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Interview mit Alexander Karst – Die Bildbeschaffer

Alexander Karst Die BildbeschafferWer ist Alexander Karst? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Bildbeschaffer GmbH habe ich zusammen mit meiner langjährigen Kollegin Michaela Koch gegründet, die Idee stammt aus unserer gemeinsamen Zeit bei Getty Images. Gelernter Kommunikationswirt, begann ich 1998 bei PhotoDisc, der ersten Bildagentur, die komplett digital arbeitete, das „lizenzfreie“ Preismodell bekannt machte und dann recht schnell von Getty Images gekauft wurde. Vorher sammelte ich zusammen mit der Verlagsgruppe Milchstraße und der w&v erste Erfahrungen mit Online-Werbung – zu Zeiten, als Unternehmen noch Aufpreise für die Verlinkung eines Banners zahlten.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Wer mich reden hört, glaubt mir meinen Leitspruch nicht: Nicht reden – Machen!

Und: Gib mir eine Küche, verstecke alle Kochbücher und warte ab.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Wir organisieren Bilder und Bildrechte für Unternehmen und Werbeagenturen. Wir recherchieren, lizensieren, klären weitere Rechte (Marken, abgebildete Kunstwerke, Persönlichkeiten), wir verwalten die Bilder sowie die Bilddatenbanken der Kunden und geben zu diesen Themen auch Seminare, Workshops und formen den Workflow für den Umgang mit Bildern und „Content“.

Unsere 16-jährige Erfahrung in diesem Markt zeichnet uns aus. Wir kennen die Bildagenturen wie unsere Westentasche und betreuen einige Kunden schon so lange, dass wir sehr, sehr viele mögliche Problemfälle beim Einsatz von Bildern kennen. Die Lizenzbedingungen der Bildanbieter können wir rückwärts runterbeten und wir wissen, warum ein 60MB-Bild oft nur 2MB groß ist. Und wo wir selbst nicht weiter wissen, hilft uns unser Netzwerk aus Anwälten, Artbuyern, Datenbank-Spezialisten und ITlern.

Dabei finden sich unsere Kunden in B2C und B2B. Agenturseitig arbeiten wir für die großen Networks genau so wie für den Freelancer. Wichtig dabei: Fragen sind zum Stellen da. Entweder finden wir eine Antwort oder jemanden, der das kann. Wir hören oft, dass wir sehr flott seien und wir wissen, dass wir weniger kosten als wir dem Kunden ersparen.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart? Was waren Deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren?

Ein großes Beispiel: Unsere Arbeit für die Kommunikationsabteilung eines großen B-to-B-Unternehmens mag hier beispielhaft sein. Die Ausgangslage: 120 Kommunikatoren kaufen Bilder. Jeder für sich, bei den unterschiedlichsten Quellen und Bilder fanden ihren Weg in die interne Bilddatenbank ohne dass die Nutzungsrechte wirklich gut dokumentiert waren. Da Bilder aber oft abteilungsübergreifend genutzt werden sollten, fehlte es an Durchblick und oft an ausreichenden Lizenzen. Wir begannen damit, die Mitarbeiter für Bildrechte und deren Einhaltung zu sensibilisieren, halfen, die richtigen Bildquellen zu identifizieren, erarbeiteten einen Workflow, damit die bereits gekauften Bilder sinnvoll genutzt werden und wie neue Bilder möglichst rasch, günstig und mit der richtigen Lizenz gekauft und dann in die Datenbank verschlagwortet werden. So betreuen wir diesen Kunden seit vier Jahren als unabhängiger Berater und Partner im Alltag.

