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Interview mit Heiko Krughöfer – that worx GmbH

Heiko Krughöfer that worxWer ist Heiko Krughöfer? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

that worx den Schritt in Richtung eigene Agentur gewagt habe.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Ich habe eigentlich keinen wirklichen Spleen. Das Einzige, was mich als Mensch im digitalen Zeitalter eventuell von vielen anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass ich ein absoluter Handymuffel bin. Ich besitze natürlich ein Smartphone, aber zum einen gebe ich die Nummer nicht gerne weiter. Zum anderen wissen diejenigen, die meine Nummer haben, dass ich nicht unbedingt immer erreichbar bin. Ich kann auch keine SMS schreiben und benutze kein WhatsApp. Das heißt: ich gönne mir – zumindest in meiner Freizeit – den Luxus der Nichterreichbarkeit.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir sind eine Kreativagentur, die Marketing, Design und Content intelligent unter einen Hut bringt. Für viele unserer Kunden sind wir deshalb so etwas wie der verlängerte Arm als eine Art ausgelagerte Werbe- und Marketingabteilung. Unser Motto ist „Küh statt Kö“. Das bedeutet Hemdsärmeligkeit und Pragmatismus statt Glaspalast und Agenturgehabe. Kommunikation auf Augenhöhe mit unseren Kunden – ohne Überheblichkeit und Arroganz. Ein Kunde von uns hat mal über uns gesagt, dass wir die größte Agentur gewesen sind, die er finden konnte. Und er meinte damit nicht die Anzahl der Mitarbeiter und die Umsatzzahlen, sondern dass, was wir für ihn leisten konnten bzw. heute immer noch tun. Ein Kompliment, das wir gerne angenommen haben und das eigentlich auch unsere Philosophie widerspiegelt. Nämlich jeden Tag so für unsere Kunden zu agieren als wären wir ein Teil ihres Unternehmens.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Erfolg ist in unserer Branche ja oft erst richtig nach einem längeren Zeitraum spürbar. Deshalb arbeiten wir in der Regel für viele unserer Kunden auch nicht sporadisch und projektbezogen, sondern als fester Partner, der immer da ist, wenn man ihn braucht. Ein Beispiel hierfür wäre Gazelle Deutschland (niederländischer Marktführer unter den Fahrradherstellern), die wir mittlerweile seit 11 Jahren betreuen. Als wir 2004 für Gazelle anfingen, war es so, dass sämtliche Werbeaktivitäten aus dem Niederländischen einfach nur für den deutschen Markt übersetzt wurden. Problem war allerdings vor allem die unterschiedliche Mentalität. Denn gerade in Bezug auf Werbung sind die beiden Länder – trotz der unmittelbaren Nachbarschaft – doch relativ verschieden. In meinen Marketingseminaren, die ich zum Beispiel für die Deutsch-Niederländische-Handelskammer gebe, erkläre ich es immer so, dass die Niederländer eher „amerikanisch“ in ihrer werblichen Kommunikation sind – also eher lauter, bunter, plakativer. Im Vergleich dazu sind die Deutschen da schon eher konservativ und informations- bzw. faktenorientiert. Dies muss man entsprechend auch in der Kommunikation einer Marke wie Gazelle berücksichtigen.

Ein anderes Thema ist das Produkt und sein Stellenwert in der jeweiligen Zielgruppe. So ist es in den Niederlanden normal, 800 bis 1.000 € für ein Fahrrad wie eine Gazelle auszugeben. In Deutschland rümpft man in dieser Preisklasse schon eher mal die Nase und schaut doppelt und dreifach hin. Zumal es beim Discounter um die Ecke oder im Baumarkt gerade das Angebot für 400 € gibt.

Deshalb war einer unserer wichtigsten Aufgaben, die Marke für Deutschland neu zu positionieren. Und zwar weg vom „Alltags- und Gebrauchsgegenstand“ wie in den Niederlanden, hin zu einem hochwertigen Premiumprodukt, bei dem man versteht, warum es seinen Preis wert ist.

