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Interview mit Michael Schulte – mr-market.de

Michael Schulte mr-market.deWer ist „Hari“ von Mr-Market? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

http://www.mr-market.de/hari-seldon/

Im realen Leben begann ich nach Studium von Informatik und Wirtschaftswissenschaften meine Karriere bei IBM Research & Development und war später bei Siemens Leiter im Bereich Bankensoftware.

Mit Ende 30 führte ich als Vorstandschef und Anteilseigner eine mittelgroße Aktiengesellschaft, die auf Finanzsoftware spezialisiert war. Zudem war ich als Berater für eine Investmentbank an verschiedenen Übernahmen beteiligt.

Mr-Market.de

Darüber hinaus bin ich Familienvater und wohne in Sichtweite der Alpen südlich von München.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Als Ende der 70er Jahre die ersten Homecomputer in die Welt kamen, hat mich diese Technologie direkt unglaublich fasziniert. Ich habe lange als Schüler gejobbt, um mir so ein Ding leisten zu können und war dann unglaublich stolz darauf – 1979 und lange vor C64 und Co. – einer der ersten privaten Besitzer eines Computers (Tandy TRS-80 L2) in Deutschland zu sein – und damit auch mehr Rechenpower zu haben, als meine Schule und die meisten Unternehmen der damaligen Zeit. 😉

So war mein Studienfach Informatik schnell klar und ich habe als einer der ersten Studenten in Deutschland in diesem neuen Fach abgeschlossen. Schon nach wenigen Jahren im Beruf, hatte ich dann mit Programmierung und Technik direkt persönlich nichts mehr zu tun, das private Interesse daran ist mir aber dauerhaft geblieben

So ist die „CT“ immer noch fester Bestandteil meiner Magazine und während andere an ihrem Oldtimer, im Garten oder an einem Modell herum basteln, um sich zu entspannen, „bastele“ ich an meiner Hardware, um noch ein wenig mehr Performance heraus zu quetschen. Der „Techie“ ist also immer noch da. 😉

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Sobald es um Börse und Firmenbeteiligungen geht, besteht Deutschland in weiten Teilen aus finanziellen „Autisten“, so hart muss man das wirklich sagen.

Das ist tragisch, denn während sich die Deutschen in einer völlig fehlgeleiteten Suche nach „absoluter Sicherheit“ mit mickrigen Zinsen zufrieden geben und sich dann über Altersarmut wundern werden, gehören all die schönen börsennotierten deutschen Unternehmen, die jede Menge zu bieten haben, primär ausländischen Investoren und dabei vor allem US Investoren.

So kommt vom Erfolg und der Wertschöpfung der deutschen Unternehmen, bei den Bürgern – von der Arbeitsplatzsicherheit abgesehen – kaum etwas an.

Mr-Market.de ist, das ein wenig zu ändern und die Börsenkultur und das Finanzwissen etwas zu steigern.

Und wo liegt da die besondere Stärke von Mr-Market?

In der Fähigkeit Dinge zu erklären und die Mitglieder im Sinne eines „Mentors“ an die Hand zu nehmen und in ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten weiter zu bringen.

Zusammen mit einem kompromisslosen Fokus auf Qualität – ohne jede Werbung – macht das Mr-Market.de zu einem der extrem seltenen Blogs, der sich vollständig über ein Mitgliedschaftsmodell finanzieren und trotzdem immer weiter wachsen kann.

Qualität, hochwertiger Content und Glaubwürdigkeit, setzen sich am Ende halt durch. Und wo es wirklich gute Inhalte gibt, sind die Menschen auch bereit dafür zu zahlen. Eine Weisheit, die in weiten Teilen des Internets leider in Vergessenheit geraten zu scheint.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Das Web ist leider durch eine „Kostenlos-Unkultur“ versaut worden, die auch massiv die Qualität journalistischer Inhalte gesenkt und die Redaktionsstuben ausgedünnt hat.

Das führt zu den übertriebenen, medialen Erregungszyklen, die wir alle zu gut kennen, weil längeres Nachdenken und differenzierte Argumentation in den Mainstream-Medien kaum mehr Platz findet.

