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Interview mit Benedict Rehbein – pioneer communications

Benedict Rehbein pioneer communicationsWer ist Benedict Rehbein? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin Familienvater, Kampfsportler und Kommunikator. Viel mehr passt in den kreativen Kopf nicht rein.

Geboren 1981 im schwäbischen Filderstadt hat es mich 2001 aus sportlichen und studentischen Gründen nach Leipzig verschlagen. Dort habe ich neben einem Uni-Abschluss auch meine neue Heimat, meine Frau und meinen Gründungspartner Alexander Witt gefunden, mit welchem ich 2007 pioneer communications aus der Taufe gehoben habe. Seitdem bin ich ein gutes Beispiel für eine gelungene West-Ost-Integration.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Als Lehrerkind finde ich immer den Tippfehler. Ich kann nicht anders, kein Werbeprospekt bleibt unkorrigiert und keine Speisekarte ist vor mir sicher. Und – aber das dürft ihr wirklich niemand sagen – nach so einem richtig erfolgreichen Arbeitstag belohne ich mich am Kiosk auch mal mit einem Lustigen Taschenbuch. Das hat sich gehalten seit ich 6 Jahre bin.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir helfen unseren Kunden, geliebt zu werden. Das tun wir, indem wir alle Kommunikationsmittel optimal kombinieren und damit ganz oft neue Wege der Kommunikation gehen.

Und weil wir auf diesen Wegen möglichst viel gemeinsam erreichen wollen, ist unser Team fast perfekt organisiert und strukturiert. Das ist die Superpower – mit uns kommen Kunden gut gelaunt zu ihrem Ziel.

Apropos Superpower: Welches Best Practice Beispiel in Deiner Branche hat Dich besonders fasziniert und warum?

Die Aktion „rechts gegen rechts“ der ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur hat mich echt fasziniert. Man ist ja mittlerweile innerhalb der Branche ein bisschen übersättigt von den krassen, hippen, coolen Sachen und der Brechstange, mit der einige so kommunizieren. Der Anti-Nazi-Marsch war dagegen angenehm ruhig in der Kommunikation. Die Idee, Nazis bei einem Aufmarsch dafür zu belohnen dass sie möglichst lange laufen um damit Geld für ein Aussteigerprogramm zu sammeln ist schon echt genial. Ich sehe diese geistige Hürde eines Nazis direkt vor dem eigenen Auge: „Mach ich jetzt noch einen Schritt und spiele denen dann in die Hände  oder bleib ich stehen – und spiele ihnen auch in die Hände. Mist!!“ Das war wirklich gut. Natürlich auch medial gut weitergespielt, die Bilder und Videos dazu und auch vor Ort die Inszenierung mit Plakaten und Anfeuerungsrufen wie bei einem Sportlauf – well done, liebe Kollegen!

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Die Medienbranche und das Marketing digitalisieren ja rasant, wir können also gar nicht anders, als mitzugehen. Natürlich nutzen wir alle neuen Trends bei uns vor Ort, wir haben Gadgets im Büro herumliegen und es findet sich immer ein Freiwilliger, der neue Dienste, Social Apps und auch mal eine VR-Brille ausprobiert und testet, ob und wie wir das im Sinne unserer Kunden einsetzen können.

Unternehmensintern digitalisieren wir derzeit vor allem Abläufe und auch Meetings – die laufen dann oft per Videokonferenz und geteiltem Bildschirm ab. Die nächste Evolutionsstufe wäre dann ein ständiger Gruppenchat für alle über eine Lösung wie den BlackBerry Messenger, so als sichere Alternative zu WhatsApp.

Bei unseren Kunden fragen wir meistens eher kritisch nach: Ist die bestehende (analoge) Lösung noch zeitgemäß? Was bringt sie für Vorteile gegenüber einem  digitalen Produkt? Können wir Prozesse durch Digitalisierung verbessern – oder aber verschlimmbessern wir sie? Nicht jede digitale Lösung ist am Ende wirklich ein Plus für den Kunden – und dann bleibt sie im Zweifel auch in der Schublade.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Der Netzausbau und die Kapazitäten werden ein Problem. Anbieter nutzen die Digitalisierung und machen Angebote, die datenhungrig sind. Die Leitungsgeschwindigkeiten und die Infrastruktur kommen bei dem Wachstum aber nicht mit. Während ich das hier schreibe sitze ich zum Beispiel in einem ICE mit Hotspot. Früher undenkbar und viel zu teuer. Gestern sehr bequem und ein tolles, innovatives Angebot. Heute schon ruckelig, weil alle um mich herum Videos auf Tablets schauen. Morgen werde ich wieder meine eigene Verbindung anwerfen müssen fürchte ich, denn die Leitung ist verstopft. Wie lösen wir das? In der ganzen Diskussion um Netzneutralität und dem „Recht auf schnelles Internet“ sind ganz viele solche Fragen offen und das wird noch zu Frust führen.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Deutschland steht in meiner Wahrnehmung besser da als es immer behauptet wird. Klar, so Punkte wie die Haftungsfragen bei freiem WLAN sind schon typisch deutsche Problemstellungen, über die man nur den Kopf schütteln kann. Aber es tut sich doch einiges und ganz ehrlich: An der mangelnden Infrastruktur oder an zu viel Bürokratie ist noch kaum ein echtes gutes Projekt gescheitert. Wir brauchen eher mehr mutige Gründer und Vordenker, die sich auch mal den ersten Schritt ohne Durchfinanzierung trauen. Dann finden sich auch Unterstützer dafür. An den Außenbedingungen liegt‘s nicht, wenn Dinge nicht vorankommen.