Daraus resultierend hat sich im Laufe der Jahre das Marketing für Deutschland doch ein Stück weit emanzipiert. Und so wurde aus den anfänglichen Anzeigen und Plakaten, die wir für Gazelle Deutschland erstellt haben, ein eigenes Konzept für Deutschland, das sämtliche Kommunikationsmaßnahmen vom Katalog über die Messepräsenz bis hin zu einem eigenen Händlermarketing miteinschließt.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Wir sind ja eher eine klassische Werbeagentur, die noch sehr am guten alten Printbereich hängt. Nichtsdestotrotz ist uns klar, dass es in Zukunft die typische Aufteilung in Online und Offline nicht mehr in der heutigen Form geben wird. In ein paar Jahren wird es nicht mehr wichtig sein, welches Medium der Nutzer in den Händen hält. Wenn er eine Zeitung liest, ist es halt eine Zeitung – egal, ob in gedruckter Papierform oder auf dem Tablet. Das hat natürlich auch Folgen für die Agenturwelt, die sich hier schon jetzt neu sortieren muss. Für uns selbst bedeutet das, dass wir neue Geschäftsbereiche mit abdecken oder zumindest auf dem Radar haben müssen. Dazu gehört etwa die App-Programmierung, nach der viele Kunden fragen. Und natürlich auch die Ausweitung unserer Beratungsleistungen im Bereich Marketing. Auch hier müssen wir Bescheid wissen, was machbar und sinnvoll ist – und nicht nur das verkaufen, was wir im „Schaufenster liegen haben“. Das Ziel bestimmt letztendlich die Mittel.

Was die Digitalisierung im internen Bereich der Agentur anbetrifft, so haben wir angefangen, mehr und mehr in Richtung papierloses Büro zu verlagern. Das fängt bei der Projektverwaltung an, geht über die Angebotserstellung und Rechnungsverwaltung bis hin zu Urlaubs- und Mitarbeiterverwaltung. Der nächste Step soll dann auch die Buchhaltung inklusive der Archivierung und Kommunikation mit dem Steuerberater miteinschließen. Hier gibt es allerdings viele steuerliche und rechtliche Aspekte zu beachten, so dass man diesen Schritt natürlich nicht einfach mal so zwischendurch machen kann.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Was die Gesellschaft angeht, so wird es sicherlich eine Herausforderung werden, dass die digitale Welt nicht die reale auf der Straße ablöst. Viele menschliche Kontakte finden ja nur noch auf der virtuellen Ebene statt. Das ist schön und praktisch bei Menschen, die weit weg wohnen oder auf der Suche nach alten Freunden, die man irgendwann mal aus den Augen verloren hat. Problematisch wird es dann, wenn man eigentlich face-to-face miteinander kommunizieren könnte, aber den digitalen Weg wählt. Wir müssen aufpassen, dass wir keine Gesellschaft werden, die nur noch apathisch auf ihr Display starrt.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Eine schwierige Frage. Was die technischen Fortschritte angeht, so werden die Schritte sicherlich in naher Zukunft kleiner werden. Insofern denke ich, dass das Thema Sicherheit eine größere Rolle spielen wird. Und das nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in der Wirtschaft zum Schutz der eigenen Daten oder bei institutionellen Einrichtungen. Darüber hinaus ist das Thema Fachkräfte sicherlich ein wichtiges. Hier sollte man sich darum kümmern, dass man auf ausreichende Ressourcen zurückgreifen kann und nicht von anderen abhängig wird. Hier spielt natürlich auch das Bildungssystem eine Rolle. Schon in der Schule sollte mehr passieren – sowohl, was die technische Ausrüstung angeht als auch den Lernstoff. Es darf eigentlich nicht sein, dass sich Schüler  besser mit der Technik und den digitalen Möglichkeiten auskennen als ihre Lehrer.

Herausforderung für unseren Markt:

Eine Herausforderung für die Werbewirtschaft ist sicherlich zum einen die Grenzen zwischen Online- und Offlinewerbung verschwinden zu lassen. Und zum anderen die Möglichkeiten der wachsenden, digitalen Mobilität zu nutzen. Denn hier steckt wesentlich mehr drin als das, was bisher gemacht wird. Hierbei geht es allerdings nicht darum, den Adressaten noch mehr mit Botschaften zu überschütten. Denn wir sind jetzt ja schon auf dem Weg zum „information overkill“ und der absoluten Reizüberflutung. Das Gegenteil ist eher der Fall. Kommunikation und Werbung muss insgesamt zum Erlebnis werden, das positive Gefühle und Emotionen vermittelt und Spaß macht.