Der Glaube aller, um Aufmerksamkeit buhlen zu müssen, sorgt dann auch für die zurecht gefühlte Uniformität der Medien. Sobald eine neue „Sau“ durchs mediale Dorf getrieben wird, glauben alle mitmachen zu müssen und schreiben letztlich alle das Gleiche.

Auf Mr-Market fahre ich das kompromisslose Gegenmodell. Schon die werbungsfreie „Wall of Text“, die einem entgegen schlägt, signalisiert klar, dass wer sich nicht eindenken und mit dem Thema wirklich beschäftigen will, hier völlig fehl am Platze ist.

Auch beim Zutritt zum mit 240€ bzw 290€ pro Jahr durchaus relevant kostenpflichtigen Premium-Bereich, fahre ich das komplette Gegenmodell zu allen gängigen „Marketing-Regeln“.

Ich mache es Neumitglieder nicht leicht, sondern bewusst schwer. Es gibt keine Rabatte, keine Sonderaktionen und nichts, was auf den schnellen Euro aus ist. Und das erste Jahr ist mit  290€ sogar bewusst teurer! als weitere Verlängerungen.

All das signalisiert, dass man sich vorher überlegen sollte, ob man sich wirklich auf das Thema einlassen will. Denn einen schnellen und leichten Weg zu Erfolg an den Börsen, gibt es sowieso nicht. Und wer ihn verspricht, ist unseriös.

Genau diese Kompromisslosigkeit führt aber zum Erfolg, den ich mit Versprechungen, blinkenden Bannern und mit Lockrufen so nicht haben könnte.

Die Mitglieder, die zum Premium-Bereich dazu stossen, sind fast durchweg hoch zufrieden und die Quote derer, die verlängern und dauerhaft über Jahre dabei bleiben, ist deutlich über 90%, Kündigungen sind also fast zu vernachlässigen.
Und es führt zu einem Gefühl von „Gemeinschaft“ unter den Mitgliedern, fast alle sind froh diesen Ort als „Qualitäts-Insel“ gefunden zu haben, an dem man in vertrauter und geschützter Umgebung sich austauschen und lernen kann, ohne sich mit all den Trollen, Rechthabern und Selbstdarstellern typischer Foren auseinander setzen zu müssen.

Zwingende Voraussetzung dafür, dass dieses Gegenmodell zum marktschreierischen „Kostenlos-Web“ gelingen kann, ist aber:

Content, Content, Content.

Und

Qualität, Qualität, Qualität.

Man muss schon wirklich etwas „zu sagen“ haben, damit die Menschen bereit sind, dafür auch regelmässig zu zahlen.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Grundlegende Herausforderungen der „Netzwirtschaft“ alleine für sich sehe ich nicht. Schon der Begriff und die Abgrenzung ist für mich schwammig und letztlich ist das auch „nur“ Wirtschaft, die vor den gleichen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen steht. Um das Web, kommt sowieso kaum ein Unternehmen mehr herum und es ist wesentlicher Teil aller Geschäftsprozesse, was also ist „Netzwirtschaft“?

Sicher gibt es spezielle Detailprobleme von Internet-nahen Geschäftsmodellen, ich sage nur „EU-Umsatzsteuerrichtlinie“. 😉 Über die hier zu schreiben, übersteigt aber den Rahmen und das können andere auch.

Die Kernfrage für mich ist letztlich eine kulturelle, die sich *auch* im Web zeigt, aber nicht nur. Und die lautet:

Gelingt es, das säkulare, freiheitliche, individualistische und auf wissenschaftlicher Objektivität beruhende Gesellschaftsmodell „des Westens“ – das letztlich auch im Grundgedanken des „Web“ steckt, gegen alle totalitären Angriffe zu verteidigen?

Europa ist durch hunderte Jahre der Aufklärung gegangen und hat dabei den Aberglauben und feudale Strukturen hinter sich gelassen und das Prinzip des freiheitlichen Rechtsstaats erschaffen, in dem jeder nach seiner Façon leben kann.