Herausforderung für unseren Markt:

Unser Markt – die Kommunikationsbranche – wird gerade vom Dahinsiechen der klassischen Meinungsbildner geprägt, das dauert auch noch eine Weile an. Medien verlieren an Reichweite, dann an Geld, an Mitarbeitern und zu guter Letzt an Vertrauen. Zugleich sprießen tausende Seiten mit fragwürdigen Inhalten aus dem Boden. Das Social Web ohne Quellenangaben macht es auch nicht besser und am Ende steht eine große Verunsicherung der Verbraucher/Nutzer: Wo erhalte ich noch verlässliche Informationen?

Diese Frage müssen wir klären, sowohl der Journalismus mit den Verlagen als auch die ganze Kommunikationsbranche. Denn: Wenn niemand mehr Vertrauen hat, ist jede Kommunikation vergebens.

Herausforderung für unsere Firma:

Wir von pioneer communications beschäftigen uns mit der Frage: Wer bestimmt in Zukunft über die Inhalte, die Nutzer zu sehen bekommen? Facebook (jetzt mithilfe der Verlage)? Google (durch verschiedenste Dienste)? Apple (über die Watch oder gar „ AppleNews“)? Entscheiden Algorithmen und drei große Konzerne, was wir sehen und was nicht? Wer erhält und behält die Kontrolle über das Web?

Diese Fragen kommen dann auf, wenn man – wie wir – Inhalte beisteuern und im Sinne der Kunden auch Vertrauen schaffen möchte. Dann möchten wir auch gerne direkte Kanäle und vertrauenswürdige Partner dafür nutzen. Die Suche nach diesen beiden (Kanäle und Medien) wird uns die nächsten Jahre immer wieder beschäftigen.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Ich fang mal mit dem Positiven an: Die Welt ist durch das Web so viel bunter geworden. Ich persönlich verbinde das Internet vor allem mit der Möglichkeit, allen meinen Freunden in der Welt nah zu sein und fast live mitzuerleben, wie ihre Kinder aufwachsen. Und natürlich auch mit dem unbegrenzten Zugang zu Informationen. Das ist jeden Tag eine Freude für mich.

Die Schattenseite wird im Moment sehr deutlich – und ausgerechnet Angela Merkel hat das Thema bei #fragmerkel etwas mehr ins Rampenlicht gerückt: Im Web vergessen die Leute ja schon ganz traditionell ihre Manieren. Durch Social Media hat das Ganze aber noch viel mehr Macht bekommen. Wie mittlerweile aktiv Shitstorms organisiert werden, Häme und Spott ausgegossen wird und wie auch richtig kriminelle und widerliche Aktionen gegen Personen gefahren werden, das ist sehr, sehr traurig.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Ich bin immer noch ein Leidtragender von vielen Daten auf noch mehr Geräten, Ordnern etc.. Wenn es mal jemand gelingen würde, mein (digitales) Leben zu ordnen, Dubletten zu bereinigen, alles zu kategorisieren und sicher zu verwahren – an EINEM Platz: Wo ist der Crowdfunding-Knopf, den ich dafür drücken soll?

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Location Insider. Das Blog lese ich praktisch jeden Tag, auch weil der Newsletter mich immer wieder dazu animiert. Die Digitalisierung des Handels und der lokalen Points of Sale ist superspannend und die Kollegen von LI finden immer wieder einen neuen Dreh, deshalb sind die Artikel immer lesenswert. Wer sich mit Handel beschäftigt sollte sich den Newsletter abonnieren.

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (mit URL)

Die Analyse von Dr. Stefan Wachtel im Handelsblatt dazu, wie sich VW-Chef Winterkorn medial inszeniert. Spannend!

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/rhetorik-check-winterkorn-spielt-im-richtigen-film/11732290.html

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat

http://szshop.sueddeutsche.de/Lesen/SZ-Edition-Panorama/Ein-Mann-Ein-Buch.html

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast (und was, bzw. von wem)

Die Rulebreaking Society, organisiert von Sven Gabor Janszky, ist ein faszinierendes Produkt mit tollen Leuten im Publikum und bei den Vorträgen. Wie sieht unsere Gesellschaft in einigen Jahren aus – und was heißt das für mein Business? Immer wenn ich an solchen Meetings teilnehme versetzt mich das 20 Jahre in die Zukunft und in den meisten Fällen nehme ich daraus irgendetwas mit, das nicht total abwegig ist und das einen Versuch im Geschäftsleben wert ist.

http://www.rulebreaker-society.com/

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Im Moment sicherlich die Kombination von Sharepoint und Outlook zum Aufgabenmanagement im Team und mein BlackBerry Passport für die mobile Produktivität. Beides spart mir enorm Zeit und hilft mir, den Tag optimal zu organisieren.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Wenn es nur ein Tag ist müsste es ja eine Druckbetankung sein. Da wäre ich dann gerne bei einem Spin Doctor in der Lehre, wenn die Krise am größten ist oder die letzte Wahlkampfwoche ansteht. Vielleicht wäre ich danach wie beim Besuch einer Fernsehproduktion riesig enttäuscht – aber das wäre es mir wert.