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Interview mit Albert Augustin – ja.do GmbH

Albert Augustin ja.do GmbHWer ist Albert Augustin? Bitte stell Dich doch mal kurz vor.

Ich bin Baujahr 74, die selbe Zeit, aus der auch meine Ost-Motorräder kommen. Ich arbeite seit über 20 Jahren im grafischem Gewerbe in und um München und bin Geschäftsführer bei der ja.do GmbH, wo ich die Verantwortung für die Grafik und die Produktionsabläufe übernehme.

Damit wir Dich nicht nur aus beruflichem Blickwinkel kennenlernen, verrate uns doch auch einen kleinen Spleen von Dir.

Meine Kollegen meinen, dass meine Ansichten in Sachen Humor wohl sehr eigenartig seien und als „Spleen“ anzusehen sein könnten ;).

Ich selber seh‘ das natürlich völlig anders und würde meinen Bewegungsdrang als „Spleen“ bezeichnen, vor allem Bewegen in der Natur! Ich liebe es „draussen“ zu sein und mich dort (idealerweise mit meinen Kindern) zu bewegen und die Natur zu geniessen, sei es in oder auf einem See oder Berg oder Wald.

Elevator Pitch! Was macht Eure Firma? Und vor allem: was macht ihr am besten, wo liegt Eure Superpower?

Was uns von vielen anderen Webworkern unterscheidet, ist das wir sehr systematisch an Themen ran gehen, wenn es um die Entwicklung von Lösungen und oder Strategien geht.

Da ich mich einige Zeit mit Lean Management und Design Thinking beschäftigt habe, versuchen wir nicht in vorgefertigte Raster zu fallen sondern für jeden Kunden die ideale Lösung auszuarbeiten. Gute Ergebnisse sind messbar. Das ist bei einer kleinen Firma, wie wir es sind, nicht nur für unsere Kunden wichtig! Wir leben vom Weiterempfehlen, was nur zufrieden Kunden machen.

Apropos Superpower: Verrätst Du uns ein „Best Practice“ Beispiel Deiner Firma, wo ihr besonders erfolgreich wart?

2011 haben wir die Gründung einer Kardiologen-Praxis begleitet. Ziel war es, Patienten zu finden über das Internet und auf deren Homepage a.) die Professionalität der Kardiologen zu zeigen und b.) den Patienten eine Möglichkeit einer einfachen Terminbuchung zur Verfügung zu stellen.

Da sich das Benutzer des Internets in dieser Kurzen Zeit aber stark verändert haben, sind wir immer auf die Bedürfnisse eingegangen und haben so die Besucherzeiten die zweitweise unter einer Minute lagen durch ein Redesign (mit den selben Inhalten!) wieder auf knapp 2 Minuten gehoben!

Weiterhin haben wir die Terminbuchung dermaßen vereinfacht, dass wir eine Conversion-Rate von ca. 2,5% haben.

Wie lebt ihr Digitalisierung in Eurem Unternehmen? In welchem Bereich habt ihr Digitalisierung erfolgreich um- oder eingesetzt?

Ich zäum hier mal lieber das Pferd von der anderen Seite auf:

Analog werden wir in Strategie-Workshops und Definitionsprozessen, wo wir fast ausschließlich erstmal auf Stift und Papier zurückgreifen. Aber auch Paper-Prototyping ist ein sehr nützliches Tool für die User Interface Planung.

Der Rest ist Digital. Vom Angebot/Rechnungswesen über die Sourcecode-Verwaltung und hin zum Projektmanagement ist bei uns alles Digital. So können wir frühzeitig in andere Unternehmensstrukturen integriert werden und für unsere Kunden alles nachvollziehbar und transparent machen.

Wenn Du Dir die Netzwirtschaft insgesamt, Euren Markt, Eure Firma, Deine Position ansiehst, was werden die Haupt-Herausforderungen in den nächsten Monaten oder Jahren sein?

Herausforderung für die Gesellschaft, bzw. den Staat:

Als Herausforderung sehen wir eine Art Bildungsauftrag für unsere Kunden bzw. die Kunden unserer Kunden. Wir wollen immer die Bedürfnisse derer im Auge behalten und bestmöglichste digitale Produkte anbieten.

Herausforderung für die Netzwirtschaft in Deutschland / Europa:

Ich finde wider der meist allgemeinen Ansichten Deutschland sehr fortschrittlich in der Netzwirtschaft. Das habe ich vor knapp zehn Jahren schon gemerkt, als wir im mobile Marketing sehr innovative Produkte bereitgestellt haben, die auf der ganzen Welt Anklang gefunden haben (weit vor dem iPhone und deren Apps).

Herausforderung für unseren Markt:

Der digitale Markt verändert sich in rasender Geschwindigkeit, es war die letzen 20 Jahre so und wird auch die zukünftigen 20 Jahre prägen. Das war und wird immer eine Herausforderung bleiben, der wir aber mit wohlwollen in die Augen blicken. Das hält uns flexibel im Denken und Handeln.