Das, was wir uns da durch viele Kriege und viel Leid erkämpft haben, gehört verteidigt. Auch im Web.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Ich liebe die Freiheit des Webs, öffentlich und vernehmbar meine Stimme erheben zu können, ohne dass ich dafür vorher vor einem Chefredakteur Bücklinge machen muss.

Was mich am meisten ärgert, dürfte bei meinem Fokus auf Qualität klar sein.

Es ist die „SEO-Unkultur“, in der man sich statt sich um Content und Qualität zu bemühen, vor allem darum kümmert, wie man höher „gerankt“ werden kann.

Kurz und bündig: Inhaltlicher „Bullshit“ und Schleichwerbung ist kein Problem, nicht weit genug oben in der Suchmaschine zu sein, aber schon. Schöne neue Welt. 😉

Da haben wir auf der einen Seite einen zu gross und mächtig gewordenen Suchmaschinen-Giganten, der sich in seinem für mich arroganten, unermesslichen Ratschluss erlaubt, selber darüber zu richten, was wertvoll und „findenswert“ ist und was nicht.

Und der aus seinen Logiken natürlich ein Geheimnis macht. Das für sich alleine ist für mich schon ein Skandal, denn das Web ist nicht „irgendwas“ sondern defacto zur Wissensquelle der Menschheit geworden.

Sprich: Google gehört zerschlagen und in seinen Algorithmen zur Transparenz verpflichtet! Und zwar sofort!

Und dann haben wir auf der anderen Seite – menschlich durchaus verständlich aber trotzdem volkswirtschaftlich sinnlos – die „Gegenwehr“ der Nutzer, die dann SEO betreiben, woraus sich eine eigene Industrie heraus gebildet hat, die zwar auch nicht weiss, wie Google es genau macht, aber aus der Behauptung es zu wissen, Umsatz generiert.

Das Ganze ist für mich einfach absurd, Stochern im Nebel, unproduktive Selbstbespiegelung und volkswirtschaftlich ein Totalausfall. Weg damit!

Das Internet gehört nicht einem Konzern, sondern der Menschheit!

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Alle Probleme, die mich abseits von Kleinigkeiten wirklich umtreiben – und zwar massiv umtreiben, auch weil ich Vater bin und für meinen Sohn eine bessere Zukunft will – sind auf gesellschaftlicher und (finanz-)politischer Ebene und betreffen die Zukunft unseres Landes und die Zukunft der säkularen, freien Gesellschaft, die man gemeinhin „den Westen“ nennt. Ein Start-Up kann da nicht helfen.

Ich finde zum Beispiel hier in Deutschland die Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit und den kulturellen Relativismus verheerend, der mit den „68ern“ Einzug gehalten hat.

Wir graben uns damit die Grundlage unseres Erfolges ab und ersetzen Innovation und die kreative Suche nach Lösungen, durch eine Gängelungskultur, bei der politische Korrektheit und Dogmen mehr zählen, als Inhalte.

Einige der Kinder, die sich „1968“ gegen ihre konservativen Eltern aufgelehnt haben, sind für mich nun selber derartig strukturkonservativ, dass es schon schmerzt – sie merken es nur nicht und halten sich noch für die Avantgarde.

Ich halte es da in meinem Leben eher mit Star Trek:

“To boldly go where no man has gone before!”

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Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

Ich habe so viel Grundsätzliches geschrieben und mein Thema „Märkte“ ist so speziell, dass hier die Nennung eines einzigen Blogs, Artikels etc. der Sache nicht gerecht würde.

Mr-Market.de auf der linken Seite eine Blogroll, in der „handverlesen“  nur Links und Referenzen drin sind, die ich persönlich schätze.

Schauen Sie vor allem auf die „Interessanten Blogs“ und „Hilfreichen Links“.

http://www.kirkreport.com/

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Es gibt keinen Namen, den ich einzeln als „Held“ heraus greifen würde. Es gibt viele Menschen, die ich schätze, alle haben ihre Stärken und auch Schwächen – wie wir alle.

Dem Alter, in dem man „Vorbilder“ als Poster an der Wand hatte, bin ich entwachsen. 😉