ein. Hier müssen wir kontinuierlich den Markt filtern, um Produkte auszusortieren, die indirekt negativ bewertete Firmen unterstützen. Zudem ist „vegan“ in der Labelingverordnung noch nicht definiert, sodass es für den Verbraucher im normalen Handel noch immer keine Kaufsicherheit gibt.

Herausforderung für unsere Firma:

Wir sind noch eine kleine Firma mit großen Wachstumsraten, d.h. wir haben unsere Basis solide aufgebaut, um dies auch professionell und mit gleichbleibendem Service Standard zu bewältigen. Eine Herausforderung werden zukünftige Investitionen sein, die unser Wachstum in diesem Stil vorantreibt, wodurch unsere Firmenpolitik jedoch nicht leidet.

Wir möchten uns auch als ein vertrauensvoller Partner in diesem Bereich etablieren, sei es für unsere Endkunden oder unsere Kunden in der Gastronomie, die gleichzeitig vom Produktsortiment profitiert, jedoch auch von unserem Know-How.

Die wohl größte Herausforderung jedoch ist unsere Lobbyarbeit in Frankreich, um auch dort die pflanzliche Ernährung als gesunden, nachhaltigen Lebensstil zu positionieren, sowie diese Ernährungsform aus der Nische herauszuholen.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Was mich am meisten ärgert ist die sinkende Hemmschwelle der Nutzer, die durch die Anonymität vielen Menschen, sowie Firmen haltlos und unberechtigt Schaden zufügen.

Was mich am meisten freut ist die zunehmende Aufdeckungsrate durch Undercover-Investigationen über das Leid der Menschen und Tiere in der Nahrungsmittelindustrie und somit die zunehmende Aufklärung der Verbraucher über die Wahrheit hinter den Kulissen.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Eine bezahlbare Cloud Lösung für unseren internen Server, welche selbst zu verwalten ist und welche reibungslos funktioniert.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Lebensmittel Zeitung

Diese erinnert mich immer wieder daran, dass der Food Sektor einen riesen Einfluss auf die Gesellschaft und Wirtschaft hat, und ich auf dem richtigen Weg bin mit boutique vegan, diesen Sektor ein Stück in die richtige Richtung zu führen

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)

Artikel in der Süddeutschen Zeitung über vegane Köttbullar bei Ikea:

Klaus-Dieter Koch, Markenstratege und Chef des Beratungsunternehmens Brandtrust in Nürnberg. „Quantitativ spielen diese Menschen überhaupt keine Rolle. Wenn es um die Meinungshoheit geht allerdings schon. Das sind Multiplikatoren, und ihr Einfluss ist gigantisch.“

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/vegane-koettbullar-von-ikea-schwedische-falafel-1.2427628

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Good to Great von Jim Collins

Daraus habe ich gelernt, dass jeder in meinem Team aus seiner persönlichen Motivation heraus gute Leistung bringen sollte, nicht wegen des Chefs – dieser ist austauschbar, aber das Firmenkonzept sollte bombensicher sein.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

VdU – Verband deutscher Unternehmerinnen

Dieses Netzwerk bietet diverse Veranstaltungen zu verschieden Themenbereichen, die teils auch durch Besucher genutzt werden können

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Basecamp

Seit wir dieses Projekt-Tool nutzen, haben wir all unsere Aufgaben den richtigen Personen im richtigen Zeitrahmen zugeordnet und verlieren nichts mehr aus den Augen, unabhängig vom Arbeitsort. Hat auch die Kommunikation zw. den Abteilungen enorm gesteigert

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Richard Branson. Weil er viel daran setzt, dass Firmen Nachhaltigkeit und soziales Engagement, spricht CSR im Unternehmen etablieren und festigen