Ein mittleres Beispiel: Ein Unternehmen ließ sich von der Werbeagentur ein neues CI und eine neue Bildsprache entwickeln. Wir erhielten den Auftrag, 200 Bilder aus 20 Motivwelten zu recherchieren, die der Kunde dann für die konzernweite „lizenzfreie“ Nutzung einkaufen kann. Dieses Ziel erreichten wir – inklusive mehrerer Schleifen mit der Werbeagentur – innerhalb einer Arbeitswoche – und am Ende dieser Woche waren alle 200 Bilder lizensiert.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Urheber- und Persönlichkeitsrechte waren „in der analogen Welt“ Sache der Profis, heute nicht mehr. Jeder postet sein Bild, Privatpersonen „konsumieren“ Kunst nicht nur, sondern veröffentlichen selbst alles Mögliche und werden damit selbst zu Autoren und Verwertern.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Ein Thema: Die Harmonisierung des Urheberrechts auf Europäischer Ebene steht an. Dass uns das alle angeht, zeigt der Wirbel um die Panoramafreiheit im Sommerloch 2015. Das Urheberrecht ist teils über 100 Jahre alt und der Satz „Das Anfertigen einer Kopie ist genehmigungspflichtig“ bezog sich damals sicher nicht auf das JPG in Browser.

Ein weiteres Thema: Am Beispiel Bilddatenbanken (Medien-Verwaltungs-Software für Unternehmen) lässt sich veranschaulichen, dass unser Markt sehr fragmentiert ist und ohne echte Standards leben muss: Jede Bilddatenbank ist anders, es gibt hunderte Anbieter und nur wenige, die beim Kunden überhaupt bekannt sind. Und relevanten alle Anbieter auszuprobieren könnte ein Lebenswerk werden – allerdings ist der Nutzen einer Bilddatenbank nicht wirklich essenzielles Kerngeschäft eines Unternehmens.

Herausforderung für unseren Markt:

Die Digitalisierung macht den Bildagenturen schon seit 1995 zu schaffen. Wer Millionen von Dias besaß, musste sich gut überlegen, was er einscannte. Und die Kunden wurden damals immer verwöhnter: was nicht bei Drei im Suchergebnis ist, wird nicht gekauft. Heute ist der Preis pro Bild so dramatisch gesunken, dass gute Fotografen kein Interesse mehr an Stock-Fotografie haben, es aber immer noch genug (Amateur-) Fotografen gibt, die jeden Job annehmen. So wird ein gutes Bild teurer, ein austauschbares Bild günstiger und wie in unserer Gesellschaft wird die Mittelschicht dünner.

Herausforderung für unsere Firma:

Standards haben in unserem Markt immer höchstens 10 Jahre gehalten, wir Bildbeschaffer sind also damit aufgewachsen, flexibel auf Kundenwünsche zu reagieren. Insofern ist unsere ständige Herausforderung, immer wach zu bleiben und zu registrieren, was sich wo gerade ändert.

Was hat Dich bisher am meisten „am Internet“ geärgert, was am meisten gefreut?

Dass grenzenlose Freiheit immer von den falschen Leuten falsch verstanden und entweder ausgenutzt oder weggeklagt wird.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin, mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst

Der Medienanwalt Jens O. Brelle mit seinem Art Lawyer

http://www.art-lawyer.de/index.php5?page=Art_Lawyer_Magazin

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat (wenn Web, bitte mit URL)

Nicht begeistert, sondern erschüttert hat mich ein Artikel über einen Schwangerschaftstest, der „leicht“ und früh das Downsche Syndrom erkennt – beworben mit dem Bild eines Downschen Kindes, das davon nichts wusste:

http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/schweizer-firma-wirbt-mit-entwendetem-bild-von-behindertem-maedchen-1.18561853

ein spannendes Buch, das Dich inspiriert hat

Immer noch: Eine Frau bei 1000° von Hallgrimur Helgason

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast

Ein bisschen Eigenwerbung: Auf den Bildbeschaffer Seminaren erzähle ich zwar viel, aber ich höre dort von so vielen Beispielen aus der Praxis, dass unser Erfahrungsschatz dadurch wächst wie ein Schneeball.

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Der Genitiv!

OK, jetzt im Ernst: Der Passwort-Manager meines Browsers.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum?

Da geht eindeutig der Spaß vor der Arbeit: Ein Tag mit Kevin Fehling, der gerade auch mit seinem neuen Hamburger Restaurant The Table drei Sterne bekam. Oder mit Michael Weissenbruch, dem. Zwei Welten, eine Leidenschaft.