Herausforderung für unsere Firma:

Die größte Herausforderung für unsere Firma sind die nahegelegenen Badeseen, grade bei Temperaturen die aktuell in unserem Büro herrschen, da wir in einem 200 Jahre altem Gemäuer im Dach hausen.

Was hat Dich bisher am meisten am Internet geärgert, was am meisten gefreut?

Am meisten enttäuscht mich, dass es noch nie so viel Information für eine breite Bevölkerungsschicht zur Verfügung stand, die aber zum Teil sehr schlecht genutzt wird. So wird grade bei Jugendlichen das Internet ZUM TEIL als Hetzplatzform genutzt, das macht mich traurig!

Das größte Glück im Internet ist aber die freie Kommunikation (mit alle seinen Tücken, siehe vorherigen Absatz) und wie das Netz auf alltägliche Geschehnisse reagiert. Das ist oft unkontrolliert und mit einer guten Prise Sarkasmus, an der ich mich wöchentlich erfreue. Weiterhin freut es mich, dass viele gute Ideen abseits vom Kommerz entstehen und auch umgesetzt werden. Egal ob es ein Arbeitsmarkt für Asylsuchende ist, der von Studenten ins Leben gerufen wird oder Softwarekomponenten die mit der Lizenz WTFPL (What the Fuck you want to Public License) der Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden.

Welches „Problem“ (privat oder im Unternehmen) würdest DU gerne von einem Start-up gelöst bekommen?

Ich habe etliche Ideen, die ich nicht als einzelner Verfolge, die aber keine wirtschaftliches Interesse beherbergen.

Dazu gehören (so einfache ;-)) Dinge wie Weltfrieden, Hungersnöte stillen oder ähnliches. Evtl wird sich mal eine großes Unternehmen das mächtig genug ist sich dieser annehmen, dass wiederum würde dann anderen zeigen, dass auch nichtkommerzielle Ziele ein wichtiger Brückenpfeiler unserer (friedlichen) Gesellschaft sind.

Gib uns doch bitte eine Empfehlung für…

einen Blog / eine Newsseite / ein Fachmagazin (auch Print), mit dem/der Du Dich zu Fachthemen gerne informierst 

codedoodl.es. Um die weniger bekannten zu nennen. Undenkbar wäre eine Welt ohne Smashingmagazine

einen Artikel, der Dich in der letzten Zeit am meisten begeistert hat

Mich erfreuen immer wieder Artikel wie dieser:

http://www.smashingmagazine.com/2015/08/typographic-patterns-in-html-newsletter-email-design/

die, erläutern, wie wichtig Design in der heutigen digitalen Welt sind. Hier geht es auch um grundlegende Designelemente wie Schriftgrößen/ -Farben und -Typen und wie diese das Verhalten der Benutzer beeinflusst.

ein spannendes Buch, das Dich für Dein Business inspiriert hat 

Harte Frage, da mich eigentlich alles inspiriert, jede Situation, jedes Buch und jeder Tag. Aber um beim Buch zu bleiben, würde ich gern dieses jedem Gestalter ans Herz legen:

Die Kraft der Grenzen von György Doczi

Hier geht es hauptsächlich um den goldenen Schnitt und die goldene Spirale. Tolles Buch, leider nur schwer zu bekommen!

eine Veranstaltung(-sreihe), auf der Du wirklich etwas dazugelernt hast 

Ganz toll und super organisiert war die push.conference in München. Dieses Jahr auch wieder in der besten Location von München, der Alten Kongresshalle!

vimeo.com/pushconf/videos

das hilfreichste Tool / die hilfreichste Software für Deine Arbeit

Hättet ihr die Frage vor ein paar Jahren gestellt, hätte ich Photoshop geantwortet – (1993 – 2010) Seit 2010/11 ist das definitiv PHPStorm, ein wunderbare PHP-IDE mit der ich mittlerweile auch gestalte. Es hat sich viel getan in den letzen Jahren auch in der Entwicklung von Frameworks und Workflows und so kann man heute schon mit relativ wenigen Handgriffen zu professionellen Ergebnissen kommen.

Mit welchem Experten würdest Du am liebsten einmal 1 Tag zusammenarbeiten, und warum? Oder von welchem Experten aus Deinem Fachgebiet hast Du bisher am meisten gelernt? Und was war das?

Am meisten habe ich von Arjen gelernt, der mir 1996 in einer knappen Woche grob erklärt hat wie das Internet funktioniert. Von da an war ich der digitalen Gestaltung verfallen – Vor dieser Zeit habe ich nur Dinge gestaltet, die gedruckt wurden.

Gern würde ich mal mit David Carson einen Tag auf einem Berg verbringen, dabei über Gestaltung, Kontraste und Perspektiven reden. Am Abend gut Essen gehen, ein paar Gläser Rotwein trinken und danach mit Schere und ein paar ausgedienten Zeitschriften Drohbriefe gestalten!