Herausforderung für unsere Firma:

Ganz klar: mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten. Das bedeutet, man muss immer am Ball bleiben und jeden Tag dazu lernen. Wichtig ist es aber auch, seine Grenzen zu kennen. Es gibt nicht umsonst in vielen Bereichen Experten. Auch wenn man sich Full-Service-Agentur wie wir nennt, kann man nicht intern alles abdecken. Hier wird es wichtig zu wissen, was möglich ist. Aber auch gleichzeitig einen verlässlichen Partner mit Expertenwissen zu haben, den man im Bedarfsfall dazu holt. Networking wird also für Agenturen wie wir wichtiger werden.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Ich kenne das Internet in seiner öffentlichen Form ja eigentlich schon seit seinen Kindertagen. Während meines Studiums der Informationswissenschaften haben wir damals in den 1990ern diesen Dienst mit Namen „World Wide Web“ zum ersten Mal kennen gelernt. Ich kann mich noch an die erste Webseite von MTV erinnern. Das ähnelte eher dem Teletext als einer Homepage. Was die Jahre danach passierte, hat ja bekanntlich die gesamte Kommunikation umgekrempelt. Insofern freut es mich besonders, dass das Internet die Kommunikation vereinfacht und beschleunigt hat und den Zugriff auf sämtliche Informationen und Medien ermöglicht. Was mich ein wenig beunruhigt, ist die Tatsache, dass durch das Internet eine Parallelwelt entstanden ist, in der die Kommunikation durch seine indirekte Form eine eigene Dynamik entwickelt. Wie schnell kann eine E-Mail aufgrund der fehlenden non-verbalen Kommunikation falsch verstanden werden. Und wie oft sieht man auch in den Sozialen Medien, dass der Respekt voreinander durch die digitale Distanz schwindet.

Was mich darüber hinaus auch noch stört, ist, dass viele Möglichkeiten, die Internet & Co. bieten, sich eher zum Zeitfresser als zum Zeitsparer entwickelt haben. Insgesamt ist die berufliche und auch private Welt dadurch schon hektischer, schneller und lauter geworden. Lebten wir früher bildlich gesehen an einer ruhigen Landstraße, befinden wir uns heute direkt neben einer viel befahrenen Autobahn. Hinzu kommt die ständige Alarmbereitschaft, in der wir uns heutzutage befinden. Man ist ständig erreichbar und wenn es nicht auf dem Handy plinkt, ploppen halt zehn neue E-Mails auf.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Schwierige Frage … wenn mir jemand etwas entwickelt, dass das Problem löst, die Flut der täglichen Informationen schneller nach wichtig, unwichtig und überflüssig zu filtern, wäre ich sehr dankbar. Das gilt sowohl beruflich als auch privat.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Die Zeitschrift „brand eins“. Ein interessantes Wirtschaftsmagazin mit ausgefallenen Storys, ungewöhnlichen Themen und gewinnbringenden Daten und Fakten. Die Zeitschrift zeigt, dass man wirtschaftliche Themen auch kreativ aufbereiten kann. Und zwar sachlich als auch zum Teil sehr provokant – welche Wirtschaftszeitung sonst hat bislang den Mut gehabt, einen Titel wie „Kauf, du Arsch“ (zum Thema Marketing, brand eins 2/2014) auf den Markt zu bringen.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat

http://www.zeit.de/wissen/2015-08/deutschland-studie-wie-wir-deutschen-ticken-christoph-droesser

Zum einen, weil ich es einfach interessant finde. Und zum anderen, weil wir zufällig genau dieses Thema gerade für ein Marketingseminar mit niederländischen Unternehmern vorbereiten.

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

Das Buch „Alles, außer gewöhnlich“ von Anja Förster und Peter Kreuz. Ein Buch, das man fast in einem durchlesen kann und das der heutigen Welt eindrucksvoll den Spiegel vorhält und zum Quer- und Andersdenken einlädt.

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

Es gibt sicherlich viele Veranstaltungen, aus denen ich etwas Interessantes oder Wichtiges für mich mit nach Hause nehmen konnte. Jetzt eine Besondere herauszupicken, fällt mir allerdings schwer.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Outlook und Firefox. Denn ohne das Internet und den damit verbundenen Kommunikationsmöglichkeiten könnte ich gar nicht mehr arbeiten.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Mit Sascha Lobo, Michael Spreng und den Dalai Lama. Alle drei haben eine besondere Sichtweise auf Leben und Gesellschaft und dabei jeder für sich einen ganz eigenen Fokus. Da mich alle drei Perspektiven interessieren, könnte ich mich jetzt auch nicht auf einen der Herren festlegen.